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noch der Frau, nachhause gebracht, wird es von der Hausfrau, Magd oder Sklavin gereinigt, gemahlen, gesäuert und gebacken. Die Mühle besteht aus einem 2 Fuß langen und 1 Fuß breiten Sand- oder Trachitstein. Auf diesem wird das Getreide ver­mittelst eines fleinen aber ziemlich schweren Steins derselben Art gemahlen. Die Müllerin hält den kleineren oberen Stein mit beiden Händen und treibt ihn vor und rückwärts, während dessen sie immer wieder eine Hand voll Getreide auf den großen Stein zulegt. Das hieraus gewonnene Mehl wird so fein wie Griesmehl. Dasselbe wird gefiebt, in hölzernen oder irdenen Schüsseln mit Sauerteig und Wasser zu einem sehr dünnen Teig vermengt, hierauf in einen großen Krug oder eine Kürbisflasche geschüttet, zum Sänern der Wärme ausgesezt und dann zu dünnen Kuchen von ziemlichem Umfang vermittelst einer tönernen Platte auf Reiserfeuer gebacken. Diese Teffkuchen mit einem tüchtig gepfefferten Woz" nebst Sauermilch   ist das Lieblingsessen der Falascha, wie der Eingeborenen überhaupt. Der Woz wird aus geröstetem Schimmbra, mit sehr viel rotem Pfeffer und einer Menge anderer Gewürze bereitet, mit Butter oder Del geschmalzt und heißt dann Schirro." Sie bereiten aus Schimmbra und Linsen mancherlei Arten von Woz; so verschiedene Namen sie demselben aber auch geben, so ist doch der Hauptgeschmack bei allen der des roten Pfeffers. Auch Leinsamen wird von allen Eingebornen viel gegessen. Derselbe wird auf dem Backofen ge­röstet, dann gemahlen und mit etwas Wasser, Salz und nach Belieben mit rotem Pfeffer und anderen Gewürzen vermengt und bildet alsdann ein schmackhaftes, fräftiges Nahrungsmittel. Die Zubereitung des Fleisches ist etwas umständlich. Es wird in fleine Stücke zerschnitten und so oft in reinem Wasser königlichen Lagerplaz oder an königlichen Zelten vorbeigeht u. dgl. gewaschen, bis sich keine Spur von Blut mehr zeigt, dann ge­focht und mit Butter und Pfeffer bereitet.

es gekocht wurde. Von einem Dienstboten oder einem Kinde wird Wasser zum Händewaschen gereicht, zuerst dem Hausvater, dann etwaigen Gästen, hierauf der Frau und den Kindern und endlich den Dienstboten. Eine Lederhaut wird auf dem Boden ausgebreitet, der Tisch von der Wand herabgeholt und aus­einandergefaltet. Man sezt sich und der Hausvater spricht in der Falaschasprache ein Gebet, auf dessen einzelne Säze die übrigen Amen antworten. Hierauf gürtet sich ein Diener oder Haus­genosse, d. H. er nimmt sein loses Oberkleid von den Schultern und wickelt es um seine Lenden, so daß der Oberkörper völlig nackt erscheint). Nun reißt er große Lappen von dem Teffbrod ab und holt damit eine Hand voll aus dem Topf, der bisweilen noch siedend heiß ist. Dem Hausherrn wird zuerst vorgelegt, dann den übrigen Teilnehmern nach obiger Rangordnung. Wollen sie recht freundlich gegen einander tun, so füttern sie sich gegen­seitig, d. h. sie nehmen einen Lappen Brod, wickeln etwas Speise hinein und stecken es einander in den Mund. Dasselbe tun auch Mann und Frau, wenn sie recht zärtlich gegen einander sein wollen. Ist grade geschlachtet, so erscheint als Nachtisch ein auf Kohlenfeuer geröstetes Stück fettes Fleisch, das vor dem Rösten mit Salz, Pfeffer, Tetsch( Honigwein) und Galle ein­gerieben wurde. Brundo, d. h. rohes Fleisch, zu essen, wird von den Falascha als eine barbarische Sitte verabscheut, bei den Christen dagegen gilt dies als großer Leckerbissen. Ein ähn= liches Gebet wie vor der Mahlzeit wird auch nach derselben verrichtet.

Das Essen wird in demselben Geschirr aufgetragen, in dem

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*) Das Gürten ist eine Anstands- oder Höflichkeitsbezeugung. Jeder Geringere muß sich vor einem Höherstehenden gürten; ebenso wer am

( Fortsezung folgt.)

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Im Kampf wider alle.

Roman von Ferdinand Stiller.

Wir machen noch einen kleinen Umweg, Haßler. Der Morgen ist so schön. Finden Sie nicht auch?" Gabriel Haßler fand das im Grunde garnicht. Es fror ihn abscheulich, eine fatale Naßkälte umwebte sie und drang dem in solcher Beziehung äußerst empfindlichen Gabriel bis auf die Haut. Aber er hütete sich zu widersprechen, das Haßler, Sie sind kein altes Weib!" gellte ihm immer noch ins Ohr.

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",," sagte er, ganz recht,,. Wunderschöner Morgen, so angenehm,," der Frost schüt telte ihm die Worte ordentlich über die Lippen, so angenehm fühl. Etwas für glühend Liebende, solcher Morgen,,,." Glühend und glücklich Liebende, das ist ja Ihr Fall, Haßler." David berührte dabei das Pferd mit der Peitsche, daß dieses derartiger Anregung ungewohnt einen gewaltigen Saz machte und dann eine Weile in langem Galopp auf dem nicht besonders guten Landwege dahin jagte.

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" Um Gotteswillen," schrie Gabriel, der beinahe von seinem Size und aus dem Wagen gefallen war. Was macht denn das Pferd, bester David, das wird doch nicht schen werden? ,,?"

" Behüte, lieber Haßler. Auf das Tier kann man sich ver lassen, es ist lammfromm. Gefällt es Ihnen?" Und wieder berührte er es mit der Peitsche.

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Ausgezeichnet!" Haßler flammerte sich mit beiden Händen an den Siz, um vor dem Herausfallen sicher zu sein. Aber warum fahren Sie nur eigentlich so schrecklich ra- rasch. Wir haben doch noch Zeit und wir brauchen,-, ja Umweg zu machen."

feinen Umweg

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( 35. Fortsezung.)

,, Grade weil wir den Umweg machen mußten, müssen wir auch fahren, was das Pferd laufen kann, guter Haßler. Wir wollen die Ruhe der Peterwizer nicht so früh stören, die würden neugierig werden und das könnte eine Störung geben. Und das wäre doch schade, Haßler, nicht wahr?"

,, Gewiß, allerdings. Es geht aber wirklich kolossal rasch fo folossal."

In der Tat sauste der leichte Wagen mit riesiger Geschwin­digkeit den Weg entlang. David lenkte in einen Seitenweg ein, der noch schlechter war, als der erste und auf dem der Wagen förmlich Luftsprünge machte. Jeden Augenblick glaubte Gabriel, derselbe müsse umschlagen oder in tausend Stücke zerschellen. Die hellen Tropfen des Angstschweißes liefen ihm die dicken Backen hinab und er bebte am ganzen Leibe. Dabei fielen ihm seine Träume ein. Sie erschienen ihm jezt wie ernsthaft zu nehmende üble Vorbedeutungen. Gewiß, ihm ging es an's Leben. Es war rein unmöglich, so schien es ihm, daß bei solch' einer wahnsinnigen Fahrt über Stock und Stein nicht ein großes Unglück geschehen sollte. Und daß er dann der erste und wahr­scheinlich auch der einzige war, der den Hals brach, gerädert wurde oder vom Pferde bei lebendigem Leibe in sausendem Galoppe Kilometerweit davongeschleift wurde,- das schien ihm

sicher.

Gabriel hatte in seinem ganzen Leben nicht so ungeheuer­liche Todesangst ausgestanden. Zu allem Ueberflusse sing es noch an zu regnen; keiner von ihnen hatte einen Stegenschirm und der Wagen hatte kein Verdeck. Wenn ich nun, dachte der geängstigte Gabriel, wirklich durch ein Wunder davor bewahrt