-

-

-

-

wacht, dann erinnert sie sich schlimmstenfalls dessen, was ihr heut geschehen, wie eines Traumes, die Kopfschmerzen, welche ihr dieser Schlaf bescheeren wird, werden vollends dafür sorgen, daß sie an die krankhafte Ueberreizung ihres Hirns glaubt, die Kleine ist überhaupt zu kräftig, körperlich und geistig wir müssen sie ein wenig frank machen, ihre Nerven etwas schwächen, dann ist sie leichter zu lenken und-, was meinst du, Freund, dessen gewaltige Leidenschaft heute wieder einmal auf keinen besseren Gegenstand angewiesen ist, als mich, auch leichter zu lieben--"

-

das

Frieda hatte genug gehört. In fieberhafter Eile- das Gesicht mit heißer Schamröte übergossen, und in tiefster sittlicher Empörung bebend ging sie nach dem ihr eingeräumten Zimmer zurück. Sie überlegte nicht lange, sie war nicht einen Augen blick zweifelhaft, was sie zu tun hätte,- sort aus diesem Hause, fort von diesen Menschen, ohne Abschied fort und auf Nimmer­

wiedersehen.

Sie nahm sich nicht einmal Zeit ihre Sachen sorgfältig zu­sammenzupacken. Ihren Hut sezte sie sich auf, ohne auch nur einen Blick in den Spiegel zu werfen, den Mantel warf sie über die Schultern, dann griff sie noch nach dem Regenschirm und rasch aber völlig geräuschlos schritt sie durch den Korridor und eine Treppe hinab und war im Freien.

war sie dort,

-

Es war nicht gar dunkel in der Dorfstraße und sie kannte den Weg genau, der zu dem einzigen Gasthause führte. Bald Menschen traf sie dort nur wenige, der Wirt spielte mit ein paar Stammgästen ein volkstümliches Kartenspiel. Er war nicht wenig erstaunt, als er so spät Abends die junge Dame, welche auf dem Schlosse zum Besuch war, ohne Begleitung bei sich eintreten sah und den Wunsch aussprechen hörte, man möge ihr sofort einen Wagen anspannen lassen, der sie nach der nächsten Eisenbahnstation brächte. Da sich indessen bei solcher Gelegenheit ein gutes Stück Geld verdienen ließ, so zögerte der Gastwirt keinen Augenblick, dem überraschenden Ver­langen nachzukommen.

Binnen zwanzig Minuten, die Frieda unendlich lang wurden, war angespannt, und dann ging es, wie sie verlangte, in scharfem Trabe auf der holperigen Landstraße hin zur Bahnstation.

*

Nach dem Besuche bei dem Schuhmacher Schwarz hatte sich Franz Stein wieder ungesäumt auf den Bahnhof begeben und war lag, abgefahren. Spät in der Nacht langte er auf der Kreuzungs­ſtation an, von der er zu Wagen nach diesem von den Straßen des Weltverkehrs entfernten Gebirgsorte fahren mußte. Eine es nur am Tage, auch ein Lohnwagen war auf dem Bahnhofe

nicht zu finden.

.

Franz Stein ließ den Posthalter wecken und begehrte Extra­post. Der Posthalter war verpflichtet, solchem Verlangen zu genügen, und er tat es nicht ungern, denn bei dem teuren Preise der Extrapost fiel ein tüchtiges Stück Geld für ihn ab.

Es dauerte nicht lange, so fuhr Stein unter dem lustigen Schmettern des Posthorns die mondbeschienene Landstraße gen

Greifenstein .

521

-

gleichfalls recht eilig haben: die kräftigen Pferde dampften und der Kutscher gebrauchte in furzer Zwischenpause immer wieder die Peitsche, um sie zu stets erneuter Kraftanstrengung anzu­spornen.

Stein neigte sich unwillkürlich vor, um dem Wagen nachzu­- im selben Augenblicke aber erschien ihm das als müssige Neugier, und so unterließ er es.

ſehen,

Noch ehe der Morgen graute, wurde der Gastwirt durch lautes Klopfen an seiner Haustür geweckt.

Was seit Menschengedenken hier nicht vorgekommen war, geschah, ein Reisender, und zwar ein offenbar sehr wohl= habender nobler Reisender, der sich den Luxus einer Extrapost erlauben konnte, begehrte Einlaß und Aufnahme in das Dorf­wirtshaus.

Halb ärgerlich über so frühe Störung, halb erfreut über solch fürnehmen Zuspruch öffnete der Mann unter vielen Kraz­füßen und ungeschickt höflichen Begrüßungsworten.

Der merkwürdige Gast bestellte sich eine Flasche Wein vom besten, die der Wirt im Keller hätte. Das gewann ihm sofort dessen ganzes Herz. Trefflich aufgelegt zu vergnügtem Gespräche fam er mit einer Flasche Rotwein, die keinen geringeren Tropfen als die purpurnen Perlen des herrlichen Chateau Lafitte ent­halten sollte, aus dem Keller herauf.

Der gnädige Herr hätte wohl noch weiter gewollt und sei blos so im Vorüberfahren in Greifenstein eingekehrt, fragte er schon auf der Schwelle seiner Puz- und Prunkstube, die er Franz Stein ohne Bedenken eingeräumt hatte.

,, Nein, ich will morgen in der Frühe hier auf dem Schlosse

einen Besuch abstatteu," antwortete Stein.

Ach so, auf dem Schlosse. Na, dann sind der gnädige Herr

gewiß ein Verwandter oder guter Bekannter der gnädigen Frau Baronin?"

" Der Baronin nicht, aber der jungen Dame, die jezt bei der Baronin zum Besuch ist?"

" I du meine Güte," rief er der Wirt darauf verwundert aus, da kommen der Herr aber um' n Posttag oder wenigstens um' n paar Poststunden zu spät die ist ja grade abgereift! -mit meinem Wagen abgereift!"

Abgereist?" Auch Franz Stein rief das laut und sogar erschreckt." Sagen Sie, Mann, abgereist und mit wem und wohin?"

Mit wem?" Ja- das war ja eben das Merkwürdige mit feiner Menschenseele in finsterer Nacht ganz mutter­

-

-

seelenallein denken Sie sich nur, gnädiger Herr, so ein junges und bildschönes Mädchen,- ich kann rein die gnä­dige Frau Baronin nicht begreifen, die hat doch selbst Pferde

und Wagen, überflüssig viel, sage ich Ihnen, und läßt die junge

Dame, die bei ihr zum Besuch ist, ohne Begleitung und in meiner alten Karreete,- das heißt mein Wagen ist immer noch der beste in unsrer ganzen Gegend, wenn man die herrschaft­lichen abrechnet-"

Franz Stein war aufgestanden und unterbrach den Red­

seligen.

"

Wohin ist die junge Dame gefahren?" fragte er noch ein­

mal und so nachdrucksvoll, als nur möglich.

-

Wohin- ja, du meine Güte, halt nach der Eisenbahn, weiter weiß ich natürlich nichts." Nach der Eisenbahn

-

-

ah," Franz Stein schlug sich vor die Stirn, ,, da war sie, sie in der Landkutsche, die an mir Mann- der Postillon soll sofort wieder hier haben Sie

Er lag zurückgelehnt in die Kissen des geschlossenen Post­wagens und dachte an seine Frieda. Dann und wann tat er einen Blick durch das herabgelassene Wagenfenster zu seiner vorüberfuhr Seite.

unterbrach Pferdegetrappel und das Rollen eines rasch daher kommenden Wagens die Ruhe der Nacht.

ich fahre auf der Stelle zurück

-

-

gehen Sie, Herr, rasch, nur

fünf Taler für den Wein und die Störung, welche ich Ihnen verursacht, sagen Sie dem Postillon, er bekäme gleichfalls fünf Franz Stein faßte, ohne besondere Absicht, das an seinen Taler, wenn er mich so schnell als es nur irgend denkbar zur Wagen im Vorüberfahren fast anstreifende Gefährt genau ins Bahnstation zurückbefördert Auge. Es war eine ziemlich schwerfällige Landkutsche, deren rasch ihm zugekehrtes Fenster heraufgezogen und mit hellen Leinwand­vorhängen verhüllt war. Der Insasse der Kutsche mußte es

-

"

( Fortsezung folgt.)