Als Schöpfer und Vertreter der Komödie, dieser Tat der absoluten Heiterkeit", wie sie Rötscher genannt hat, werden fol­gende Namen genannt: Epicharmus, Phomis, Krates, Kratinus, Magnes. Eupolis, Pherekrates, Amipsias  , Phrynichos, Theophilos  , Telekides, Philomedes. Sie alle aber überragt um Hauptes Länge Aristophanes  , der un­gezogene Liebling der Grazien", der Grazienschlingel des Altertums", schlechtweg der Komiker genannt, der zur Zeit des peloponnesischen Kriegs zu Athen   als Bürger lebte. Aristophanes  ' Phantasie ist ungemein reich, seine kritische Kraft erstaunlich, seine Gestaltungsmacht bewundernswert, sein Stil neben haar­sträubender Zotenreißerei auch des hochpatetischen Ausdrucks und leichtester Grazie fähig. Sein Genie glänzt in der Beherrschung ven Gegensäzen, wie sie nur das Lustspiel enthalten kann, in schöpferischer Erfindung neuer überraschender Bilder, in spru­delnder Fülle scharfen tecken Spottes, der selbst die höchsten Götter nicht schonte, unterſtüzt durch einen gewandten, fließenden Dia­log voll attischer Lauge, wie in der Kunst, mit Leichtigkeit von Scherz zum gediegenen Ernst überzugehen. Schon im Ton, im Rhytmus und Ausdruck künden sich Karakter und Situation an, hier Mutwille und Keckheit, dort Pracht oder Ernst und Würde. In wohlflingenden von Harmonie getragenen Versen entfaltet Aristophanes  , das Prototyp des glücklichsten Humors, die Ele­ganz und Reinheit einer kanonischen Sprache, die reich mit den edelsten Schäzen des tragischen und populären Stils geklärt, schwungvoll in Ton, anschaulich durch Bild und sinnig, lebendig im Vortrag, spruchreich, förnig und präzis ist und auch in den jüngsten Tramen, wo das Feuer erkaltet, der Vortrag öfter an die gewöhnliche Konversation streift, der Dialog lässig, weit­schweifig und geschwäzig wird, noch leicht, fließend und farben prächtig bleibt.

Aristophanes   war der Liebling der Alten, seine Komödien werden Werke von göttlicher Kunst genannt und er wird ge­priesen als der mutige Sänger, der hellenischen Sitte Maler und der komischen Kunst Meister. Dem göttlichen" Platon selbst wird das Epigramm zugeschrieben:

Als die Chariten*) einst einen ewigen Tempel sich suchten, Wählten, Aristophanes  , sie deine Seele dazu

und es heißt, er habe Aristophanes  ' Werke stets unter seinem Kopfkissen gehabt. Von den 50-60 Komödien, die Aristophanes  geschrieben, besizen wir noch 11. Diese Reliquien sind ohne Zweifel die Blüte der alten Komödie und sie sind eine uner­schöpfliche Fundgrube des pikantesten attischen Salzes, welche sowohl von der tiefen Menschenkenntnis, dem Wahrheitssinn und der Vaterlandsliebe des Dichters Zeugnis geben, als von dem Reichtum seiner Phantasie, die im Himmel wie auf Erden, unter Barbaren   wie unter Hellenen wandelt und überall ein

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Feenland schafft, in welchem dennoch die Wirklichkeit sich spiegelt. Nur muß man, um sich voll daran zu erquicken, nie vergessen, daß er nicht für ein Polizeivolt wie wir sind, sondern für ein Naturvolk dichtete, welches, die Abstinenz und Prüderie nicht kennend, vor dem Nackten nicht heuchlerisch zurückschrak und bei dem daher alles Natürliche seine Berechtigung hatte. Unter den Meisterwerken des Aristophanes das Meisterwerk ist das Lust­spiel Die Vögel", worin der Dichter die Athener   bei Gelegen­heit jener unheilvollen Expedition, welche mit dem Untergang des athenischen Heeres endigte, von ihrer schwindelnden Unter­nehmungssucht, von ihrem leichtfertigen Baucen von Luftschlössern abzumahnen sucht, indem er ihre maßlosen Entwürfe und hoch­fliegenden Pläne verspottet durch eine von den unruhigen Athenern

in den Lüften aufgerichtete Vogelrepublik Wolfenkukuksheim. Ein Züllhorn von Schönheit schüttet er häufig in ſeinen Chor­gefängen aus. Um eine einzige Kleine Probe aristophanischer Poesie beizufügen, sei aus den Vögeln die Stelle angeführt, wo der Wiedehopf die Nachtigall ruft:

Auf, traute Gespielin, verscheuche den Schlaf, Laß strömen der heiligen Lieder Musik Aus der göttlichen Kehle, die klagend ertönt,

*) Grazien.

Wenn um Jtys*) du weinst, un'er Schmerzenskind, Auswirbelnd in tränenbeneztem Gesang

Deine bräunliche Brust.

Rein schwingt sich der Schall durch der Erle Gezweig Nachhallend empor zu dem Trone des Zeus  , Wo der goldengelockte Apollon ihm lauscht, Und die elfenbeinerne Hars' anschlägt,

Zu erwidern dem Klagegetön', und den Reih'n Der Olympier führt;

Dann weht von unsterblichen Lippen ein Hauch, Einstimmend mit dir,

In der Seligen göttliche Klage**).

Damit verlassen wir den Aristophanes, in dem die alte Komödie ihre höchste Blüte erreicht hat. Mit dem Untergang der unumschränkten Demokratie hörte die alte Komödie auf und als die 30 Tyrannen die persönlichen Angriffe auf der Bühne verboten, entstand als Uebergang zur neueren die mittlere Komödie, welche einen bei weitem zahmeren Ton anschlug. Die frühere Verhöhnung angesehener Machthaber im Staate mußte unterbleiben und die Muse des komischen Teaters sich darauf beschränken, die Lächerlichkeiten der Menschen im allgemeinen oder doch nur einzelner Stände und Menschenklassen unterge­ordneten Ranges, wie Handwerker, Bauern, Schmarozer, He­tären 2c. zu verspotten. Dabei gab man in gehaltreichen Sprüchen und Säzen eine gesunde, den Verhältnissen der bestehenden Ge­sellschaft angemessene Lebensphilosophie. Unter den Komikern dieser Periode sind besonders zu nennen Antiphanes aus Rhodos  ( circa 380 v. Chr.); Anayandrides; Alexis aus Thurii   und Timokes, ein Zeitgenosse des Demosthenes  . Die durch die mittlere Komödie angebahnte Umwandlung vollendete sich in der neueren Komödie, welche in der monarchischen Zeit wurzelt, noch gemäßigter und ehrbarer auftritt und unserem jezigen Be­griff von Lustspiel entspricht. Die Dichter erfanden eine ordent­liche Fabel oder Intrigue, deren Handlung sich im häuslichen und bürgerlichen Leben bewegte. Familienverhältnisse, Liebes­händel und dergleichen bildeten den Stoff dazu. Ihre Vorzüge bestehen in Sittenschilderung und Karakterzeichnung. Von poli­tischen Beziehungen hielt man sich wohlweislich fern. Listige Sklaven, lockende Hetären, feurige Liebhaber, polternde oder gutmütige Väter, leichtsinnige Söhne, militärische Prahlhänse 2c. waren stehende Bühnenfiguren. Der Einförmigkeit des Stoffs entsprach die herabgestimmte, ordinäre Sprache, der matte Ton

und die eintönige, unferrefte Metrit. Der berühmteste Lust­spieldichter dieser Art war Menandros aus Athen  ,( 342-290). Er war das Vorbild des römischen Komödiendichters Terenz, wie sein älterer Zeitgenosse Philemon mit seinem weniger geglätteten Volkston dem Plautus, dem Vater der römischen Komödie, als Muster diente; wie denn überhaupt die Römer ihr poetisches Licht an der Fackel der Griechen anzündeten. Die Genannten, Plautus  ( 184 v. Ch.) und Terenz( 159 präsentanten der römischen Komödie, welche denselben ihre kunst v. Ch.), beide chemalige Sklaven, sind die bedeutendsten Re­mäßigste Ausbildung verdankt. Ist der erstere, dem im Alter tum 130 Stücke zugeschrieben wurden, von welchen aber nur 20 auf uns gefommen sind, durchaus Volkslustspieldichter, so ist der andere, von denen wir 6 Stücke befizen, der Schöpfer des höheren Gesellschaftslustspiels. Für die Kraft der Empfin

dung und Gestaltung, die ihm abgeht, weiß er durch einen ge­bildeteren Stil und zierlichere Verse zu entschädigen. Auf die Entwicklung des modernen Lustspiels übten die Stücke von Plautus   und Terenz einen beträchtlichen Einfluß. dachten literarischen Formen, die er aus sich selbst erzeugt hat. Der Geist der Satire beschränkt sich indessen nicht auf die ges Er weiß sich vielmehr überall einzuschleichen und wie der neckische Kobold Puck in den Elfenmärchen treibt er bisweilen seinen Sput fast in sämmtlichen Gattungen der Literatur. Er würzt

mit seinem Salze die Reden im Forum wie in den Volksvers sammlungen und die Lehrvorträge der Philosophen, er lächelt

*) Jtys, Sohn der Prinzessin Profne, welche in eine Nachtigall

verwandelt wurde und daher Ity Ity rust.

**) Nach der vortrefflichen Uebersezung von Schnizer, die wir allen, die den Aristophanes nicht im Original lesen können, warm empfehlen.