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Und heutzutage ist der ,, Mannesstolz vor Königstronen" wenigstens eine vielgebrauchte Redensart; heutzutage ist un­zweifelhaft, daß man durch die Tüchtigkeit seiner Leistungen allein, wenn das Glück gut ist, auch zur Geltung fommen fann, vor anderthalb Jahrhunderten war von beiden nicht die Rede. Gottsched handelte nicht schlechter, als die andern in ähnlichen Verhältnissen, sondern so gut, als die Guten seiner Zeit, so, als es überhaupt anging, ohne zwischen den Klippen der Vorurteile, an den Untiefen der jämmerlichen Zustände von damals unfehlbar Schiffbruch zu leiden.

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Aber er ,, lobte das Armselige, er machte Lärm und Auf­sehen." Freilich! Indes das Armselige, was Gottsched   lobte, war immer noch besser, als das, was er tadelte, es war das relative Gute, und es ist ihm nirgend nachzuweisen, daß er wider bessres Wissen heuchlerisch angepriesen, was er selber für schlecht hielt. Und daß er Lärm und Aussehen machte, war sogar sehr vorteilhaft, denn je mehr das Aufsehen wuchs, welches Gottscheds literarische Bemühungen, insbesondere seine Streitig feiten machten, desto mehr wuchs auch das Interesse an der Literatur überhaupt, er war es zuerst, der die Mittelklassen der Bevölkerung für schriftstellerisches Wirken zugänglich und empfänglich machte.

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Derjenige deutsche   Literaturgeschichtsforscher, welchem wir die am tiefsten eindringenden Studien und die wichtigsten Aufschlüsse sowohl über Gottsched als über Lessing und seine Zeit verdanken, Danzel, weiß dem Vielgeschmähten besser gerecht zu werden, als Schlosser.

,, Gottsched  ", sagt er*) ,,, hat nicht blos in dieser oder jener Beziehung oder etwa in besonders vielen Beziehungen Sprache und Geschmack gereinigt, so daß er nur auf demselben Wege fortgegangen wäre, auf welchem ihm andre vorangegangen waren, und seinen Nachfolgern wiederum manches in derselben Weise zu tun übrig gelassen hätte, sondern er hat mit eiserner Konsequenz auf entschiedenen Sinn für Korrektheit überhaupt, auf eine durchgängige Geschultheit hinge­arbeitet. Dafür sind wir ihm bis auf den heutigen Tag Dank schuldig. Er hat dadurch, daß er den Gesichtspunkt der for mellen Bildung ausschließlich festhielt, weshalb er auch, da er auf die Alten hinweisen wollte, vielmehr auf die Auffassung derselben, die sich bei den Franzosen eingebürgert hatte, hin­wies, denn diese hatten soeben mittels des Anschlusses an die selben eine ähnliche Periode des Ungeschmacks überwunden, wie er sie zu bekämpfen hatte, eine feste nationale Grundlage des deutschen Schrifttums gefunden, auf der wir heute noch fortbauen. Wir verdanken Gottscheden die ausdrückliche, nicht blos gewohnheitsmäßige Feststellung der deutschen Schriftsprache. Es ist von jeher viel darüber gespottet worden, wie er das Deutsch der oberen Klassen des meißner Kreises als alleinige Richtschnur habe aufstellen wollen und mit welcher Pedan­terie er dabei verfahren. Was die leztere anbetrifft, so war sie solange notwendig, bis die Sache sich soweit festgesezt hatte, daß das Anderweitige als auf jener Grundlage wurzelnd und nicht mehr vor oder neben ihr aufschießend betrachtet werden konnte, und daß er im einzelnen größtenteils mit gesundem Sinn verfahren, zeigt der richtige Takt, mit dem er sich durch die puristischen und ortographischen Bestrebungen der Zeit hindurchwindet. Daß aber Gottsched grade das Meißnische zur Schriftsprache zu machen gesucht, zeugt nicht nur von einem richtigen historischen Blick, da ja die Bibelübersezung in Sachsen   entsprungen war und das Schlesische, welches durch die Dichter der nächst vorhergehenden Zeit verbreitet war, mit dem Meißnischen dem Ursprunge nach dasselbe ist, sondern ist ihm auch insofern zu nichts weniger als einem Vorwurfe anzurechnen, als er selbst von Geburt weder ein Sachse noch ein Schlesier war, und also hierin nicht aus Gewohnheit und Bequemlichkeit, sondern aus Ueberzeugung gehandelt haben kann. Und hätte er alle Winkel des heiligen Römischen Reiches deutscher   Nation durchsucht, er würde nichts gefunden haben, was besser zu diesem Zwecke( der Re­generation des deutschen Schrifttums) getaugt hätte. Gottsched  hat etwas Großes zuwege gebracht, das darum, weil es uns

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hinterher als etwas erscheint, das sich von selbst versteht, nur um so größer iſt."

In diesen Worten des trefflichen leipziger Forschers haben sich uns zwei hochbedeutende Seiten der Wirksamkeit Gottscheds enthüllt, einmal seine mit der eifrigen Energie und Beharrlich­keit, die den Mann überhaupt auszeichnete, unterhaltenen Be­mühungen, den Sinn für Korrektheit, für Vernünftigkeit, Klar­heit und Deutlichkeit in der Schriftstellerwelt zur Herrschaft zu bringen, und dann seine Einführung des meißnischen Deutsch,- welches als der ausgebildetſte und ausbildungsfähigste der deutschen   Dialekte besonders geeignet war, als allgemeine deutsche  Schriftsprache zu gelten, und damit überhaupt die Schöpfung einer allgemein gültigen Schriftsprache in Deutschland  .

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Sein Streben nach Vernünftigkeit und Deutlichkeit in den Werken der schönen Literatur mußte Gottsched in Konflikt mit den Schlesiern und ihren Jüngern bringen.

In seinem ersten großen Werke geht er ihnen denn auch mächtig zu Leibe. Dasselbe ist 1730 zu Leipzig   erschienen und war betitelt: ,, Versuch einer kritischen Dichtkunst vor die Deutschen  , darin erstlich die allgemeinen Regeln der Poesie, hernach alle besonderen Gattungen der Gedichte abgehandelt und mit Exempeln erläutert werden, überall aber gezeigt wird, daß das innere Wesen der Poesie in einer Nachahmung der Natur beſtehe."

Wie er den Schwulst und den Unsinn, welche das Grund­übel in der Literatur jener Zeit bilden, bekämpft und wie seine Sprache nicht nur den Sprachproben, die wir im Vorhergehenden gegeben haben, weit überlegen ist, sondern sogar dem Hochdeutsch der Gegenwart sehr nahe kommt, mögen folgende kurze Citate aus dem ebengenannten Werke beweisen.

Gewisse Leute," sagt Gottsched   in§ 20 der Critischen Dichtkunst," verstecken sich in ihren Metaphoren( bildliche, ver blümte" Redensarten) so tief, daß sie endlich selbst nicht wissen, was sie sagen wollen. Man sieht alle ihre Gedanken nur durch einen dicken Staub oder Nebel. Der flarste Saz wird durch ihren poetischen Ausdruck verfinstert: da doch der Gebrauch ver blümter Reden die Sachen weit lebhafter vorstellen und empfind­licher machen sollte. Es ist wahr, daß Unverständige zuweilen eine so blendende Schreibart desto mehr bewundern, je weniger sie dieselbe verstehen: allein Kenner gehen auf den Kern der Gedanken, und wenn derselbe garnicht oder doch kaum zu erraten ist, so schmeißen sie ein solch' Gedichte beyseite."

Und§§ 24 und 25:" Damit es meiner Abhandlung nicht an allen Erempeln von solchen Blümchen fehlen möge: So will ich dieselben aus einem neueren, zu Altdorf, erst im vorigen Jahre gedruckten Bogen entlehnen.- Folgende Redensarten nun halte ich für lauter Phöbus( Bombast), wenn der Poet schreibt: Titans frohes Licht strale mit neuen Blizen und mache die saphirne Burg zu Hyacinthen. Ein Trauriger heißt ihm ein solcher, der Egyptens finstre Nacht statt Gosens Sonne küſſet. Die Lilie lacht mit reinstem Silber, ihr bemilchter Tron macht die Perlen schamroth, und ihr Atlas sinkt in's Verwesungsreich. U. s. w.-

Und so will ich einen jeden fragen, ob man wohl mehr verschiedene Dinge in 16 Zeilen hätte durcheinander mengen, oder dm Scheine nach miteinander nennen können, als dieser Poet wirklich getan hat? -- Wir müssen nunmehr die Stelle selbst sehen.

Hier ist das Kanaan  , das güldne Blumen trägt, Wo Titans Strahlen nie in Thetis Wellen steigen. Kein Wetter, fein Orkan darf ihren Purpur bleichen. Hier ist kein Regenguß, der ihren Schmud zerschlägt. Hier ist kein solcher Lenz, der bald die Sonne zeigt, Und das schmaragdne Zelt mit Perlenwaffer tränket, Bald aber Schnee und Eis statt holder Blumen schenket. Hier wird das Rosenblut durch keinen Frost gebleicht. Bon Dornen weiß man nichts; die bittre Aloë,

Der Myrrhen herbes Pech, die öden Koliquinten, Sind im gelobten Land des Himmels nicht zu finden. Die Nesseln sind verbannt von dieser Sonnenhöh.. Hier ist nur Zuderbrot und süßes Ambrosin, Der Nektar fließet hier durch diamantne Auen, Hier ist nur Honigseim und Allicant zu schauen, Weil Ambra und Zibeth die Blumen überziehn.