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Capitol war feit Tarquinius Superbus , der es ausbaute, der| bewahrten sie die Schädel angenagelt im Hause als Erbstück Aufbewahrungsort der wichtigsten Staatsdokumente und der kostbarsten Weihgeschenke, der Mittelpunkt der bedeutendsten Staatshandlungen wie der Schauplaz der größten Feierlichkeiten. ( Den Namen leiten einige unnötigerweise von dem Haupt eines gewissen Tolus ab( caput Toli), das man bei Grundlegung des Tempels aufgegraben habe, während derselbe im Grund nur eine andere Form von capitulum Hauptpunkt, Hauptplaz ist.) Unter der Anführung des heldenmütigen Marcus Manlius leistete die Besazung des Capitols den Galliern tapferen Wider­stand. Dennoch aber wäre das Capitol heimlich erstiegen worden, wenn nicht Gänse durch ihr Schnattern den nächtlichen Ueberfall verraten hätten. Diese denkwürdige Begebenheit ist auf unserem Bild meisterhaft veranschaulicht. Dasselbe gibt auch eine Vor­stellung von den wilden Gestalten, deren Erscheinen den Römern so großes Entsezen einflößte und welche die Alten folgendermaßen schildern: Große Körper, wilde Züge, ein langes, struppiges Haupthaar und ein großer Schnurrbart machten ihren Anblick grausenhaft; ihr wilder Mut, ihre unermeßliche Zahl, der Lärm einer ungeheuren Menge Hörner und Drommeten lähmten die gegen sie stehenden Heere mit Furcht und Betäubung; ließen sich aber diese nicht vom Schrecken überwältigen, so gab manchmal der Mangel an Ordnung, Folgsamkeit und Ausdauer auch einer fleineren Zahl den Sieg über die Schwärme der Barbaren . Auch waren ihre Rüstungen schlecht, selten hatten sie Harnische; ihre mannshohen, schmalen Schilde waren schwach und unge­schickt; sie warfen sich auf den Feind mit breiten, dünnen, schlecht gestählten Schlachtschwerten, die oft durch den ersten Hieb auf Eisen schartig und unbrauchbar wurden. Eitel und prahlerisch schmückten sie ihren Körper und ihre Waffen mit Gold. In der Schlacht trug jeder vornehme Gallier goldene Ketten an den Armen und schwere goldne Ringe um den Hals, wenn er auch sonst am Oberleib nackt erschien; denn oft warfen sie ihre bunten, gewürfelten, in Regenbogenfarben schillernden Mäntel von sich. Gewöhnlich stritten sie zu Fuß, einzelne Schwärme auch zu Pferde, wo dann jedem Freien zwei gleichfalls berittene Knappen folgten. Wunden pflegten sie oft nachträglich zu erweitern, um mit breiterer Narbe prunken zu können. In den überwältigten Ländern vertilgten sie die Bevölkerung, Städte und Anbau. Sie knüpften die abgeschnittenen Köpfe der Erschlagenen mit den Haaren an die Mähne ihrer Pferde; von denen der Vornehmen

für die Nachkommen. Nach siebenmonatlicher Belagerung, währenddes die Reihen der Gallier durch Hunger und Krankheit gelichtet wurden und auch die Belagerten vom Hunger schwer gelitten hatten, waren beide Teile zu einem Vergleich bereit. Gegen Ausbezahlung von 1000 Pfund Gold wollten die Gallier abziehen. Beim Abwägen des Goldes entstand Streit. Brennus rief aus: Wehe den Besiegten!( vae victis!)" und warf noch sein Schwert in die Wagschale. Da erschien Camillus , der Eroberer der Etruskerstadt Veji, der wegen eines ihm zur Last gelegten Verbrechens freiwillig in die Verbannung gegangen war. An der Spize eines gesammelten Heeres zwang Camillus die Gallier durch eine Niederlage zum eiligen Abzug. Von manchen wird indes der Bericht, Camillus sei erschienen und habe den Galliern ihre Beute wieder abgejagt, für eine Fabel erklärt und römischer Ruhmredigkeit zugeschrieben. Vielmehr sollen die Gallier sammt ihrem Gold an das adriatische Meer zurückgekehrt sein. Der Schlachttag an der Allia( 18. Juli) wurde im römischen Kalender als Trauer- und Bußtag verzeichnet. Die Gänse aber wurden seitdem in Rom als Retterinnen des Capitols gefeiert und auf öffentliche Kosten erhalten. Weniger dankbar erwies sich Rom gegen seinen Retter Manlius, der den Ehrennamen Capitolinus erhalten hatte. Kaum war Rom in der Eile mit engen und frummen Straßen und kleinen Wohnhäusern wieder aufgebaut, als die Patrizier, die alle ihre Vorrechte wieder in Anspruch nahmen, die Schuldgeseze mit der alten Strenge in Anwendung brachten. Dadurch gerieten die infolge des gallischen Kriegs verarmten Plebejer, deren Kräfte sich durch den Aufbau der Wohnungen und die Anschaffung von Zugvieh , Gerät und Saatkorn erschöpft hatten und die nun auch noch durch die Um­lage zur Deckung des gallischen Lösegelds und zur Zahlung des Solds an das Heer hart in Anspruch genommen wurden, in große Not, was Manlius bewog, ihren Fürsprecher zu machen und auf Minderung der Schuldenlast und Verteilung des Ge­meinlandes anzutragen. Er schwur, so lange er noch einen Fuß breit Landes besize, werde er nicht gestatten, daß ein Römer als Schuldknecht abgeführt werde. Darüber traf ihn der Haß seiner Standesgenossen in solchem Grade, daß sie ihn unter der nichtigen Anklage, er strebe nach der königlichen Gewalt, zum Tode verurteilten, worauf der Retter des Capitols vom tar­St. pejischen Felsen gestürzt wurde.

Unsere höhere Jugendbildung.

Nach dem Vortrag Dubois- Reymonds über Kulturgeschichte und Naturwissenschaft" und wider ihn.

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Von Bruno Geiser.

Dubois- Reymond jener berliner Gelehrte, welcher mit Helmholz und Virchow zu den vornehmsten wissenschaftlichen Be­hat bereits im rühmtheiten unsrer Zeit zählt und gehört Novemberheft 1877 der deutschen Rundschau" einen Vortrag über Kulturgeschichte und Naturwissenschaft" veröffentlicht, der wie alle seine Vorträge und Reden seinerzeit viel gelehrten Staub aufgewirbelt und Aufsehen gemacht hat. Soviel Aufsehen daß ihn der Vortragende ein Jahr später noch als besondere Schrift hat erscheinen lassen und nicht umhin konnte, in dem für diese Veröffentlichung bestimmten Vorworte, auf die Uebersezungen und öffentlichen Besprechungen und die zahlreichen, auch von jenseits des Rheins, ja des Weltmeers", an ihn gelangten Zu­schriften hinzuweisen, die der Vortrag hervorgerufen hat.

Derselbe hat heut noch nichts von seiner Bedeutung einge­büßt. Das Tema, das er behandelt, wird zu den ewig jungen gehören, solange es eine Kulturmenschheit gibt, und die Art, wie Dubois- Reymond die Wechselbeziehungen von Kulturgeschichte und Naturwissenschaften auffaßt, wie er den Verlauf der einen und die Einwirkung der andern auf jene darlegt, ist hinlänglich

originell und pikant, um das Interesse der Leserwelt noch auf lange hinaus anzuregen.

Es ist nicht meine Absicht, hier eine Stizze der ganzen Arbeit zu entwerfen; wer diese in ihrem vollen Umfange kennen lernen will, mag sie durch den Buchhandel von Veit und Comp. in Leipzig beziehen. Nur die eine Bemerkung mag ich hier nicht unterdrücken: Wer in dem Vortrage über Kulturgeschichte und Naturwissenschaft" mehr finden möchte, als eine pikante und in manchem originelle Stizze, wer nicht blos zum Nachdenken und zur Kritik angeregt, sondern gründlich belehrt werden will, der behalte getrost seine Groschen in der Tasche.

Was ich an dieser Stelle zu leisten mir vorgesezt, ist: den Aufruf zur Reform, auf welche die Arbeit Dubois- Reymonds hinausläuft, hier wiederzugeben und die Beleuchtung, welche er diesem seinen Aufruf durch Schilderung gegenwärtiger Zustände angedeihen läßt, meinerseits auch noch ein wenig zu beleuchten.

Dubois- Reymond will eine Reform unserer deutschen Gym­nasien und er begründet deren Notwendigkeit durch recht inter­effante Geständnisse bezüglich unsrer höheren Bildung, wie sie