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talisch. Sie nahmen die Kinder in ächt deutscher Herzlichkeit auf und Wolfgang sprang der Kaiserin ohne weiteres auf den Schoos und küßte sie. Die beiden Wunderkinder wurden mit den Galakleidern der kaiser­lichen Kinder beschenkt, und in diesen Kleidern gemalt hängen sie im Mozarteum zu Salzburg  ; sein seelenvolles Auge und ihre knospende Schönheit haben einen unvergleichlichen Reiz. Eines Tages sagte der Kaiser zu dem Knaben: Es ist feine große Kunst, mit allen Fingern zu spielen, aber nur mit einem Finger und auf einem verdeckten Kla­vier zu spielen, das würde erst Bewunderung erregen." Statt einer Antwort spielte das Kind mehrere sehr schwierige Passagen mit einem Finger; dann ließ er sich auch die Klaviatur bedecken und spielte den­noch so gut, daß seine Zuhörer hätten glauben können, er habe sich durch lange Uebungen darauf vorbereitet. Schon fing man an, die erstaunlichen Leistungen Wolfgangs in begeisterten Versen zu feiern. In seinem achten Jahre führte ihn der Vater nach Paris   und London  . Der Sekretär des Herzogs von Orleans, Grimm, ein Deutscher, schreibt u. a.: Die ächten Wunder sind zu selten, als daß man nicht gern davon plaudern sollte, wenn man einmal das Glück gehabt hat, so etwas zu sehen. Der Knabe, der fünftigen Februar erst sieben Jahre alt sein wird, ist eine so außerordentliche Erscheinung, daß man das, was man mit eigenen Augen sieht und mit eigenen Ohren hört, kaum glauben kann. Es ist dem Kinde nicht nur ein Leichtes, mit der größten Genauigkeit die allerschwersten Stücke-aufzuführen und zwar mit Händ­chen, die kaum die Sexte greifen können; nein, es ist unglaublich, wenn man sieht, wie es ganze Stunden hindurch phantasirt und so sich der Begeisterung seines Genius und einer Fülle entzückender Ideen hingibt, welche es mit Geschmack und ohne Wirrwar aufeinander folgen läßt. Der geübteste Kapellmeister kann unmöglich eine so tiefe Kenntnis der Harmonie und der Modulationen haben, welche es auf den wenigst bekannten aber immer richtigen Wegen durchzuführen weiß. Es schreibt und komponirt mit einer bewundernswerten Leichtigkeit, ohne sich dem Klavier zu nähern und seine Akkorde darauf zu suchen. Ich habe ihm ein Menuet aufgesezt und es ersucht, den Baß darunter zu legen; das Kind hat die Feder ergriffen und ohne sich dem Klaviere zu nahen, hat es dem Menuet den Baß untergesezt. Sie können wohl denken, daß es ihm nicht die geringste Mühe kostet, jede Arie, die man ihm vorlegt, zu transponiren und zu spielen, aus welchem Tone man es verlangt." Noch erstaunlicher waren die Bravourstücke des kleinen Zauberers in London  . Unter anderem nahm er einmal auf's Gerate­wohl eine der Instrumentalstimmen zu einer Händel'schen Arie, die zerstreut auf dem Klavier lagen. Es war eine Baßstimme, und Wolf­gang ergänzte sie mit der schönsten Melodie, ohne eine Note zu ändern. Man kann sich das Erstaunen der Künstler darstellen, als sie ein so schwieriges Problem auf so glänzende Art gelöst sahen; denn die wirk­liche Melodie dieses Basses, das Werk tiefer Ueberlegung des Kompo­siteurs, war der Improvisation Mozart's faum   ebenbürtig. Der be­rühmte Bach, der zugegen war, konnte nicht mehr an sich halten; er eilte auf den kleinen Nebenbuhler Händels zu, um ihn zu umarmen, hierauf sezte er ihn auf die Knie und fing an, die ersten Takte einer Sonate zu spielen, die auf dem Pulte lag. Mozart   spielte die folgenden Takte, und so wechselten sie bis ans Ende derselben mit einem Ein­verständnis und einer Genauigkeit ab, daß die entfernter ſizenden Ber­jonen glaubten, Bach allein habe gespielt. Einige Tage hernach spielte Mozart   die Orgel des Königs, und in Paris   wie in London   stimmte das Urteil der Kunstverständigen überein, daß seine Meisterschaft auf der Orgel noch mehr als auf dem Klavier zu bewundern sei. Das Wunder eines solchen Talents, das siegreich alle Proben bestand, die mit ihm angestellt wurden, brachte endlich das gelehrte Mitglied der königlichen Gesellschaft in London  , Barrington, auf den Verdacht, Wolfgang sei viel älter als sein Vater vorgab, er sei vielleicht ein musikalisch- genialer Zwerg. Beinahe alle Musiker Londons   teilten die Zweifel des Gelehrten, bis ein Auszug aus den Kirchenbüchern die­selben niederschlug. Zu Ende des Jahres 1769, wo also Mozart   nahezu vierzehn Jahre alt war, ging es durch Tyrol ins Land der milderen Lüfte und süßen Melodien, nach Italien  . Ueberall wieder grenzenlose Bewunderung des wunderbaren Knaben. Er wurde zum Mitglied der berühmten philharmonischen Akademie von Bologna   ernannt, welche Ernennung ihm in Italien   den Namen Cavaliere filarmonico ein­brachte. Signor cavaliere, Ritter Mozart" mit vierzehn Jahren! In Mailand   wurde seine erste Oper Mithridates  " aufgeführt. Beinahe alle Nummern wurden stürmisch beklatscht, mehrere wurden zweimal verlangt. Evviva il maestro!" Evviva il maestrino!"( Es lebe der Meister!" Es lebe das Meisterlein!") erscholl es von allen Seiten, und zwanzigmal hintereinander mußte das Werk gegeben werden, und es wurde auch sogleich fünfmal für andere Bühnen bestellt, wovon übrigens, beiläufig bemerkt, nach damaligem Brauch nur der Kopist den Vorteil genoß. Ueberall jog das jugendliche Genie die sich darbietenden Bildungsstoffe begierig ein, während es seine mit überraschender Schnel­ligkeit wachsende Kraft in einer Reihe von Kompositionen aller Gat­tungen, für Kirche und Teater, Klavier und Orchester, zur Erscheinung brachte. Mit dem Jahre 1781, dem fünfundzwanzigsten seines Lebens, beginnt dann das große Jahrzehnt denn 1791 starb er schon während dessen Mozart in rascher Folge jene Werke schuf, die süßer als Nektar und Ambrosia dem Größten und Herrlichsten, was je der menschliche Geist in irgend einem Zweige der Kunst hervorgebracht, den Rang streitig machen. Der Idomeneus  " eröffnet die Reihe dieser Schöpfungen, und die Zauberflöte mit dem Requiem schließt sie. Da­

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zwischen aber stehen von Opern: Die Entführung aus dem Serail  ", " Figaro's Hochzeit"," Don Juan"," Così fan tutte  " und ,, Titus", sieben Symphonien, verschiedene Quartette und eine Menge kleinerer Kompositionen, welche dem Hörer den Himmel öffnen und vergessen lassen, daß es ein Leid auf Erden gibt.

St.

Das junge Genie.( Illustration s. Seite 5.) Ob er wirklich ein solches zu werden verspricht, darüber sizt soeben die Kritik zu Gericht. Schon in frühester Kindheit lag dem Jungen das Zeichnen in den Fingern. Tische und Bänke dekorirte er mit Kreidefiguren zum Ver­zweifeln der Mama, und wenn ihm das Glück ein Blatt Papier   in die Hände spielte, so vergaß er Essen und Spielen und zeichnete darauflos: Hunde, Kazen, Vögel, Menschen, alles mögliche, gräuliche Geschöpfe frei­lich, in denen sich aber doch Keime eines bedeutenden Talents offenbarten. Seit den lezten Weihnachten, wo ihm das Christkind eine Farbenschachtel beschert hat, ist er vollends wie behert. Kaum hat er den Schulranzen abgeworfen, so geht's an's Malen, und während andere Buben in Feld und Wald sich tummeln und die Kraft ihrer Fäuste erproben, hockt er daheim, zeichnet und malt. Der praktische Papa sieht mit Widerwillen auf dieses Treiben. Sein Kind soll kein Künstler werden, denn er weiß zu gut, daß des Künstlers Erdenwallen durch Dornenpfade führt. Ein tüchtiger Kaufmann soll er werden und den Glanz der Firma erhöhen, oder meinetwegen ein Jurist u. dergl., wobei man ohne große Mühe viel Geld verdient- alles, nur kein Künstler. Die alte Großmutter aber, eine sinnige, gemütvolle Matrone, denkt anders. Sie hat selbst in der Jugend gut gezeichnet und ist in mancher trüben Stunde ihres reich­bewegten Lebens durch den Balsam der Kunst erquickt und erheitert worden. Sie nimmt daher eines schönen Tages den Enkel bei der Hand und geht mit ihm zum Maler, der seine Leistungen prüfen soll. Diese Szene vergegenwärtigt unser Bild, und die Wahrheit des Ausdruds ist dem Künstler in den drei Figuren, welche die drei Lebensalter repräsen­tiren, meisterlich gelungen. Mit welcher Aufregung blidt der angehende Raphael   auf den Maler, dessen Wort darüber entscheiden wird, ob er seiner Neigung folgen darf. Lebhafte Spannung prägt sich auch in Miene und Haltung der Großmutter aus. Der Maler, eine ächte Künstler­figur, prüft mit emporgezogenen Brauen die vorgelegten Blätter, und wenn wir nicht irren, so wird sein Votum ein günstiges sein. Hoffen wir, daß es der Großmutter gelingt, die Abneigung des Vaters gegen die Kunst zu besiegen und den Musen eine tüchtige Kraft zuzuführen. St.

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Schloß Wolfsberg.( Illustration s. Seite 8.) Im schönen Para­dies des Alpenlands Kärnten, in dem fruchtbaren und volkreichen Lavanttal, liegt das hübsche ca. 3000 Einwohner zählende Städtchen Wolfsberg, überragt von dem prächtigen Schloß gleichen Namens, von welchem man einen entzückenden Ausblick genießt, besonders zur Früh­lingszeit, wo der Blütenschnee der zahlreichen Obstbäume zwischen dem üppigen Grün der Fluren seine Düfte über die freundlichen Wohnstätten haucht, die an den herabströmenden Alpenbächen, auf den Berglehnen und in dem weiten reizvollen Tal malerisch zerstreut liegen. Das mit feinstem Geschmack und orientalischer Bracht eingerichtete Schloß gehört dem Grafen Hugo Henkel   v. Donnersmark. Von ausnehmender Schön­heit und Kunst sind die Zimmer der Gräfin im ersten Stockwerk, zu denen man durch den in den seltensten Pflanzen prangenden Winter­garten gelangt. Mit staunendem Entzücken verweilt der Besucher im großen Speisesaal, dessen Wände in gelbem Stuckmarmor und dessen Plafond in sternartig geformten Studgesimsen ausgeführt sind, wie nicht minder in den übrigen Sälen und Salons, deren Wände teils mit Marmor bekleidet, teils mit schwerem Seidenstoff von blauer, roter oder gelber Farbe bespannt sind und die mit kostbaren Kron- und Arm­leuchtern, großen Spiegeln und geschliffenen Fensterscheiben, kunstvollen Uhren, Vajen, Figuren und anderen prachtvollen Möbeln ausgestattet sind. Nicht minder prächtig und geschmackvoll ist die Einrichtung des westlichen Flügels, sowie das zweite Stockwerk, dessen südliche Räume zur Wohnung des Grafen bestimmt sind. Der Jagdsalon im zweiten Stock des im Nordost sich erhebenden runden Turms dürfte kaum irgendwo seinesgleichen haben. Zwischen den Verzierungen zeigen sich eine Menge Tierköpfe von Wildschweinen, Gemsen, Hirschen  , Rehen, Füchsen u. s. f. und der in der Mitte herabhängende riesige Kronleuchter besteht aus lauter Hirschgeweihen. Auch die Schloßkapelle ist mit herr­lichen Glasmalereien und plastischen Kunstwerken ausgeschmüdt. Nach dem 1857 erfolgten Tod der Gräfin ließ der Graf ein Mausoleum an der waldigen Höhe dem Schloß gegenüber erbauen, dessen Gesammt­baukosten sich auf 600 000 Mart beliefen. Der aus weißem farrarischen Marmor bestehende Sarkophag mit der Statue der Gräfin, die von Meister Kiß in Berlin   als ruhender Genius dargestellt ist, verursachte allein einen Kostenaufwand von 80 000 Mart. Von Feenhand hervor­gezaubert scheint der reizvolle Schloßgarten mit seinen in buntester Mannigfaltigkeit prangenden Wundern der Vegetation, seinen herrlichen Alleen, Gruppen, Hainen und Landhäusern. Von Wolfsberg   aus geht ein bequemer Anstieg nach der starkbesuchten Aussichtswarte auf der Koralpe  , welche der Fußgänger in 5 bis 6 Stunden erreicht und wo sich dem Blick eine Aussicht erschließt, deren Wunderbild sich seiner Er­St. innerung auf Lebenszeit einprägt.