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,, Rege dich nicht auf, liebe Lucie; sich' du erschreckst Fräu­lein Burnham in der Tat. Der neue Freiwillige ist uns völlig fremd. Hier steht sein Name- hier, der lezte auf der Schiffsliste."

Frau Crayford nahm ihrem Mann die Liste hastig aus der Hand und las den Namen: ,, Richard Wardour."

VI.

Ade England! Ade all ihr bewohnten und zivilisirten Re­gionen der Erde!

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Zwei Jahre waren vergangen, seit die Reisenden das heimat­liche Ufer verließen. Das Unternehmen war fehlgeschlagen die Nordpolexpedition verloren und von Eis umschlossen in der Polarwüste. Die guten unter Eis begrabenen Schiffe Wan­derer" und Seemöve" werden niemals wieder auf den spielen­den Wellen des Wassers schaukeln. Das leichtere Holz der beiden Schiffe hatte zum Bau von Hütten auf dem nächsten Lande gedient.

Das größere der beiden Gebäude, welche die verlorenen

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Leute jezt beherbergten, bewohnten die noch lebenden Offiziere und Mannschaften der Seemöve". Auf der einen Seite des Hauptzimmers waren die Schlafräume und der Herd. Auf der anderen Seite führte eine breite Deffnung, welche ein Stück Lein­wand verschloß, nach einem anderen Raum, der den höheren Offizieren zugeteilt war. Eine Hängematte hing zwischen den rohen Sparren des Zimmers als ein Extrabett. In dieser schlief, von den Betten völlig bedeckt, ein Mann. Am Feuer saß ein zweiter, der vermutlich Wache halten sollte, halb ein­geschlafen. Hinter ihm stand ein altes Faß, welches als Tisch diente; darauf stand augenblicklich ein Mörser und eine Schüssel voll trockener Tierknochen. In klaren Worten: das Mittagessen des heutigen Tages. Als Verzierung der einförmig braunen Wände hingen Eiszapfen von den Spalten der Balken herab und glizerten zuweilen in dem rötlichen Feuerschein. Kein Wind pfiff draußen um die einsame Wohnung- kein Ruf eines Vogels oder Vierfüßlers war zu vernehmen. Innerhalb wie außerhalb herrschte das grauenhafte Schweigen der Polaröde- augenblicklich durch nichts unterbrochen.

( Fortsczung folgt.)

Die russischen Juden in den Gegenden der schlimmsten Judenhezen und die jüdischen Ackerbaukolonien.

Von E. Lübeck .

Eines der Hauptzweige des jüdischen Handels ist das Ge­treidegeschäft, doch auch hier findet eine Teilung mit den Christen statt. Welchen Umfang dieses Geschäft besizt, das lehren fol­gende Zahlen: Nach den Berichten des odessaer Hofmaklers befanden sich im Jahre 1880 in den Händen der Exporteure 341 000 Tschetwert, bei den Kommissionären und Spekulanten 715 000, bei den Müllern, die fast durchweg Juden sind, 104 000, zusammen also 1 160 000 Tschetwert. Der Getreide­umsaz beträgt jährlich ungeheuere Summen. Den Tschetwert nur zu zehn Rubeln gerechnet( er steigt bis auf 14 und da rüber) ergibt sich der Wert des allein in Odessa lagernden Ge­treides auf 20 Millionen Rubel. Die Zahl der Export- Komp­toirs ist zwischen den Juden und den Angehörigen anderer Konfessionen ziemlich gleich verteilt. Hinsichtlich des Umfangs des Umsazes jedoch darf das Uebergewicht der lezteren ange­nommen werden. Die Müller, welche das Getreide zum Lo­falverbrauch verarbeiten, sind ausschließlich Juden. Den lez­teren gehört auch das Gros der Kommissionäre an, die auf die Dörfer und Güter gehen und den Landwirten den bestmöglichen Absaz des Getreides gegen eine bescheidene Provision sichern. Im Verkehr zwischen den Kommissionären und Landwirten herrscht bemerkenswerter Weise das außerordentlichste Vertrauen; ohne irgendwelche Sicherheit gibt der Landwirt das Getreide dem Kommissionär und überläßt ihm getrost dessen Verwertung gegen eine Provision. Zu erwähnen bleiben die kleineren jü­dischen Spekulanten, welche das Getreide beim Bauern an Ort und Stelle kaufen und es auf dem Markte so teuer als mög­lich loszuschlagen versuchen. Sie sind es, die wesentlich das Getreidegeschäft beleben und hohe Preise erzeugen, die ebenso­sehr den Händlern als auch den Produzenten zu statten kommen. Beim Getreidegeschäft in Südrußland können mehr als anderswo ungeheuere Summen gewonnen, aber auch ebenso leicht verloren gehen, da die Landwirtschaft in ihren Erträgnissen unberechenbar und durchaus vom Klima abhängig ist, das bald in außer ordentlichster Hize bald in endlosen Regenperioden sich äußert. Wir haben die Juden in den verschiedensten Berufszweigen angetroffen, als Handwerker, Industrielle und Kaufleute. Ueberall taten sie dasselbe, was die Christen auch tun, was allen Be­wohnern des Czarenreichs zu tun erlaubt ist. Sie waren sogar Sie waren sogar stärker als die Christen im Handwerk und in der Industrie

( 1. Fortsezung.)

vertreten. Wir fanden bis dahin nichts, was sie in den Augen ihrer christlichen Mitbürger besonders gehässig und verächtlich machen könnte. machen könnte. Ihre Tätigkeit paßte überall in den Rahmen der landwirtschaftlichen Produktion hinein und diente ihr. Von einem speziellen jüdischen Parasitentum fann bei dieser Sach­lage nicht die Rede sein. Ist das Maß der konfessionellen Beteiligung an der Produktion auf dem Gebiete der Industrie, des Handwerks und Handels anzulegen, so wird der Vergleich zwischen Juden und Christen sicher nur zu Gunsten der Juden ausfallen. Wollten wir vom Standpunkt einer höheren Moral urteilen, so kämen wir wohl zur Verurteilung der Gesammt wirtschaft; zwischen den spekulativen Russen und den Juden aber ließe sich faum ein großer Unterschied machen. Ein jeder, gleichgiltig ob er Jude oder Christ ist, sucht aus seiner Waare, seinem Arbeitsprodukte, den höchsten Preis zu ziehen. Das ist im heutigen Wirtschaftssystem ja natürlich; wer es anders macht, der ist in den Augen des Volfes ein Träumer oder Dumm kopf, dem es recht geschieht, wenn er auf feinen grünen Zweig kommt. Diese alltägliche Verkehrsmoral überhebt uns der Not­wendigkeit, nach irgend einem moralischen Maßstabe zu suchen. Es ist übrigens in anderen Gouvernements vorgekommen, daß die Juden aus einzelnen Städten vertrieben wurden, weil die christliche Konkurrenz sich im Handel, im Handwerk und in der Industrie beeinträchtigt fühlte. In Cherson fehlt es an einer jeden Aeußerung in dieser Richtung. Man könnte annehmen, daß die großen Gewinne in der Getreidespekulation den Neid der Bevölkerung erweckt hätten. Bei allen Judenhezen ist als Motiv aber auch nicht ein einzigesmal die jüdische Getreide­spekulation oder der jüdische Holzhandel oder irgend ein anderer jüdischer Beruf geltend gemacht worden. Die Juden wurden vielmehr verfolgt weil sie Juden waren, und man demolirte ihr Eigentum, plünderte ihre Habe, schlug, mordete sie, ohne bezüglich ihres Berufs irgend einen Unterschied zu machen. Daß die christlichen Plünderer sich vorzugsweise auf die Brannt­weinschenken warfen, das hat wohl wesentlich darin seinen Grund, daß sie dort dasjenige fanden, was ihrem beutegierigen Herzen am meisten zusagte. Wie wenig der jüdische Branntweinhandel aber die Hezen beeinflußte, das zeigt der Umstand, daß ja euch ein Dorf zerstört wurde, in dem sich nicht eine einzige jüdische Schänke befand. Wir haben nun allerdings eine jü­

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