Bildhauer emporgerungen. Tausende haben das großartige Skulpturwerk im Atelier des jungen Meisters bewundert und dessen Namen in alle Welt getragen.
St.
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Ein schöner Frauenkopf.( Bild S. 93.) Wer über Frauenschönheit schreiben will, sagt irgend ein Schriftsteller, sollte die Feder eines Seraphs in Regenbogenfarben tauchen und sein Silber oder Goldpapier mit dem Blütenstaub von Schmetterlingsflügeln bestreuen. Denn fürwahr der Leib des Weibes ist das Hohelied der Lieder, gar wunderbare Strophen sind die schlanken, zarten Glieder. Hier atmet wahre Poesie! Anmut in jeder Wendung! Und auf der Stirne trägt das Lied den Stempel der Vollendung." Wer kann der süßen, holdseligen Macht der Frauenschönheit widerstehen, wer ihrem bestrickenden Zauber sich entwinden? Die größten Helden, die tapfersten Recken schmiegten sich ihrem goldenen Joch, sie verwandelt Löwen in sanfte Lämmer, bannt den unüberwindlichen Sohn der Alkmene in Weiberkleidern an den Spinnrocken und läßt den römischen Triumvir die Weltherrschaft aufgeben, um den Purpursegeln seiner Angebeteten zu folgen. Der Schönheit Ruhm vor Allen sich hebt. Dem Helden tönt sein Name voran, d'rum schreitet er stolz, doch beugt sogleich hartnäckigster Mann, vor der allbezwingenden Schöne den Sinn." Seit den grauen Tagen der Vorzeit bis auf die Gegenwart wetteifern alle Künste in der Verherrlichung weiblicher Schönheit: Pinsel und Meißel läßt sie nicht ermüden und der Leier entlockt sie ihre süßesten Weisen. Es hat zwar Philosophen gegeben, welche an der Frauenschönheit zu Rezern wurden, indem sie dem starken Geschlecht auch die Palme der Schönheit zuerkannten und das Weib als den unvollkommenen Mann bezeichneten; indessen zählt diese Philosophenschule die wenigsten Jünger, und die Meister selbst sollen mitunter ihre Theorie praktisch desavouirt haben. In der körperlichen Schönheit allein manifestirt sich zwar nicht die höchste Schönheit; der Regelmäßigkeit der Formen und der Reinheit des Inkarnats muß die Grazie sich zugesellen, Anmuth in Mienen und Geberden, das seelenvolle Auge, die hold sich kräuselnden Lippen, die durchgeistigten Züge. Erst dann, wenn Intelligenz und Gemüt in ihm sich ausprägen, und die Chariten, die Huldgöttinnen, ihn mit Anmut umspielen, ist der schöne Körper wahrhaft schön. Bei uns modernen Menschen kommt bei der körperlichen Schönheit außer dem Wuchs und den allgemeinen Konturen vorzugsweise das Antlig inbetracht; nicht so bei den Völkern des klassischen Altertums, welche die törichte Scheu vor dem Nackten nicht kannten und einen geschärften Sinn für plastische Formen hatten, bei denen daher der Schwerpunkt nicht in der Gesichtsbildung lag, sondern der plastische Rhytmus der ganzen Gestalt und der einzelnen Glieder die Schönheit bedingte. Frauenschönheit ist ein internationales Gut, doch haben die einzelnen Rassen und Länder ihren eigenen Schönheitstypus. Die Schöne, welche unter Bild vorführt, ist die junge englische Schauspielerin Coralie de Vere, repräsentirt also den englischen Typus, doch nicht den reinen, da das Antlig eine angenehmere Rundung zeigt, als sie der grobknochige eng lische Typus in der Regel zuläßt. Das englische Volk steht in dem Rufe, reich an schönen Frauen zu sein, indes verdanken die englischen Frauen ihren Schönheitsruf, wie Winckelmann behauptet, mehr ihrem guten Teint, als der Körper- und Gesichtsbildung, und wenn die deutschen Franen es ihren britischen Schwestern hinsichtlich der gesunden Lebensweise und regelmäßiger Körperübungen im Freien gleich tun würden, so könnten sie mit ihnen bald bezüglich der reinen Hautfarbe wetteifern. Den englischen Typus farakterisirt nach Ledebur wesentlich die Schmalköpfigkeit, da die Schädelbildung und der übrige Knochenbau sich wechselseitig bedingen. Das englische Gesicht ist schmaler, länger und konveger als das deutsche; seine Vorzüge sind demgemäß eine schöne Nase, große wolgerundete Augenhöhlen und gute, häufig freilich zu starke Entwicklung des Unterkiefers, auch treten die Backenfnochen nicht übermäßig hervor. Dagegen ist das englische Gesicht, wenn auch regelmäßiger geformt, als das deutsche oder französische, dennoch ausdrucksloser und erscheint weniger malerisch, was von der geringen Entwicklung des Stirnbeins und der zu einfachen Schwingung der Augenbrauen herrührt. Fügen wir noch hinzu, daß das Haar der Töchter Albions selten jene üppige Fülle ausweist, die ein besonderer Schmuck der deutschen Frau ist, so haben unsere Landsmänninnen feinen Grund, ihre Schwestern jenseits der Nordsee zu beneiden, und über die Göttin Venus, die Spenderin der Schönheit, sich zu beklagen.
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St.
Wird das Boot die Landspize umschiffen? Neugierde ist es sicherlich nicht, die auf unserem Bilde( s. S. 96 u. 97) die wetterfeste Gestalt mit dem ausgestreckten Arme antreibt, diese Frage an seinen Nachbar
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zu richten, und eben so wenig hat die anderen Männer die Absicht zu einer Gruppe vereinigt, sich an einem Schauspiel zu weiden, dessen tragischer Ausgang mehr als wahrscheinlich ist. Daß wir Fischer vor uns haben und daß diese dem Norden angehören, lehrt der erste Blick. Damit ist aber auch gesagt, daß wir die Repräsentanten einer Menschenklasse vor uns sehen, bei denen Entschlossenheit und Biederkeit hervorstechende Karaktereigenschaften sind. Der Künstler, dem wir diese Typen verdanken, konnte daher auch nicht anders, als seinen Kunstprodukten diese lobenswerten Eigenschaften ins Antlig prägen. Und Männer von solchem Schrot und Korn stellen in einem Moment, wie ihn das Bild wiedergibt, die oben zitirte Frage nicht, ohne sie im Falle der Not sofort in Taten umzusezen. Maler Achner, der Schöpfer des Bildes, hat uns darüber freilich im unklaren gelassen, ob das Boot die Landspize glücklich umschifft hat oder nicht, da von dem Boot ja nichts zu sehen ist. Das tut aber auch nichts zur Sache, es genügt zu wissen, daß seine Fischer Manns genug sind, zu helfen, wenn die Umschiffung mißglückt. Das Bild selbst befand sich in der internationalen Kunstausstellung in Wien und zwar in der dänischen Abteilung, da Achner auf Bornholm ( 9. Juni 1849) geboren ist. Packend ist die Wirkung des Bildes, das läßt sich nicht leugnen, und wer es betrachtet, muß an den markigen Gestalten sympatisches Wohlgefallen finden.
ff.
Sommer und Winterquartier.( Bild s. S. 104 u. 105.) Ernst oder Humor? möchte man fragen. Fast scheint es, als ob das niedliche Spielfäzchen ganz gut wisse, welche drollige Rolle es in den improvisirten Saisonquartieren spielt, und es auf den komischen Effekt abgezielt habe. Wer kann sich des Lächelns erwehren beim Anblick des Schnürstiefelchens, in dem unser Hinz liegt, wie ein Baby in seinem Tragkissen. Und hätte sich der Muff je träumen lassen, daß der Scharfsinn eines Kazenhirns ein bequemes Winterquartier in ihm entdecken werde? Die vornehme Besizerin des Muffs wird zwar schlecht erbaut davon sein, daß Hinz es gewagt hat, in dem kostbaren Belz, bestimmt ihre blaublütigen Hände und Rosenfinger gegen die Attaquen des Frosts zu verteidigen, sich häuslich niederzulassen. Hoffentlich siegt jedoch bei ihr der Humor über die Entrüstung, sie wird vielleicht sogar das Ereignis als Sensationsstück für das nächste Kaffeekränzchen ad notam nehmen, und der verwegene Hinz wird diesmal mit einem Verweis entlassen werden.
Sprechjal für jedermann.
St.
Aufruf. Karl August Delgart, geb. den 26. Januar 1844 in Pritzwalt( Ost- Priegniß), ausgewandert nach Amerita im August 1867, war im Jahre 1867 und 1870 in Elkhart ( Ind .) in einer Möbelhandlung bei Alexander Pope , und im Jahre 1869 und 1872 in Chicago bei dem Baumeister Miller tätig, hat im Jahre 1872 nach dem Brande von Chicago das leztemal geschrieben, seine lezte Adresse vom 28. Jan. 1872 war in Chicago West Randolph 144. Wer in der Lage ist, über den Verbleib oder das Geschick des Genannten Auskunft zu erteilen, wird freundlichst gebeten, dieselbe der Unterzeichneten zukommen zu laffen. Gleichzeitig ersuche ich freundlich gesinnte Blätter, diesen Aufruf möglichst weit zu verbreiten.
WeRA
Stettin
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Frau Bertha Kraft, geb. Delgart. Krausenstraße Nr. 69.
Rebus.
SP
Serena.
Inhalt: Am Nordpol . Nach dem Englischen von P. Olliverio.( Fortiezung.) Ueber die Ursachen der französischen Revolution. Von C. Fehleisen.( Schluß.) Die Satire im Mittelalter. Von Dr. Richard Ernst.( Schluß.)- Berliner statistische Streiflichter. Eine venetianische Novelle von Max Vogler.( Fortsezung.)- Literarhistorischer Trug hier oder da? Bon Bruno Geiser.- Liebesfrühling im Herbst. Gedicht von Rudolf Lavant . Des Pirithous( Pirithoos) Kampf mit dem Panter um Helena. ( Mit Illustration.)- Ein schöner Frauenkopf.( Mit Illustration.) ,, Wird das Boot die Landspize umschiffen?"( Mit Illustration.) Sommer- und Winterquartier. ( Mit Illustration.) Sprechsal für jedermann: Aufruf. Rebus. Allgemeinwissenschaftliche Auskunft.- Aerztlicher Ratgeber. Redaktions- Korrespondenz. Mannichfaltiges.
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