Kultur schlimme Gesellen die schmuzigen und schlechtesten Eigen schaften des Menschen sind nolens volens mit am Werke.
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Wenn sich der Held des Revolvers oder Bowiemessers, der Künstler des Paschwerfens und Volteschlagens allgemach mehr ,, verdient" hat, als er in allernächster Zeit zu verlüdern gedenkt, da kommt so sicher, wie zweimal zwei vier ist, auch über ihn der Eigentumsrappel, oder, um mich möglichst poetisch auszudrücken, der moralisch erhebende Hauch der Heiligkeit des Eigentums weht auch ihn an. Er sagt zu sich selbst: du hast nun Raub und Betrug nicht mehr nötig, er wird gerührt und denkt: nun könnte man das eigentlich abschaffen. Du willst dich um dein Sauererworbenes nicht mehr raufen, du willst auf deine alten Tage genießen und deine Kinder sollen dereinst anständige, ruhige Bürger sein, deine Mittel erlauben ihnen das! Und so begibt er sich dann irgendwohin, wo man ihn nicht so genau kennt, schließt womöglich mit den Pfaffen, die überall in der Welt die Werbetrommel für die ewige Seligkeit schlagen, Frieden und Freundschaft, unterstützt sie nach Kräften bei dem Gründen frommer Gemeinden, läßt sich in ein bürgerliches Gemeindeamt wählen und Vernunft und Sitte,
nicht besser und nicht schlechter, als sie so im Durchschnitt zu sein pflegen, halten an der Hand des Revolverveteranen und des invaliden Tempelritters Einzug in das bisher chaotische Sammelfurium abenteuerlicher, mit Gott und der Welt zerfallener Eristenzen.
Die Bemerkung ist etwas lang ausgefallen; umso kürzer ist die Frage: Wo finden denn unsre gegenwärtig zu hunderttausenden auswandernden Landsleute so primitive Zustände als sie der Vertreter des Liberalismus im Auge hat? In den Ver einigten Staaten von Nordamerika ? Von tausenden gehen doch feine zehn soweit gen„ Westen", daß sie keine Spur staatlicher Ordnung mehr erreicht, wenn das überhaupt noch geschehen fann. In Südbrasilien oder Centralamerika?
Das Jdealland für Ihre Kolonisation, meine Herren Liberalen, ist, sofern wir Wege und Ziele unsrer Auswanderlegionen ins Auge fassen, ein Nirgendheim, Herr Kapp hat phantasirt
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ins Blaue hinein Freilich freier, in politischer oder sozialer Beziehung, ist jeder Kolonist, selbst wir so unbändig freien Deutschen , als er im Mutterlande war. Der väterlich besorgte Schuzmann, der um 11 oder 12 Uhr Wirtshausruhe gebietet; der wildfreundliche Gensdarm, der jeden mit etwas ähnlichem, wie ein Schießgewehr, Bewehrten draußen auf dem Felde nach der Jagdkarte frägt; der ganz heimlich das Staatsgebäude stüzende Kriminalwachtmeister, Meister im Gehorchen und Horchen, welcher darüber wacht, daß niemand im Land über den Prinzen oder den Minister X etwas unehrerbietiges laut oder leise denkt; der Bureauchef oder der Fabrikherr, der seine politische Religion für die allein seligmachende hält und seine Untergebenen mit
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| aller Gewalt damit zu beglücken strebt, sie alle folgen dem Auswandernden weder nach der Republik Nordamerika noch nach dem Kaiserreich Brasilien- soviel steht fest.
Auch unsere Standesvorurteile, unsere Verachtung der niederen Arbeit, gleichwie die Verachtung dessen, der Gefängnis und Zuchthaus blos von außen kennt, auch vonseiten jenes, der es mit dem Aermel gestreift hat, gegen den, der darin frei Quartier genossen, und- auch sie sammt mancher andern Schwäche und Narrheit, manchem Stück Zopf bleiben bei uns im Lande und nähren sich redlich.
Aber wäre denn die deutsche Regierung, wenn sie Kolonien gründete, Land dazu erwürbe oder sich aneignete, wirklich ganz unfähig, freiere Zustände im anderen Weltteile zu dulden, oder um die Sache gleich korrekt anzufassen, wäre sie überhaupt fähig, all' das Gerümpel von Vorurteilen, Bräuchen und Mißbräuchen, die die Schaffenskraft eindämmen, in den Kolonien zu konserviren?- Und hiermit sind wir denn bei den Haken angelangt, von denen ich eingangs des ersten Artikels schrieb.
Erwirbt Deutschland irgendwo in der Welt Landstriche zum Zwecke der Kolonisation, so muß es den Kolonisten ein vollgerüttelt und geschüttelt Maß persönlicher Freiheit und auch eine tüchtige Portion politischer Freiheit gewähren, sonst wird die Kolonie nimmer zur Blüte gelangen, sonst kann die Regierung mit ihren Räten und Subalternen, mit ihren Polizisten und Soldaten und Sträflingen allein Kolonisten spielen,- der Zug der Massenauswanderung aus Deutschland ginge nach wie ror zum unendlich überwiegenden Teile nach der großen transatlantischen Republik und daneben nach Brasilien , Centralamerika , Australien u. s. w.
Große für Deutschlands Zukunft bedeutsame Kolonialprojekte kann die Reichsregierung also gar nicht ausführen, ohne daß sie ihre Kolonien und deren Bewohner sich mindestens so selbst überläßt, wie es England tut. Ja Deutschland muß an Freisinnigkeit selbst mit Nordamerika wetteifern, und da dies blos in den Kolonien unumgänglich notwendig ist, so würden vielleicht auch die Herren Staatsmänner sich schließlich dazu bequemen. Freilich das böse Beispiel die Zugluft der Unabhängigkeit, der ernstlichen Opposition, der von den Kolonien ins Mutterland herüber wehen würde?
Es ist möglich, daß wir schon längst eigene Kolonien hätten, wenn man an maßgebender Stelle das nicht bedacht hätte und immer noch bedächte.
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Nun die Weltgeschichte hilft solcher Bedachtsamkeit zuweilen rasch auf die Beine. Herr Hofrat Rohlfs meint, in zehn Jahren ist es zu spät für Deutschland , und wenn er je= mals wahr gesprochen, so hat er es allem Menschenermessen hier getan. Die anderen liberalen Herren freilich meinen, daß Deutschland Zeit hat, sie haben auch immer Zeit das Frühaufstehen ist nie ihre Sache gewesen.
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Seydel, das Evangelium von Jesu in seinen Beziehungen Bücher." Die auf derart von ihren Anhängern geheiligten Urkunden
zur Buddhalehre und Buddhasage.
Endlich ist von berufener Seite die große, Jahrhunderte lang nur leis berührte Frage nach dem Zusammenhange des Christentums mit dem Buddhismus in ernsten Angriff genommen. Die Wissenschaft der vergleichenden Religionskunde beweist mit dieser Tat ihren Ernst und ihre Redlichkeit. Denn es ist eine Tat, es ist ein Wagnis: der Christenheit gradeheraus zu erklären, daß ihre heiligen Urkunden auf den Ueberlieferungen des Buddhatums beruhen, aus ihnen zumteil wörtlich hergeleitet sind. Unter Vorurteilslosen konnte darüber schon längst kein Zweifel mehr bestehen! Die Verwandtschaft war zu augenscheinlich und da man ohne weiteres annahm, daß die Buddhaliteratur älter sei, blieb eben nur übrig, aus ihr die Evangelienmyten abstammen zu lassen. Das war aber doch immer blos eine Annahme. Den Beweis hat erst Prof. Dr. Seydel in seinem soeben erschienenen, obengenannten Werke angetreten, dessen Inhalt wir im Folgenden kurz wiedergeben.
Der Verfasser leitet die Berechtigung zu seinen Untersuchungen aus paulinisch freien christlichen Grundsäzen her und beruft sich zugleich auf Lessings Wort:„ Das Christentum sei älter als seine heiligen
und schriftlich figirten Ueberlieferung beruhenden, von Max Müller als allein maßgebend angenommenen sechs Buchreligionen fönne man noch beliebig an Zahl vermehren; z. B. durch die assyrische, der Bibel ver= wandte, heil. Literatur u. s. w. Bei allen aber bleibt der Gläubigen Regel, ihres Glaubens Entstehung sich durch einen übersinnlichen Einfluß zu erflären, während doch die Religionsstifter selbst jederzeit lebhaft gegen solche Wundermacherei protestirten, da ihre Aufgabe von ihrer eigenen Seele stets rein geistig gefaßt sei. Im Gefühl nämlich ihrer inneren unbedingten Wahrheit und selbstbewußten göttlichen Heilig= feit verschmähen sie jedes äußere Zeugnis. Folglich scheint dem Verfasser, vom allgemein menschlichen oder streng unparteiisch- historischen Gesichtspunkt aus, eine hervorragende Glaubwürdigkeit der geistlichen Ueberlieferung in allen jenen äußerlichen, sagen wir mytischen" Beweismitteln so wenig vorhanden, daß vielmehr die Annahme eines Einwirkens buddhistischer Vorbilder auf die christlichen Evangelien und auf die zunächst sich anschließenden neutestamentlichen Schriften große Wahrabgesehen von: scheinlichkeit für sich habe. Gründe dafür seien a) der Gleichheit vieler Myten, die sich gewissermaßen religionsgesezlich" aus ähnlichen und naturgemäß erklärbaren Entstehungsursachen herleiten lassen, deren Anfänge mithin auf der menschlichen Phantasie
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