zur Erde reichenden Händen, und der malaiische Führer flüstert ihm warnend und mit beinahe religiöser Scheu zu, der Meias ( wie die Eingeborenen den Affen nennen) sei der eigentliche rechtmäßige Oberherr dieser Wälder und in seiner Hülle wohne die Seele längstverstorbener Vorfahren. Der Orang- Utang er­reicht die Größe von 1,35 Meter, hat ein zottiges, rostbraunes Haar und bleifarbene, äußerst bewegliche Lippen, die er wie einen Rüssel vorstrecken oder zurückziehen kann und die ihm offenbar auch als eine Art Tastorgan dienen. Als Nahrung liebt er besonders die köstliche, mußartige Frucht des ulmen­ähnlichen Durianbaumes( Durio Libethinus). Sie hat die Größe eines Manneskopfs und ihre harte, mit langen Stacheln besezte Schale, die man in den Haushaltungen stets nur mit dem Beile öffnet, wird von dem starken Tiere mit den bloßen Fingern auseinandergerissen, denn seine Körperkraft ist geradezu erstaunlich. Der Drang- Utang hat wenig von dem sanguinischen Karakter, der sonst die Affen kennzeichnet. Wie trübsinnig sizt oder hängt er oft stundenlang auf den Zweigen eines Baumes und nur angegriffen entwickelt er die angeborene Wildheit. Dem leicht erregbaren, stets beschäftigten, zu Mutwillen und Scherzen aufgelegten Schimpanse gegenüber würde, wie Karl Vogt   be merkt, das Schulzeugnis etwa lauten: Stilles, sinniges Kind, ernsthaft und nachdenklich, sogar langweilig, hats innerlich. Unter allen Affen zeigt er am meisten Gehirnentwicklung und ist nicht selten als Diener in Haushaltungen oder selbst als Matrose benuzt worden. Von den zahlreichen glaubwürdigen Geschichten, die als Zeichen seiner Intelligenz von ihm erzählt werden, sei nur die folgende erwähnt, von einem im Besize des Holländers Vosmaern befindlich gewesenen Weibchen. Als man ihm eines Tages das Schloß seiner Kette mit dem Schlüssel öffnete, sah es mit großer Aufmerksamkeit zu, untersuchte als­dann das Schloß sorgfältig und nahm sodann ein Stückchen Holz, steckte es ins Schlüsselloch und drehte es nach allen Seiten um.

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Der Gattung der Menschenaffen steht die der Schwanz affen( caudatae) gegenüber. Sie haben einen mehr oder minder entwickelten Schwanz, Gesäßschwielen und meist auch Backentaschen. Die Gattung verzweigt sich in mehrere Familien. Zur Familie der Schlankaffen( Semnopithecus) ostindische Baumaffen von schlanker Leibesgestalt mit wohlentwickelten Daumen und langen Schwänzen gehört der Kahau oder Nasenaffe, der in den heißen Niederungen von Borneo   ge­sellig lebt und seinen Namen den lauten Tönen verdankt, die er häufig ausstößt und welche wie kahau! flingen. Sein be­sonderes Kennzeichen ist die vorspringende, verzerrte Menschen­nase, welche wie ein Rüssel beweglich ist und vorgeschoben oder zurückgezogen werden kann und deren große Löcher bedeu tend ausgedehnt werden können. Es ist ein wahres monstrum nasale, wie unsere Abbildung zeigt. Dieser monströse Gesichts­erfer, durch den sich der Kahau ein menschliches Aussehen anzu­maßen sucht und den er auf unserem Bilde in die Welt hinaus streckt, als ob er die Jägersche Seelenriecherei in großem Stil betriebe, ist indes ein Produkt der Jahre, denn in der Jugend hat er ein vorwizig aufgestülptes Stuznäschen, das sich bei einer anderen im nördlichen Tibet   heimischen, verwandten Art das ganze Leben hindurch erhält. Die Lebensweise dieser merk­würdigen Tiere ist noch wenig bekannt; sie sind als wild und bösartig gefürchtet, werden aber viel erlegt und gegessen.

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Unsere Familie hat noch andere merkwürdige Mitglieder. Eine sehr interessante Sippe bildet der Semnopithecus mela­lophus, der wohl mit dem Budeny der Javanesen identisch ist. Er zeichnet sich durch seine große von den Kopfhaaren gebildete famose Pelzmüze aus, die über die Stirn herein­fällt und zu beiden Seiten der Wangen hervortritt, welcher an geborene Schmuck ihn zum Helden eines Sacher- Masochschen Romans empfehlen dürfte. Im übrigen lautet sein Steckbrief: Lebhaft fahlrot mit Goldglanz, Unterseite lichtgelb mit rostfar­bigem Anflug, über den Augen ein schwarzer Streifen, Gesicht bläulich, Lippen fleischfarbig, Augen braun, Hände und Schwielen schwarz.

Die Familie der in Abessinien heimischen, den Schlankaffen ähnlichen Stummelaffen, Colobus, aber mit stärkerem Gebiß, verkrümmtem Daumen und ohne Backentaschen, ist auf unserem Bilde durch den Guereza vertreten, den Brehm für den schönsten Affen erklärt und für den er beinahe schwärmt. Seine Färbung ist zwar nicht lebhaft, aber äußerst angenehm und seine Behaarung so eigentümlich und zierlich, wie kaum bei einem anderen Tier. Sein ganzer Leib ist schön sammetschwarz, schneeweiß gefärbt sind dagegen eine ihm eigentümliche Stirn­binde, die Gegend der Schläfe, die Seiten des Halses, das Kinn und die Kehle und sein schöner Haarmantel, der gleich dem Burnus eines dahinjagenden Beduinen im Winde flattert, wenn das Tier sich bewegt, sowie eine Einfassung um die nackten Gesäßschwielen und die buschige Schwanzquaste. Das Verdienst der Entdeckung dieses wunderschönen Geschöpfs gebührt unserem Landsmann Ruppell  , welcher es bei seiner großen Reise in Abessinien in der Provinz Godjam auffand. In Tiergärten war er aber unbekannt bis vor einigen Jahren, wo mehrere Exemplare von Joseph Eßler eingefangen und mit dem schwarzen Dschelada nach Europa   gebracht wurden.

Unser Bild führt uns endlich noch den Harlekin der Bären­führer vor, den in Algerien  , Maroffo und auf dem Felsen Gibraltas wohnenden Magot, welcher der Familie der Makaken, Macacus, angehört. Es sind mit Ausnahme unseres Magot asiatische Affen von mehr gedrungener Gestalt, mit vorspringender Schnauze, stärkerem Gebiß, einfachem Magen, Backentaschen und einem Schwanze, der nie länger wird, als der ganze Körper. Der Magot ist von schmächtigem Körperbau und hochbeinig. Sein runzeliches Gesicht ist fleischfarben, die Ohren sind rund und menschenähnlich, der Schwanz ist nur ein kurzer, kaum sichtbarer Stummel. Sein Pelz ist ziemlich reichlich, auf der Unterseite des Leibes aber spärlich. Im Gesicht zeigt sich ein dichter, gelblichweißer Bart. Die Körperlänge beträgt etwa zwei Fuß. Er ist sehr flug, listig und verschlagen, gewandt, behend und kräftig und weiß sich im Notfall mit seinem vortrefflichen Gebiß ausgezeichnet zu verteidigen. Bei jeder leidenschaftlichen Erregung verzerrt er das Gesicht gräulich, bewegt die Lippen schnell nach allen Richtungen hin und her und klappert auch wohl mit den Zähnen. Er ist kein ausschließlicher Pflanzen­fresser und sein Lieblingsgericht sollen die Skorpionen sein, deren giftigen Stachel er geschickt auszurupfen versteht. Der Magot ist derjenige Affe, von welchem Plinius   berichtet, daß er alles nachahme und sogar das Bretspiel lerne.

St.

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Aus dem Leben eines Konventsmannes.

Levasseur ist der Name eines Mannes, der zu den ach tungswertesten Erscheinungen der französischen   Revolution gehört. Einer jener Prokonsuln", welche als Zivilfommissäre ausge­schickt, die Armeen zum Sieg trieben, erfüllte er mit der Un­beugsamkeit und Pflichttreue eines alten Römers seine Mission und nahm furchtlos die volle Verantwortlichkeit für sein Handeln auf sich. Er überlebte die Republik  , das Kaiserreich, die zweite

Bourbonenmonarchie, und sah noch die Tage des Bürgerkönig tums. Er starb in dem Bewußtsein, seine Schuldigkeit getant zu haben; und unbeirit durch die Schmähungen und schiefen Urteile der Zeitgenossen, vertraute er sein Andenken zuversicht­lich der Nachwelt an.

Gut," schreibt er in seinen Memoiren, gut, klage man uns an, da das nun einmal Mode ist! Die Freunde der Freiheit