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barer Schönheit und es weht darin der Geist antiker Welt- Torys hob, fand mit beispielloser Schnelligkeit ihren Weg selbst und Sinnfreude.*) in ländliche Bezirke.

Die Kehrseite des Puritanismus wurde dagegen drastisch­ergözlich aufgezeigt in dem satirischen Heldengedicht Hudibras" von Samuel Butler ( 1680); worin der religiöse und poli­tische Fanatismus grausam verhöhnt ist. Es ist nicht zu ver­kennen, daß Don Quixote und sein Schildknappe Sancho Pansa die Vorbilder der beiden Helden des Gedichts waren, des bra­marbasirenden, dogmatisirenden, independentischen Ritters Hu­dibras und seines heiligen Schildknappen Ralf, die mit ein­ander auf Abenteuer ausziehen, welche gewöhnlich mit einer tüchtigen Tracht Prügel endigen und unter zweideutigen Wei­bern, Advokaten, predigenden Strolchen, Herenmeistern und anderem Gesindel ein buntes Leben führen. Unter den Taten des Helden nimmt sein Kampf mit dem Weibe Trulla die erste Stelle ein. Er wird von ihr besiegt, seiner männlichen Rüstung beraubt, muß dagegen ihren Rock anziehen und wird in den Stock eingesperrt. Wieder frei geworden, strebt er dennoch nach dem Besize jenes reichen Weibes und sucht ihn durch alle Mittel der Magie, der Schmeichelei, endlich durch Prozesse und Ad­vokatenkniffe zu erlangen, aber alles umsonst. Er wird von Vermummten, die sich für Höllenfrazen ausgeben, geneckt und gezwungen, aus Furcht vor entsezlichen Prügeln eine Beichte aller seiner Niederträchtigkeiten abzulegen. Er wird von seinem eigenen Diener, den er anderwärts im Stiche gelassen, selbst wieder verraten und muß mit einem Spottbrief der Dame ab­ziehen, mit dem das Gedicht abschließt. An diesen sehr ein­fachen Faden der Geschichte reihen sich eine Menge von satiri­schen Gedanken und Bildern, treffenden Karakteristiken und Be­merkungen über Zeit und Menschen, Parteien und Meinungen. Vortrefflich besonders ist seine Verhöhnung der religiösen Grübelei und Frömmelei und ist es auch übertrieben, wenn Schubart Butler den Monarchen aller komischen Epopöendichter nennt, so wird doch Hudibras für alle Zeiten ein ergözliches Gedicht bleiben. Einer früheren Zeit gehören die englischen Satiriker und Sittenmaler Donne und Hall und die Schotten Dunbar und Lindsay an.

Aus der Zeit der Stuartschen Restauration unter dem lüder­lichen Karl II. haben wir zwei Satiriker zu verzeichnen, den genialen, wizigen, aber frivolen und zuchtlosen Lord Rochester ( 1680) und den karakterlosen, glatten Hofdichter Dryden ( 1700), der zuerst Cromwell durch ein Lobgedicht zu ge= winnen suchte, dann Karl II. verherrlichte und zulezt mit Jakob II. zur katolischen Kirche übertrat und die protestantischen Sekten verspottete. Seine politische Satire Absalon und Ahitophel ", welche überall die Whigs bitterlich kränkte und den Mut der

*) Wie klassisch geschaut und gedacht ist z. B. folgende Schilderung Adams und Evas und die daran geknüpfte Reflexion im 4. Gesange: Des Einen Bild war Kraft und Ueberlegung, Des Andern Bild Anmut und süße Huld, Er schien ein Gott allein, doch sie in ihm. Die hohe Stirn und der erhabene Blick Bezeugten seiner Herrscherkraft Gewalt; Die hyazininen Loden hingen ringelnd Ihm vom geteilten Scheitel dicht herab. Sie trug die goldnen Haare frei und luftig, Ein Schleier, der zur Hüfte niederwallt. In losen Ringeln, wie die vollen Ranken Sich an dem Weinstock kräuseln und sich drehen. Auch war der Leibesform geheimer Teil Noch unverhüllt; die Scham trug keine Schuld; Scham, die nicht für Naturgebilde paßt, Ehrlose Scham, von Sünde nur erzeugt, Wie hast du doch das menschliche Geschlecht Mit leerem Schein der Reinheit arg verblendet, Hast aus dem Menschenleben allen Segen, Der Einfalt und der Unschuld Glück verbannt! Sie gingen nackt einher, und scheuten nicht Das Auge Gottes und der Engel Blick; Denn Arges nimmer denkend gingen sie, Das liebevollste Pärchen Hand in Hand, Wie nimmer eines wieder sich umarmt: Adam, der schönste von der Männerschaar, Eva, die lieblichste von allen Frau'n!

( Nach Böttger.)

Aus dem Zeitalter der Königin Anna haben wir zunächst den französisch gebildeten Alexander Pope ( 1744) zu regi­striren, der sichtlich nach dem Kranze Boileaus rang, wie denn überhaupt gegen anfang des 18. Jahrhunderts die englische Dichtung von ihrer Höhe herabsank und sich der französischen Pseudoklassik unterordnete, indem sie wie diese das Wesen der Dichtkunst in konventionelle Stilglätte und prunkende Technik sezte. Das Werk, worauf Popes Ruhm bei seinen Landsleuten hauptsächlich fußte, ist die komische Epopöe: Der Lockenraub " |( erschienen 1711), die sich zwar um einen sehr unwichtigen Gegenstand dreht, wovon man aber nicht mit Unrecht gesagt hat, daß darin die Satire den Gürtel der Venus trägt. Popes Darstellungskunst, die Grazie und Eleganz seiner Diftion, zeigt sich darin in reichster Entfaltung und die Wizblumenfülle der Form macht das Wesenlose des Inhalts vergessen. Geringer ist sein zweites komisches Gedicht: Die Dunciade ".

Einer der größten Heroen der satirischen Literatur war der Engländer Jonathan Swift ( geb. in Dublin 1667, 1745). Schon in früher Jugend wurde sein Genius durch den Druck der Dürftigkeit und Abhängigkeit verdüstert und verbittert, was seiner Satire einen verbissenen, scharfgalligen Grundgeschmack verlieh. Geistlicher der englischen Kirche war er zuerst Rektor von Baracor in Irland ; aber seine glänzende politische Be­fähigung ließ ihn mit allen Kräften nach einem Bischofsiz ringen, da er nur als Bischof der Hochkirche politische Macht hätte ent­falten können. Trozdem brachte er es nur zum Dechanten von St. Patrik und zwar durch die Torys, seine späteren politischen Freunde. In ihren Sturz verwickelt, in seinen Hoffnungen getäuscht, durch schwere Herzenskonflikte und Lebenskämpfe ge­peinigt, in bitterer Verbissenheit in dem verhaßten Irland lebend, entfaltete er gleichwohl erst jezt die ganze Kraft und Fülle seines eminenten Talents. Swifts Leben verzehrte sich in schroffen Widersprüchen. Als Dechant der Hochkirche verteidigte er den Dogmenkram derselben gegen die Deisten und doch hat keiner der lezteren die kirchlichen Albernheiten so schonungslos gegeißelt wie er. Parteimann durch und durch, eiferte er gegen die Partei­wut. Menschenhaß und Menschenverachtung in abstoßendstem Grade zur Schau tragend, besaß er dennoch das liebevollste Herz und war unausgesezt auf die sittliche Besserung, wie auf die materielle Wohlfahrt der Armen und Unterdrückten bedacht, deren Sache er in vielen seiner politischen Pamphlete so kräftig verfochten hat. Es gibt Knospen, sagt Carus, welche zu herr­lichen Zweigen und Blättern auszuschlagen ursprünglich bestimmt waren und nur durch ein sonderbares Spiel der Natur und äußere Einwirkung von Kälte u. dgl. zu Stacheln geworden sind, und wenn sie nicht mehr grünen können, das Vieh abhalten und zur Sicherung des Ganzen mitwirken. Großenteils, glaube ich, ist Swift einem solchen zum Dorn verwandelten Zweig vergleichbar. Swift schrieb seine zahlreichen epochemachenden Satiren in Prosa. Unter denselben machte Das Märchen von der Tonne"( The tale of the tub) das meiste Glück. Es ist ein glänzender Feldzug gegen das christliche Priestertum, das fatolische, luterische und kalvinistische. Zwar wollte er diese Satire im Interesse der Hochkirche geschrieben haben; aber Voltaire hat gewiß Recht, wenn er sagte: Das Märchen von der Tonne verspottet den Katolizismus, das Judentum und den Kalvinismus, gibt aber vor, dem Christentum selbst die höchste Achtung zu bezeugen. Kann man aber wohl den Vater ver­ehren und doch seinen Söhnen hundert Rutenhiebe aufmessen? Es gibt Leute, welche meinen, die Ruten seien von solcher Länge, daß sie mitunter auch bis zum Vater reichen." Wie rücksichtslos er verfährt, ersieht man daraus, daß er die Kanzel mit dem Galgen und dem Gauklergerüste der Marktschreier auf gleiche Linie stellt. Eine klassische Dichtung von universeller Spannweite und unverwerklichem Gehalt ist sein Hauptwerk Gullivers Reisen ". Obgleich tief in der Zeitgeschichte wur­zelnd und die zeitgenössischen Verkehrtheiten in grotesker Ver­zerrung wiederspiegelnd, erstreckt sich sein sarkastischer Humor

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