freundlich und stellen sich gelehrig an, besonders bei Schmieden bewundern sie deren Arbeit. Im Zirkus hatten wir Gelegenheit zu beobachten, wie aufmerksame Zuschauer sie sind. Der Provinzialpräsident hatte diesen Leuten Zutritt verschafft, und ich muß gestehen, daß ich nicht bald eine Gesellschaft so bunt beisammen gesehen habe als in jener Vorstellung, vom halb nadten Indianer( Männer wie Frauen), vom barfüßigen Neger bis zu den in modernster Garderobe auftretenden Damen! Nachdem sich die Bugres einige Tage hier aufgehalten und ihre Einkäufe, die auf Kosten der Regierung geschehen, besorgt haben, wird der Rückweg angetreten, wobei das Weib die Stelle des Lasttiers vertritt; nicht selten trifft man da Indianerinnen, die auf beiden Hüften je ein Kind tragen, auf dem Rücken schwere Lasten, die mit einem breiten Bastband über die Stirne be= festigt getragen werden. Wir hatten Gelegenheit, ihre Nacht lager in den sogenannten„ Rancho" mit anzusehen, und müssen gestehen, daß dabei alles in Ordnung und Anstand vor sich ging, fein Streit und Bank und keine Roheit gegen Kinder oder andere, wie man sie von„ Kulturmenschen" auf Auswan dererschiffen wahrnehmen kann. Nur zum photographiren lassen sie sich nicht bewegen, weil das mit dem„ Teufel" zugeht, ein Zeichen, daß sie sehr abergläubisch gemacht wurden und noch werden.
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Und nun zur Frage der Kolonisation zurück! Uns ist kein Land der Erde bekannt, das so viel Geld speziell für Kolonisationszwecke ausgegeben und leider zum größten Teil nuz los ausgegeben hätte- als Brasilien . In den Provinzen Sao Paulo , Rio Grande und St. Caterina befinden sich viele Staatskolonien, das sind solche, welche ausschließlich aus Staatsmitteln angelegt wurden. Jede Kolonie, erhielt Doktor und Apoteker, die den Ansiedlern stets unentgeltlich zur Verfügung standen, außerdem monatlich eine Subvention von mehreren Conto de Reis, die die Direktion zu Gunsten der Kolonie zu ver wenden hatte, böse Zungen behaupten allerdings, die Taschen der Herren Beamten seien dabei besser weggekommen, als die Kolonien! Viele derselben der Kolonien nämlich und nicht der Taschen versprachen eine gute Zukunft; allein da kam der große Umschwung in der brasilianischen Politik, die Konservativen erhielten einen Fußtritt und die liberale Partei" kam ans Ruder, wir, die wir von Europa aus die Heldentaten der Liberalen kennen, ahnten sogleich nichts Gutes, als wir die pomphaften Proklamationen des liberalen Ministeriums lasen, in denen die Verbesserung der brasilianischen Finanzen das Haupttema bildete, und siehe da! sofort wurde das Programm verwirklicht. Alle Staatskolonien wurden emanzipirt, d. h. es wurden die Subventionen entzogen, und alle Kontrakte, die mit Privatkolonien und Privatpersonen bestanden, aufgehoben und dadurch selbstverständlich auch aller Einwanderung nach Bra silien ein mächtiger Damm entgegengesezt; das war nach unserer Meinung der schwerste Schlag, der gegen dieses von der Natur so reiche Land geführt werden konnte! Nordamerika wurde groß und stark durch die Einwandrung; die brasilianischen Liberalen jedoch hatten kein Verständnis für ihres Vaterlandes Wohl und wiesen jede Einwandrung von sich. Fast alle ,, emanzipirten" Kolonien wurden einer förmlichen Anarchie anheimgegeben. Viele, die noch Geld für die der Regierung geleisteten Arbeiten zu empfangen hatten, konnten troz aller Reflamationen nichts erhalten man wollte ja doch die Finanzen verbessern und als es endlich zu ernsten Auftritten fam, da schickte die Regierung in echt liberaler Weise- den Kolonisten nicht etwa Geld, dafür aber Militär auf den Hals! Die meisten dieser Kolonien hatten keinen fahrbaren Weg nach Märkten, wo sie ihre Produkte hätten absezen können, denn der Transport auf Maultieren oder auch auf Flüssen kam oftmals teuerer, als das zu verkaufende Erzeugnis. Nachdem man die Kolonisation totgeschlagen, gings an eine andere Seite der„ Verbesserung der Finanzen". Alle Einfuhrzölle wurden beträchtlich erhöht! Der einzige Mann, der Staatsrat Silveira Martins, der gegen diese unverantwortliche Wirtschaft Protest einlegte, wurde aus dem„ liberalen" Ministerium ausgetreten.
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Derjenige Teil der Bevölkerung, welcher es auch nur halbwegs ehrlich meint mit der Entwicklung des Landes, wünscht die Stunde herbei, in welcher Männer das Steuer in die Hand nehmen, die wirklich etwas von Nationalökonomie gelernt haben.
Der größte Mißgriff in der Kolonisation wurde wohl hier in der Provinz Parana begangen. Aus dem Saratover Gouvernement an der Wolga wurden gegen 5000 Deutschrussen herbeigeholt, bei den Städten Lopa, Ponte- Groussa und Palmeira angesiedelt und millionen dafür ausgegeben. Das Land hierzu mußte die Regierung von den Großgrundbesizern kaufen, weil sonst keine passenden Ländereien zur Verfügung standen. Diese Gelegenheit benuzten die Herren und verkauften für horrende Preise all ihr schlechtes Land, welches sofort vermessen und besezt wurde, allein alle Versuche, mit der Pflanzung zu beginnen, schlugen fehl, weil das Campland von der Sonne ausgetrocknet, zumteil auch steinig war, kurz, es eignete sich zu allem andern, nur zu keinem Pflanzland. Nur 4 bis 5 Kolonien bestehen heute noch davon, die sich entwicklungsfähig zeigen. Da sind St. Barbaro bei Palmeira und Johannesdorf und Wirmond bei Lapa.
Am Iguassa sind ausgezeichnete Ländereien, die einer gut geleiteten Kolonisation Vorteile bieten müßten. Der Boden ist dort so fruchtbar, daß neben Zuckerrohr der Weizen, neben der Palme die Araucarie wächst. Ein Bewohner von dort, hier schlechtweg Capocleur(?)( d. h. Bauer) genannt, zeigte uns zwölf verschiedene Sorten Farbhölzer, welche in Klözen nach Europa transportirt werden und von dort hergerichtet, d. h. für Färber, Gerber, Hutmacher 2c. brauchbar gemacht, zu horrenden Preisen wieder hierherkommen!
Ueberhaupt ist es kaum glaublich, daß Produkte, die hier ganz gut gedeihen, noch von Europa eingeführt werden, z. B. Wein; und was für Sorten kommen da an! Da ist Moselwein, Porto und Bordeaux 2c.; alle die Weine haben nie eine Traube ihr eigen genannt, dafür ist der Preis unverschämt. Moselwein als der billigste kostet die Flasche 1,200 Reïs= 2 Mark 40 Pfennige! Der Wein, welcher hier gebaut wird, schmeckt etwas herb, ist dagegen aber rein, auch bei reichlichem Genuß völlig unschädlich. Deutsche und Italiener fangen jezt an, sich auf Weinbau zu verlegen; so baute im vergangenen Jahre der Deutsche Michael Singwald in Paranaqua 22 Piepen Wein ( à 798 Liter), fast ebensoviel bauten hier in Curitiba die deutschen Kolonisten Ihlfeld, Wagner und Kumer. Jedes Jahr wird mehr Land mit Wein bebaut und bessere Sorten einge führt, so daß die Zeit wohl nicht mehr allzufern ist, wo Wein und Getreide ebenso wie die Herva de Matté einen Ausführartikel bilden werden. Von diesem Tee wurden im ebenvergangenen Halbjahr durchschnittlich pr. Monat 1284808 Kilo ausgeführt.
Während der Anbau von Tee hauptsächlich in den Händen der Brasilianer liegt, ist der weitaus nüzlichere Getreidebau in den Händen der Europäer, die sich die größte Mühe geben, vorwärts zu kommen. Freilich werden manchmal ihre Bemühungen schlecht belohnt, da mancherlei vorhanden ist, von dem sie gelegentlich empfindlichen Schaden zu erleiden haben. So in erster Linie die Ameisen, von denen die hier sogenannten Trägerameisen in Zügen von vielen tausenden ankommen nnd oft schon in einer Nacht ganze Felder verwüstet haben. Alle andern Sorten sind ungefährlich, die sogenannten Wanderameisen zwar lästig, aber dabei doch auch nüzlich. Diese kommen in ungeheuern Schaaren bis in die Häuser, feine einzige Stelle im Hause, vom Fußboden bis zum Dache, lassen sie ununtersucht, und alles Ungeziefer, wie Heimchen, Baratten( Schwaben, die es jedoch nur an der Küste gibt), entfliehen eiligst. Es ist ergözlich anzusehen, wenn die Ameisen so ein Tier erwischen, zu hunderten hängen sie daran und zerren es nach allen Richtungen.
Wenn diese Wanderameisen Nachts ankommen, so sind sie natürlich sehr unliebſame Gäste, und wehe dem, der sich im Bette von ihnen erwischen läßt. Einen Hauptfeind finden die Ameisen in dem Ameisenbär, einem Burschen von der Größe des