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Obgleich er selbst sich so hoher Aufgabe nicht vermessen,| dringt doch schon derselbe Frangt darauf, daß endlich auch eine ganze deutsche   Grammatica geschrieben werde, wie in Griechi­scher, Lateinischer vnd andern sprachen geschehen," da vnser edle sprach ie so lustig, nüßlich vnd dafper in ihrer Redmaß als indert eine andre vnd vns vngelerten Leyen auch( vnd die wir der haubtsprachen nicht geuebt noch kundig) so vil an jr als indert einer andern gelegen" sei.

Das Buch Frangks ist besonders merkwürdig dadurch, daß es sich daneben die größte Mühe gibt, die hochdeutsche Schrift sprache von allem mundantlichen möglichst sauber zu erhalten. Die Frage, woraus man eecht vnd reyn Teutsch lernen" fönne, beantwortet er folgendermaßen: Wer rechtförmig Teutsch schrei­ben, odder reden will, der muß teutscher sprachen auf eins Lands art vnd brauch allenthalben, nicht nachuolgen. Nüglich vnd guot ists einem iedlichen, viler Landsprachen mit iren mißbraeuchen zewissen, damit man das vnrecht moeg meiden, Aber dz fürnemlich ist so zuo diser sach foederlich vnd dienstlich,

ist, das man guoter Exemplar warneme, das ist, guoter teutscher Buecher vnd verbrieffungen, schrifftlich oder im Truck verfasst vnd außgangen, die mit fleisse lese, vnd inen in dem das an­zunemen vnd recht ist, nachuolge. Vnder woelchenn wir etwan des tewren( hochloblicher gedechtnuß) Keyser Maximilians Canzlei, vnd diser zeit D. Luthers schreiben, vnd vnuerfälscht, die emendirtſten vnd reynsten zuhanden kommen seyn."

So erkannte Fabian Frangt mit einer für uns heute ganz erstaunlichen Sicherheit, woher das zu nehmen war, was in Deutschland   während der nächsten Jahrhunderte als Schrift­sprache allgemeine Geltung sich erobern würde, eine Einsicht, die troz des sechs Jahre vorher erfolgten Erscheinens der Lutherischen Bibelübersezung doch noch so völlig vereinzelt da­stand, daß erst mehr als vierzig Jahre später der erste deutsche  Grammatiker den Weg einschlug, den der schlichte schlesische Magister den Gelehrten und Freunden der deutschen   Mutter­sprache so lange vorher gewiesen hatte.

( Schluß folgt.)

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Julia und Lorenzo.( Illustration s. S. 345.) Wohl niemand weiß von Weh gleich dem zu sagen, dem Romeo und Julia   erlagen" so schließt Shakespeare   sein gewaltiges Drama Romeo und Julia  ", dieses hohe Lied der Liebe, welches besingt, wie zwei in heißer Liebe entbrannte jugendliche Herzen allen Schrecken und allem Unglück der Erde trozen und schließlich, ihrem Mißgeschick erliegend, sich im Tode untrennbar vereinigen. Wir können voraussezen, daß der Inhalt des berühmten Dramas unsern Lesern bekannt ist. Unser Bild stellt Julia dar, wie sie bei dem Mönch Lorenzo, der sie heimlich mit Romeo ge­traut hat, in seiner Klause erscheint und ihn um Rat fragt. Die Familien Romeos und Julias sind tötlich verfeindet; die Heirat der schönen Veroneserin mit dem feurigen jungen Romeo muß geheim ge­halten werden; Romeo hat das Unglück gehabt, einen Vetter Julias im Zweikampf zu töten und wird bei Todesstrafe aus Verona   ver­bannt; Julia aber soll einem andern vermählt werden. In dieser furchtbaren Situation kommt sie zu Lorenzo und erklärt, sich eher zu töten, als sich einem andern antrauen zu lassen. Sie strömt ihren wilden Schmerz, ihre Abneigung gegen den Grafen Paris  , dem sie ver­mählt werden soll, in den Worten aus:

,, heiße mich, dem Paris   zu entgehen, Hinab von jenes Turmes Zinne springen, Zu Räubern schicke mich, in Schlangenhöhlen, An Bären kette, sperre mich bei Nacht Ins Beinhaus ein voll rasselnder Gerippe, Wo Schenkel modern, fleischlos gelbe Schädel, Ja, hülle mich in frischgegrabner Gruft Ins Leichenhaus zusammen mit dem Toten: Was mich beim Hören schon erbeben machte, Tun will ichs ohne Zögern, ohne Zagen,

Des Liebsten unbeflecktes Weib zu bleiben."

Soviel Leidenschaft, soviel Glut bewegt den düstern Mönch Lorenzo; er gibt ihr einen Trank, der sie auf zweiundvierzig Stunden in einen todesähnlichen Schlaf fallen läßt. Sie soll den Trant am Morgen des Tages nehmen, da sie mit Paris   getraut werden soll; so entgeht sie dem Gehaßten. In der Gruft soll sie wieder erwachen und von dort mit Romeo von Verona   entfliehen. Es geht alles nach Verab­redung, mit Ausnahme des unglücklichen Zufalls, daß Romeo den Brief, in dem er von der Sache benachrichtigt werden soll, nicht erhält; er kommt nach Verona   heimlich zurück und vergiftet sich am Grabe Julias, die er wirklich für tot hält. Indessen wacht Julia auf, sieht Romeo tot und ersticht sich sogleich mit dessen Dolch. Lorenzo ist zu spät gekommen. Am Grabe des heroischen Paares versöhnen sich die so lange verfeindeten Familien.

Der Künstler hat für seine Darstellung den Moment gewählt, da Julia verzweifelnd von Lorenzo Hilfe verlangt:

Was zauderst du und schweigst? Wenn, was du sagst, Nicht helfen kann, verlangt es mich, zu sterben!" Schmerz- und Verzweiflung durchbeben die schlanke Gestalt Julias, Lorenzo aber kämpft mit sich, ob er es wagen soll, zu dem lezten ge= fährlichsten Rettungsmittel zu greifen.

Der Vater Julias sagt an ihrem Grabe:

... Ich will von purem Golde

Ein Standbild ihr errichten, denn es darf,

So lange diese Stadt Verona   heißt,

An Wert kein andres Juliens Bild erreichen, Weil sie geliebt mit Treue sondergleichen!"

Das schönste Denkmal aber hat dieser wildflammenden Leidenschaft mit ihrer heldenhaften Treue bis zum Tode der große britische Dichter selbst gesezt. Bl.

Sigmunds Tod.( Illustration S. 352-353.) Unser Bild stellt eine der wirksamsten Szenen aus Wagners großer Trilogie, der Ring des Nibelungen  " dar: Sigmunds Tod. Die Quellen, aus welchen Wagner   den Stoff zu seinem Ring des Nibelungen   geschöpft hat, sind die isländische Edda  , die Völsungsaga und die deutsche   Nibelungen­sage; doch hat der Dichter sehr frei mit dem Sagenstoff geschaltet. Er schmolz Entlegenes zusammen, gab neue Motivirungen, gestattete sich mannigfache Umbildungen, so daß gewissenmaßen eine ganz neue Sagen­dichtung entstand. Der mit einem Fluch beladene Ring in der Edda­sage bildet den Angelpunkt der Waguerschen Dichtung, er ist die Ursache des Untergangs für Götter und Menschen. Wagner läßt den Ring aus dem Gold entstehen, welches seit Urzeiten in den Tiefen des Rheins ruht, von Zeit zu Zeit mit zauberhaftem Glanz aufleuchtend und von den Rheintöchtern bewacht wird. Wer aus diesem Gold einen Ring zu fertigen weiß, dem gehört die Herrschaft über die Welt, denn alles muß sich unter seinen Willen schmiegen. Aber nicht jedem fügt sich das Gold zu einem Ringe, sondern nur demjenigen, welcher der Liebe und ihrem Genuß freiwillig entsagt hat. Nun gibt es drei Ge­schlechter, welche um die Herrschaft der Welt streiten und ihre Macht stetig zu erweitern suchen: die Götter in Walhalla   in lichten Himmels­höhen, die Riesen auf dem Rücken der Erde in Riesenheim nnd die Zwerge( Nibelungen  ) in der Tiefe der Erde in Nibelheim. Das Haupt der Götter ist Wotan  ( nordisch Odin); er herrscht durch die Macht der Verträge, die mit Runenschrift auf seinem Speer einge­graben sind. Seine Gattin Fricka ist die Hüterin der Ehe. In dem Garten ihrer Schwester Freia   wachsen die goldenen Aepfel, durch deren Genuß die Götter stets jugendlich bleiben. Indem nun Götter, Riesen und Zwerge sich gegenseitig um den Nibelungenring bekämpfen, ent­wickelt sich das Spiel der Intriguen, das endlich mit dem Untergang der Götterwelt, mit der Götterdämmerung  " schließt. Zeigt schon der Text( das Libretto) der Dichtung, die Selbständigkeit der Wagnerschen Muse, welche die Regeln der Herkommens abstreift und ihre eigenen Wege wandelt, so zeigt dies die Musik in noch höheren Grade. In der Musik der Nibelungen sind die reformatorischen Ideen des Ton­dichters, wie Wagner   sich nannte, zum vollständigen Ausdruck gelangt, namentlich gilt dies von dem System der Leitmotive", das schon im Lohengrin  " häufig angewendet ist. Wagner läßt nämlich an einem bestimmten, recht karakterischen Punkt des Dramas die wichtigsten, für die Entwicklung entscheidenden Worte in möglichst prägnant- illustriren­der Melodie singen, so daß dieser musikalische Saz als spezifischer Träger des betreffenden Gedankens erscheint. Wie sich nun das Drama weiter entwickelt und wider ein Punkt kommt, der mit jenem Gedanken irgend welche dramatische Verwandtschaft hat, läßt sich jene farakteristische Tonlage im Orchester wieder hören, was eine überaus poetische Wirkung erzielt. So kann sich dasselbe musikalische Tema an verschiedenen Stellen wieder­holen; das ist dann das Leitmotiv". Als klassisches Beispiel kann die Stelle im Lohengrin   angeführt werden, wo der Schwanenritter seine Braut Elsa von Brabant   warnt:

,, Nie sollst du mich befragen, Noch Wissens Sorge tragen, Woher ich kam der Fahrt,

Noch meinen Nam' und Art!"

Wie die Wagnersche Musik überhaupt wahr, karakteristisch sein, d. h. in Tönen das ausdrücken will, was der Text, der ihr untergelegt ist, besagt( während die sog. italienische Musik das Hauptaugenmerk auf eine gefällige Melodie richtet, so daß Musik und Text häufig nicht das Geringste miteinander gemein haben), zeigt besonders diese Stelle auch dem Laien in der Musik. Wie eine Warnung hört sich die Melodie der beiden ersten Zeilen an, während die Melodie der dritten Zeile geheimnisvoll erklingt, weil es sich um das Geheimnis handelt, nach