tigung, die ihr nur wenig Zeit ließ, an sich selbst zu denken, empfand sie mit dem geschärften Sinn, den nur die Entbehrung verleiht, die Liebe, die ihr von allen Seiten entgegengebracht wurde die überströmende Zärtlichkeit des Vaters und die Liebkosungen Gretens, in welche sich ein gut Teil Neugierde und Bewunderung für ihre bewegten Lebensschicksale mischte

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als ein Glück, auf welches sie verzichten zu müssen glaubte. Und mit einem innigen Behagen überließ sich das arme Mädchen, das so lange allein gestanden hatte in der Welt und sich immer erst die Achtung hatte erzwingen müssen, welche sie in den Augen der Menschen durch ihren jugendlichen Fehltritt verscherzt hatte, dem Frieden innerhalb des Vaterhauses. ( Forts. folgt.)

Die Teorie des Professors Gustav Jäger  .

I. Was Herr Jäger will.

Von Dr. D. Vastor.

Gestüzt auf die bedeutenden Resultate der mühsamen grund­legenden Forschungen früherer Jahrhunderte sind die Natur­wissenschaften im 19. Jahrhundert einerseits zu einem gewissen Abschlusse gelangt, andererseits haben sie auf lange Jahrzehnte der Detailforschung ganz bestimmte Wege gewiesen. Cuvier  ( 1769-1833) fand das Gesez, nach dem der tierische Körper sich aufbaut, das Gesez der Korrelation. Jeder Organismus bildet ein harmonisches Ganze; seine Teile müssen untereinander, als auch zum ganzen Körper in einem bestimmten Verhältnisse stehen. Jegliche Art von Verrichtungen sezt eine Reihe anderer Verrichtungen voraus, alle Organe sind daher von einander ab­hängig. Umgekehrt kann auch kein Drgan eine Veränderung erleiden, ohne daß auch die übrigen in entsprechender Weise umgestaltet werden. So sind bei den Fleischfressern die Reiß zähne am stärksten entwickelt; leztere verschlingen die von dem erlegten Tiere losgerissenen Stücke, ohne sie zu kauen; die Mahl­zähne sind daher zum Teil nicht vorhanden, die vorhandenen sind schwach ausgebildet; die Kiefer sind fest ineinander gefügt. Sie müssen ihre Beute ergreifen und festhalten, haben daher mit Krallen versehene Zehen, kurze Sohlen, weshalb sie als Zehengänger bezeichnet werden, sind gute Läufer; mit der Fleisch nahrung hängt die entsprechende Einrichtung der Verdauungs­organe zusammen u. s. w. Die Pflanzenfresser dagegen rupfen mit den Vorderzähnen ihre Nahrung ab, kauen sie sorgfältig und haben daher in beiden Kiefern ununterbrochene Reihen glatter Mahlzähne, die Reißzähne fehlen; die Unterkiefer sind so eingefügt, daß sie eine drehende Bewegung des Kauens aus­führen können, die Jochbogen sind schwach, die Verdauungs­organe anders als die der Fleischfresser; ihren Verfolgern können sie sich nur durch die Flucht entziehen, sie sind daher sehr schnell, haben Füße mit harten Hufen als passende Ausrüstung. Der Beschaffenheit der inneren Organe entspricht der Bau der Wirbelsäure, des Brustkastens und des Beckens. In gleicher Weise lassen sich die übrigen typischen Formen der Tiere be­stimmen. Auch bei niederen Tieren kann man z. B. aus ein­zelnen Täfelchen von Seestern oder Seeigel das ganze Tier konstruiren, die Eindrücke der Muskeln in den Muschelschalen geben Aufschluß über den Organismus des ehemaligen Besizers derselben u. s. f.

Jeder besonderen Form eines einzelnen Teiles entsprechen somit erfahrungsmäßig gewisse Modifikationen des Ganzen, so daß es möglich wird, aus wenigen Bruchstücken( Zahnknochen) ganze Stelete wieder herzustellen. Cuvier   hat durch Anwen­dung des Gesezes von der Korrelation glänzende Resultate er­zielt und, wie wir durch die angeführten Beispiele zu erklären versuchten, aus verhältnismäßig geringfügigen Stücken des Ste­lets das ganze Tier ergänzt. Jedenfalls ist es seitdem unmög­lich, die Knochen alter ausgestorbener Elephanten für die des heiligen Christoph zu erklären, oder das Gerippe eines riesigen Salamanders für das eines vorsintflutlichen Menschen. Die Wichtigkeit des angeführten Gesezes für die Paläontologie bei der Erklärung der oft spärlichen Ueberreste früherer Bewohner der Erde, wie wir sie in den Sand-, Kalt- und Tongesteinen finden, ist ohne weitere Erörterung klar. Es braucht eben nur noch für alle Tierarten, lebende oder ausgestorbene, bis ins einzelne und kleinste durchgeführt zu werden.

Wir erwähnen mit Rücksicht auf das Folgende, daß wir bei der Fülle des bereits vorhandenen Materials auch für die Botanik die baldige Feststellung eines entsprechenden Gesezes erwarten dürfen.

Während so die Lehre von der Gestaltung des Tierkörpers ( die Morphologie) zu ihrer Höhe emporgehoben wurde, feierte auch die Lehre von den Lebenserscheinungen( die Biologie) Triumphe. Es war Friedrich Meckel  , Professor der Medizin in Halle, welcher, gestüzt auf die bedeutenden Vorarbeiten Kas­par Friedrich Wolffs( Mitte des 18. Jahrhunderts) es 1812 aussprach, daß der Mensch, wie jedes andere Tier, im Laufe seiner Entwicklung vom Ei bis zum ausgebildeten Menschen dieselbe Reihe der Tierformen durchlaufen müsse, welche die Gattung von dem ersten Auftreten niedrigster organischer Wesen auf der Erde an bis zur Gegenwart hin durchgemacht hat. Die embryonale Entwicklung des Menschen beginnt aus der Zelle, wie die aller Lebewesen; daraus bildet sich ein Zellhaufen und später, um nur einzelne interessante Punkte herauszuheben, zeigt er die Anlage der Kiemenbogen, welche bei den Fischen sich zu Atmungsorganen ausbilden; bei dem Menschen und den Säugetieren werden sie vorzüglich zur Bildung des Unterkiefers verwendet. Noch im Beginn des dritten Monats sind Unter­schiede zwischen den Gliedmaßen der Menschen und den An­lagen, aus denen sich die Flügel der Vögel oder Beine der Säugetiere entwickeln, nicht zu erkennen; die Füße haben sogar eine Schwimmhaut zwischen den Zehen, wie die Schildkröten. Nur das Gehirn zeigt auf dieser Stufe schon eine karakteristische Bildung troz aller Aehnlichkeit mit dem der übrigen Tiere Später ist der Mensch mit Haaren am ganzen Leibe bekleidet; diese verlieren sich wieder, aber noch dann, nachdem er das Licht der Welt erblickt hat, unterscheidet sich der Mensch nicht vom Affen. Ein neugeborenes Kind und ein Gorilla gleichen Alters gleichen sich in der Färbung, im Aussehen, den Be­wegungen, dem Schreien so sehr, daß das ungeübte Auge des Laien beide zu unterscheiden nicht imstande ist. Erst wenn das Kind aufrecht auf seinen Beinen steht, hat es sich seinen hohen Rang in der Welt erobert.

Hiermit war die Tatsache eines inneren Zusammenhangs zwischen den einzelnen Formen der Tierwelt festgestellt; denn jedes Tier hat den entsprechenden Gang der Entwicklung durch­zumachen. Eine Erklärung der Tatsachen war damit nicht ge­geben; diese wurde erst durch Darwin   und weiter durch Prof. Ernst Häckel   in Jena   ausgeführt. Alle Tiere stammen in ununterbrochener Reihenfolge von den ältesten Organismen ab, welche als die ersten auf der Erde auftraten, von den einzel­ligen Tieren( Moneren). Aus ihnen entwickelte sich die Fülle der Formen vielzelliger Tiere, unter denen schon viele falfige oder fieſelige Schalen ausscheiden. Solche sind uns als Zeug­nisse ihrer Anwesenheit auf der Erde erhalten in den Sand­lagern und Kalksteinen. Ihnen folgen die Strahltiere, die Würmer, die Weichtiere( Mollusken, Muscheltiere), die Glieder­tiere und Insekten und endlich die Wirbeltiere, zuerst die Fische, danach die Amphibien und Reptilien, dann die Vögel, endlich die verschiedenen Gruppen der Säugetiere, deren zulezt ent­wickelte Formen die Affen und Menschen sind.

Wie kann sich aber aus einer Tierform die zweite ent wickeln? Ist die kleinste Veränderung erklärt, so folgt die größere