fann nur richtig sein, wenn sie zugleich das Gefühl der Sättigung erklärt; beide unterscheiden sich nur von einander dadurch, daß das leztere einen Zustand der Ruhe, ersteres eine Nervenaufregung ist. Ein Tier ist satt, wenn seine Körpersäfte so viele leicht oxydirbare Substanzen enthalten, insbesondere Fette und Kohlehydrate, daß der fort und fort in den Körper eindringende Sauerstoff in der Hauptsache von diesem dingfest gemacht und verhindert wird, die Eiweißteile des Körpers anzugreifen und zu zersezen. Sobald nun der Vorrat von zir fulirenden Fetten und Kohlehydraten erschöpft ist, beginnt, wie die Experimente bei hungernden Tieren unwiderleglich dartun, eine umfänglichere Eiweißzersezung, und mit ihr erscheint der Hunger. Er ist ein Sympton der Eiweißzersezung. Damit werden naturgemäß die Duftstoffe frei und erzeugen die Nervenaufregung des Hungers; denn die chemischen Stoffe, um die es sich handelt, sind im hohen Grade flüchtig und löslich, durchdringen den ganzen Körper. Daher erklärt sich, daß der Hunger ein Gemeingefühl und nicht eine Sinneswahrnehmung ist. Es erklärt sich ferner, daß hungernde Tiere eine stärkere Ausdünstung haben, als gesättigte. Die Duftstoffe entströmen dem ganzen Körper, am reinsten, d. h. nicht verunreinigt durch Schweißsäuren, der Riechschleimhaut; wenn sie hier anderen Düften fremder Tiere begegnen, so ist zweierlei möglich; beide Duftstoffe harmoniren mit einander, so ist die Wirkung dem hungernden Tiere angenehm, es erkennt seine Nahrung; dissoniren sie, so ist der Eindruck unangenehm und das Tier berührt den fremden Gegenstand oder das fremde Tier nicht.
Von den vielen Tatsachen, welche diese Erklärung stüzen, erwähnen wir nur einige: Hunde und Kazen untersuchen auf ihrem Wege liegende Gegenstände mit der Nase, nicht mit den Augen; Hunde, welche viel im Zimmer sind und gefüttert werden, verlieren ihren feinen Geruch, weil sie ihre Nase nicht üben. Der Appetit iſt eine Nervenanregung, bewirkt durch die Harmonie der Düste auf die Nasenschleimhaut. Personen, welche zu viel oder zu häufig von einer Speise genießen, empfinden Abneigung vor derselben, da der Körper von den Duftstoffen dieser Speise zu stark durchzogen ist; die Zeit heilt den Widerwillen, u. s. w.
Die Nahrungsstoffe, welche das Individuum erhalten, das Individuum erhalten, müssen auch gleichzeitig für die Erhaltung der Art sorgen. Welche Rolle spielen die Duftstoffe hierbei? Es ist hier zweierlei zu beobachten: der Befruchtungsvorgang und die Beziehung der Geschlechter.
Jedes Tier entsteht aus dem Zusammenwirken zweier Stoffe, dem weiblichen Ei und dem männlichen Samen. Das Ei ist eine Zelle, welche aus Eiweiß( Protoplasma- Urbildungsstoff) besteht. Das Eiweiß ist nur das Beseelte und ist begleitet von den Duftstoffen, Eistoffen, welche die des weiblichen Tieres sind. Der männliche Same, welcher einen sehr deutlichen Duft( Sa
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menduft) entwickelt, bewirkt die Befruchtung des Eis, die sich zuerst in einer Quellung desselben und einer Teilung der einen in zwei, dieser in vier u. s. f. äußerst. Demnach ist die Befruchtung und Entwicklung des Tieres ein wesentlich physikalischchemischer Vorgang, und die eigentlich formbildenden Stoffe sind die Duftstoffe( Samen- und Eiduft), welche bei den verschiedenen Tieren verschieden sind. Zugleich wird erklärt, daß die Nachkommen den Eltern gleich sind. Das Fundament der Vererbung besteht darin, daß das Protoplasma, wie wir gesehen haben, bei der Ernährung seine Wesenseigentümlichkeit bewahrt; dieselbe geht mit den vererbten Stoffen auf die Nachkommen über; so lange es allen Anfechtungen von außen zum Troz seine Beschaffenheit bewahrt, behält auch die ganze Art ihren eigentümlichen Karakter; so kommt es schließlich, daß sich zufällige Eigenschaften der Eltern gleichfalls vererben können, z. B. eigentümliche Neigungen der Mutter während der Schwangerschaft, Abneigung gegen Speisen, daß ein heftiges Erschrecken der Mutter auf das Kind wirkt, u. s. w.
Die Erklärung der geschlechtlichen Beziehungen bietet viel Aehnliches mit jenen zwischen Raubtier und Beutetier. Die geschlechtliche Liebe ist ein Zustand der Nervenaufregung, nur daß sie sich auf andere Gebiete des Nervenapparates wirft, als der Hunger. Die wirkenden Stoffe sind der Ei- und Samenduft entsprechend bei Weibchen und Männchen. Herr Jäger konstatirt u. a. die Tatsache, daß Kinderwäsche anders duftet, als die Wäsche geschlechtsreiser Menschen, und folgert daraus sehr richtig, daß die Ei- und Samendüfte erst beim reifen Menschen auftreten. Genau so bei den Tieren. Die Duftstoffe begegnen sich auf der Riechschleimhaut; harmoniren sie, so folgt die Annäherung; dissoniren sie, oder ist die geschlechtliche Aufregung nur bei einem Tiere vorhanden, so haben sie feine Wirkung. Das angreifende ist stets das Männchen. Wenn das Weibchen empfangen hat, so versiegt bei den Tieren die Quelle der Eidüfte und die geschlechtliche Aufregung legt sich.
Wir haben uns über den Punkt der Vererbung bedeutend kürzer gefaßt, weil derselbe weniger durch chemische Untersuchungen bisher gestüzt ist, als der Nahrungsinstinkt und-trieb; es fam uns auch nur darauf an, das System des Herrn Prof. Jäger zu entwickeln. Wir halten dasselbe für richtig und sind überzeugt, daß auch dem Leser vicle bisher dunkle Tatsachen überraschend klar geworden sein werden, wenn auch vielleicht hier und da Bedenken aufsteigen oder Tatsachen dagegen zu sprechen scheinen. Doch richtig, oder nicht jedenfalls ist
hiermit ein Gebiet, auf welchem bisher nur philosophirt wurde, der exakten wissenschaftlichen Forschung zugewiesen worden, und die Gegner werden sich wohl oder übel bemühen müssen, statt philosophischer Dogmen Tatsachen dagegen ins Feld zu führen, und jede neu angeführte Tatsache verbreitet Licht über die ganze Frage, gleichviel ob sie bestätigt oder widerlegt.
II. Originalbericht von Antonio Schneider zu Curitiba in der Provinz Parana . In Europa ist vielfach die törichte Ansicht verbreitet, daß Leute, die als Taugenichtse bekannt sind, sich zur Auswanderung eignen, so daß manche sogar auf Kosten ihrer Gemeinden oder auch Verwandten zur Besserung" hieher geschickt werden. Natürlich taugen diese Leute durchaus gar nicht hierher und gehen rettungslos zugrunde, oder laufen hier zur Schande ihrer Landsleute herum.
Was Nordamerika groß gemacht hat, das braucht auch Brasilien ; Leute mit ernsten Vorsäzen und eisernem Willen fönnen hier ihr Fortkommen finden. Was die brasilianische Regierung anbetrifft, so wird diese heraustreten müssen aus ihrer grenzenlosen Kurzsichtigkeit in Bezug auf die Naturalisation. Bis zur Stunde ist eine Massennaturalisation eine Unmöglich feit! Unter dem konservativen Regime kostete der Bürgerbrief
für jeden Ausländer 25 Milreis(= 50 Mark). Die Liberalen
( Schluß folgt.)
( Schluß.)
jedoch wollten die Finanzen verbessern und schlugen 100 Mil reis dazu. Die Folge davon ist, daß sich einfach niemand naturalisiren läßt, was wir nur billigen können, denn wenn nur der die Fähigkeit bejizt, Bürger zu werden, der 125 Milreis bezahlen kann, dann ist die Sache nur zum Nachteile des Landes. Und was für Interesse sollen wir an dem Wohl und Wehe des Landes haben, in dem wir nur Fremdlinge und keine ebenbürtigen Bürger sind?
Deputirte in der Assemblée generale machten den Vorschlag: " Allen im Lande wohnenden Ausländern, ohne Unterschied der Religion und Nationalität, die zwei Jahre an einem Orte wohnen und im Vollbesiz der Ehrenrechte sind, den Bürgerbrief unentgeltlich zuzustellen."
Das wäre aber ernstlich liberal gewesen; deswegen stimmte die Mehrzahl dagegen, nahm aber die Klausel an, daß alle