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die gewöhnlichen Uebersezungen der griechischen und lateinischen Schriftsteller erreichet werden. Vielmehr soll der Lehrer, wenn der Schüler die deutsche Sprachkunst sich hinlänglich be­kannt gemacht, die besten Werke der Nationalschrift­

fam, wurden die fanatischen Anhänger des lateinischen Unter­richts soweit aus dem Feld geschlagen, daß die Schulordnungen, welche im lezten Drittel des 18. Jahrhunderts ans Tageslicht traten, die deutsche Sprache zur Unterrichtssprache erhoben und sie in die Reihe der Sprachen sezten, in welchen wissenschaftsteller, welche die Beobachtung der Sprachlehre mit dem Reich­liche Unterweisung erteilt werden sollte.

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So die Erneuerte Schulordnung für die Chursächsischen drei Fürsten und Landschulen Meißen  , Grimma   und Pforta  " vom Jahre 1773, in deren Abschnitt Von dem Unterrichte in den Sprachen" es heißt:

Es sollen nebst der Uebung im Deutschen  , vornehm lich die gelehrten Sprachen, als die lateinische, griechische und hebräische, getrieben werden."

Und fernerhin wird darin ausgeführt:

" Je unentbehrlicher die Fähigkeit, sich in der Sprache unsres Vaterlandes wohl auszudrücken, zu den der menschlichen Gesell­schaft zu leistenden Diensten ist, desto sorgfältiger müssen die Schüler frühzeitig angeführet werden, in ihrer Muttersprache richtig und angenehm zu reden und zu schreiben. Daher soll ihnen der Lehrer die Uebung in der deutschen Sprache sorgfältig empfehlen, und wenn sie hierzu eine, durch ihre erste Erziehung erlangte vorzügliche Geschicklichkeit zeigen, diese noch mehr aus­zubilden suchen. Dieser Endzweck wird aber nicht allein durch

tum und der Wahl der Redensarten und mit der Zierlichkeit des Ausdrucks am glücklichsten verbunden haben, fleißig mit ihm lesen, ihm den Bau der Perioden erklären, das Edle oder Unedle im Ausdrucke ihn bemerken lassen, und ihn auf die Wahl und den Gebrauch der Wörter und Redensarten aufmerksam machen."

Auch auf den preußischen Gymnasien gelangte die deutsche Sprache um dieselbe Zeit zu der ihr gebührenden Anerkennung.- In der Kabinetsordre Friedrich II.   über das Schulwesen vom Jahre 1778 findet sich eine Stelle, die auch darum in­teressant ist, weil sie direkt auf Gottscheds Bedeutung in der Angelegenheit der deutschen Sprache hinweist, zu einer Zeit, da in übrigen sein Stern längst erloschen und er selbst bereits 13 Jahre vorher verlassen und verkannt gestorben war.

Eine gute teutsche Grammatik," lautet dieser Passus, die die beste ist, muß auch bei den Schuhlen gebraucht werden, es sey nun die Gottsched  'sche oder eine andere, die zum besten ist." ( Schluß folgt.)

Das zweite Gesicht".

Nach einer wahren Begebenheit erzählt von A. Müller.

Es hat zu allen Zeiten, von der egyptischen Priesterin bis zu Swedenborg   und der Seherin von Prevorst herab, Personen gegeben, denen man die Fähigkeit, durch Raum und Zeit ge­trennte Ereignisse vorher zu verkünden, beigelegt hat. In der Tat werden uns manche Prophezeiungen gemeldet, die zwar das Gepräge des Wunderbaren und Geheimnisvollen befizen, in den meisten Fällen sich aber ganz natürlich erklären lassen, wenn wir derartige Erscheinungen auf die Tätigkeit unseres Nervensystems, in welchem sie wurzeln, zurückführen. Solchen Personen, denen man die Gabe der Weissagung zuschrieb, waren stets sehr sensitiver Natur, auf deutsch  : ihr Nervensystem befand sich in einem überaus gereizten oder überreizten Zustande. Trifft nun eine in solch krankhaftem Zustande gemachte Vorhersagung wirklich ein, was unter tausend Fällen sicher wohl einmal ge­schehen wird, so erinnert man sich nach Jahren, ja nach Jahr hunderten nur dieser einen Begebenheit, während die 999 Fälle, in denen die Prophezeiung nicht zutraf, dem Gedächtnis ent­schwinden. Den Menschen zieht ja einmal das wunderbar Scheinende an, und besonders die große Menge, sowie Natur­völfer, denen eine wissenschaftliche Erklärung der Erscheinung fehlt.

In seiner interessanten Abhandlung:" Swedenborg   und der Aberglaube" gibt Schleiden   folgende einsichtsvolle Erklärung des Wunders:

Das Nervensystem zerfällt zunächst in zwei große Ab­teilungen, von denen die eine, den wesentlichsten Teil des großen Gehirns umfassend, ausschließlich als förperliches Organ den Funktionen des Geistes dient, jede Seelentätigkeit, welcher Art sie auch sei, mit einer entsprechenden Körperlichen Veränderung begleitet und ebenso durch seine Veränderungen eine entsprechende Vorstellung in der Sphäre unseres Bewußtseins hervorruft. In welcher Weise hier Geistiges und Körperliches miteinander verbunden sind, wie es möglich ist, daß beide aufeinander ein wirken, ist uns ein unenthüllbares Geheimnis und nur als in der Erscheinung gegebene Tatsache hinzunehmen. Die andere Abteilung besteht nur in der Nervenmasse, welche dazu bestimmt ist, einerseits mit dem Körper selbst und mit den physikalischen Verhältnissen der Außenwelt, andererseits aber mit jenem Organ des Geistes in Verbindung zu treten und eine Wechselwirkung zwischen diesen beiden Endpunkten zu vermitteln. Diese Ab­teilung umfaßt den Rest des ganzen Gehirns und die Nerven

selbst. Die Nerven werden von außen her zur Tätigkeit an­geregt, und was sie anregt, nennen wir einen Reiz. Als solcher Reiz besteht nun auch für jede einzelne Nervenfaser die in einer andern Nervenfaser bereits angeregte Tätigkeit, und es kommt vielfach vor, daß sich die Tätigkeit eines Nerven, wenn sie nur start genug ist, auf einen oder mehrere Nerven fortpflanzt, welche ursprünglich und unmittelbar gar nicht gereizt waren.

Insbesondere findet dies Verhältnis zwischen den beiden oben erwähnten Abteilungen des Nervensystems statt. So werden 3. B. die Fasern des Sehnerven von den sie treffenden Licht­wellen gereizt, und dieser Tätigkeitszustand pflanzt sich dann auf die Gehirnfasern fort; dem entsprechend entsteht dann im Be­wußtsein die Vorstellung eines äußeren Gegenstandes. Wenn wir einen Freund vor uns sehen, oder uns in der Abwesenheit seiner lebhaft erinnern, so steht beidemale in unserem Bewußt­sein die Vorstellung desselben. Die geringere Lebendigkeit der Vorstellung des abwesenden Freundes von dem des gegenwär tigen, die Möglichkeit, beide Vorstellungen von einander zu unterscheiden, beruht nur darauf, daß die Vorstellung des gegen­wärtigen Freundes von einem entsprechenden Erregungszustande auch im Sehnerven, die andere dagegen nur von der Tätigkeit der Gehirnfasern begleitet ist. Es kann aber die erwähnte Mitteilung des Reizzustandes auch den entgegengesezten Weg nehmen. Durch krankhafte Zustände, mögen dieselben nun liegen, worin sie wollen, und wäre es nur eine Störung in dem Gleich­gewicht der Nervenkraft in den einzelnen Teilen des Nerven­systems, welche leicht durch einseitige Uebung bestimmter Gruppen von Nervenfasern hervorgerufen wird, kann die Tätigkeit der Gehirnfasern, welche die Vorstellung eines bestimmten Gegen­standes begleitet, so lebhaft werden, daß sie sich auf den Seh­nerven fortpflanzt, und sowie dies geschieht, fällt für den Men­schen die einzige Möglichkeit weg, die bloßen Produkte seiner Einbildungskraft von wirklich angeschauten Gegenständen unter­scheiden zu können. Es tritt das ein, was man wissenschaftlich als Hallucinationen oder Sinnestäuschung bezeichnet. Der Mensch sieht Gegenstände mit völliger Lebhaftigkeit und Wahrheit, die gleichwohl nicht vorhanden sind, er hört Stimmen, wo niemand redet, und die Spiele seines eigen Geistes werden ihm auf diese Weise plözlich zu äußern Vorgängen, bei denen er blos ein untätiger Zeuge zu sein glaubt."

In Schottland  , wo die erwähnte sensitive Veranlagung häufig