Färbung und ihren leichten Unterhalt auch außer der Hecke zu den häufigsten und beliebtesten Zimmergenossen erhoben haben. Es gibt freilich Gelegenheit, hier die mannichfaltigsten Tem peramente zu beobachten; man findet unter ihnen lustige, ge­lehrige, müßige und fleißig singende Vögel.

Ihren Gesang muß man durch gute Vorschläger veredeln oder wenigstens rein zu erhalten suchen; zu einem guten Schlage gehört, daß vielerlei angenehme Triller, wenig schmetternde Strophen und die silberhelle Stala einer herabfallenden Oktave gehört werden, daß der ganze Schlag vollständig vorgetragen und nicht zu oft unvollendet abgesezt werde.

Dreihundert Jahre sind verflossen, seit der Kanarienvogel über die Grenzen seiner schönen Heimat, den atlantischen, unter dem Namen Kanaren bekannten Inseln, hinausgeführt und Welt­bürger geworden ist. Der zivilisirte Mensch hat die Hand nach ihm ausgestreckt, ihn verpflanzt, vermehrt, an sein eigenes Schicksal gefesselt, und durch Wartung und Pflege im Verlaufe der Zeiten so durchgreifende Aenderungen an ihm bewirkt, daß wir über dem durch Domestizirung schön gelb gewordenen Vögelchen die wilde, grünliche, unverändert gebliebene Stamm rasse beinahe vergessen haben.

Bezüglich der Rasse unterscheidet man gewöhnlich unter ihnen: Harzer, Brabanter, Brüsseler, Holländer und Trompeter.

Es ist aber besonders die deutsche Rasse, der harzer Kanarienvogel, über dessen Gesang sich Liebhaber und Kenner sehr enthusiasmirt aussprechen. Einen harzer Kanarienroller ersten Ranges zu hören, ist ein wahrer Hochgenuß. Es ist da kein Ton zu vernehmen, der nicht voll und zart, metallisch und wohl tuend für das Dhr mit unwiderstehlichem Reize sich einschmeichelt.

Der Gesang der Harzer ist sehr verschieden, soll ur­sprünglich mit Wassertrillern in verschiedenen Tonarten aus­gebildet worden sein und nur durch gut singende Vögel, welche

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man als Vorschläger für die Jungen benuzt, unterhalten und fortgepflanzt werden. Ihr Gesang besteht in Trillern( Rollen) durch alle Tonarten, Trillern von erstaunlicher Länge, pracht­voller Rundung und Fülle."

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Die feinsten Sänger unterscheidet man in Bogen-, Flöten-, Glocken, Pfeif, Lach , Koller, Lispel, Klingel-, Wasser-, Glucker, Hohl, Knarr, Schnurr- und Baßtriller, tiefe Roller 2c. Das klingelt und trillert und flötet und tutet in den Ohren, wenn man eine Gesellschaft von etwa einem Duzend schlagenden Harzern zusammenhört, daß man förmlich betäubt wird und auf jede andere Unterhaltung gerne verzichtet.

Zur Beurteilung des Kanariengesangs ist es durchaus nicht absolut notwendig, musikalisch gebildet zu sein; ein für natürlichen Wohllaut empfängliches Ohr, sachliche Leitung durch erfahrene Liebhaber und gründliches Abhören namentlich auch fremder, guter Vögel führen verhältnismäßig bald zur Kenner­schaft.

Es soll aber nach all dem vorstehend mitgeteilten nicht gesagt sein, daß nicht auch minder gut singende Vögel ein ganz artiges Konzert ausführen können, sei es auch nur ein Zeisig oder eine Zaungrasmücke.

Man hat bei den Sängern zweiten Ranges nebenbei noch das Angenehme, daß sie fast das ganze Jahr singen, weil ihr leichter Gesang sie nicht anstrengt, sie deshalb auch keines besondern Triebes bedürfen, um ihre Kehlmuskeln zu kräftigen und ihre Gesangeslust zu wecken.

Der Liebhaber des Vogelgesanges mag es deshalb getrost auch mit bescheidenen Sangestalenten wagen, er wird dennoch Befriedigung finden. Er entschuldige seinen minderbegabten Zeisig wohlwollend und denke: S'ist keine ganze Nachtigall, nicht einmal eine halbe, nur schlicht und einfach ist sein Schall, fast so wie einer Schwalbe!"

Eine Pfingstfahrt.

Anfang Juni 1848 schwamm Deutschland in einem Meer von Wonne. Auf allen Straßen sang man:

Ein Frühling ist im Lande, Wie die Welt noch keinen sah; Es zerspringen alle Bande

Und die Freiheit, sie ist da

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und Jung und Alt jubilirte. Die Freiheit" war uns im Schlaf geschenkt worden, denn getan hatten wir eigentlich blutwenig- und taten auch nichts. Das Frankfurter Parlament" teilte die allgemeine Begeisterung die Juniinsurrektion hatte noch nicht ihre düsteren Schatten von Paris herübergeworfen. Und besonders die Volksmänner" der Linken waren trunken von der Luft des wunderbaren Völkerfrühlings".

Der französische General, welcher dem berühmten Reiter angriff der Engländer bei Balaclava( in der Krimm) mit zusah, meinte: Das ist kein Krieg, aber es ist schön."

Und so meinen wir von jener Zeit: Es war keine Politik( fein flares Verständnis der Lage und entsprechen des Handeln), aber es war schön.

Am Sonnabend, 10. Juni, früh 9 Uhr, fuhr Blum mit dem Gros der Linken nach Mannheim . Viele Genossen waren schon vorausgeeilt, manche folgten. In Mannheim begrüßte Izstein die Partei und ward von dieser als Bater' gefeiert.

" Im, Europäischen Hof wurde zu Mittag gegessen, wurden beim goldenen Becher herzliche Empfindungen getauscht. Hier begrüßte eine Deputation aus Neustadt a. d. Hardt die , Männer der Linken', hierher erging von den schönsten Frauen und Jungfrauen Frankenthals eine Einladung, auch diese Stadt zu besuchen. Blum fam dem Verlangen schriftlicher Zusage in der für solche Fälle ziemlich ungewöhnlichen Form des Wechsels nach. Dieser lautete: Dienstag, den 13. Juni, Nachmittag 4 Uhr, liefere ich gegen diesen Solawechsel liebenswürdigen Damen von Frankenthal dreißig Männer der Linken. Mannheim , den 10. Juni 1848. Robert Blum.

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" In Ludwigshafen begann der eigentliche Festzug. Der Bahnhof und viele Häuser waren mit Fahnen geschmückt. Im Deutschen Hause fand ein erhebender Austausch der Gesinnun zu Pfingsten machte die Linke" auf eine Einladung der Neustadt . Auf jeder Station ertönte den Reisenden ein Lebes Mit dem lezten Zug ging der Weg weiter nach dortigen Demokraten einen Ausflug in die herrliche Pfalz, von hoch von der zahlreich versammelten Bevölkerung der Umgegend. welchem Robert Blum in den sächsischen Vaterlandsblättern" In Neustadt war der Empfang wahrhaft großartig: die ges eine lebendige Schilderung entworfen hat, welche uns ganz in sammte Bürgerwehr vor dem Bahnhof aufgestellt, auf dem jene Zeit glücklicher( oder auch unglücklicher- je nachdem man weiten Plaze, der durch Pechkränze erhellt war; der Stadtrat es nimmt) Illusionen versezt. Die Blätter von damals sind jezt nur noch im Besiz sehr Weniger, die meisten überhaupt Böllerschüssen mischten sich in die Klänge der Musik, des an der Spize einer unübersehbaren Volksmenge; hunderte von nicht mehr zu beschaffen, und die Biographie Robert Blums sanges. Blum beantwortete die Begrüßung des Bürgermeisters, durch seinen Sohn Hans, in der jener Bericht abgedruckt ist, hat Jordan die des Bürgerwehrkommandanten; die Bürgerwehr

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in

Unter solchen Umständen glauben wir vielen Lesern der Bewegung nach dem hochgelegenen Schießhaus. Feenhaft wat Neuen Welt" einen Gefallen zu tun, wenn wir die Schilderung die Szene, als bei der Ankunft der Abgeordneten bengalische Robert Blums, die ein psychologisches und historisches Interesse Flammen das Haus und die Bergkette erleuchteten und aus dem Grün der Bäume der kräftige Männergesang erschallte.

hat, nachstehend zum Abdruck bringen: