wache geleitete die Reisenden auf dem Zug nach Dürkheim  . Zweimal wurde derselbe unterbrochen, in Moßbach  , wo Drts behörden und Bürgerwehr sich aufgestellt hatten und die Reisen den mit einem Ehrentrunke begrüßten, und in Deidesheim  , wo ein gleiches geschah. An beiden Orten waren wieder wahr An beiden Orten waren wieder wahr hafte Massen Volkes versammelt, es wurden mehrere Reden gewechselt und besonders rief man Blum stürmisch auf den Tisch, der als Rednertribüne diente. Der Menschen Herzlichkeit und Freundlichkeit und der unvergleichlich kostbare Wein fesselten die Reisenden ziemlich lange, und so geschah es, daß sie erst spät, aber in der heitersten Stimmung nach Dürkheim   kamen, wo sie der Bürgermeister und der Obrist der Bürgerwehr ebenso herz­lich, als das dichtgeschaarte Volk jubelnd begrüßten. Ein Abend essen in den, Vier Jahreszeiten' machte dem Tage ein Ende; hunderte von Zuhörern drängten sich im Saale   selbst und auf den Galerien, denen der Raum die Teilnahme nicht mehr ge­stattete. Auch hier wehte dieselbe freie, schwunghafte, kräftige Gesinnung, welche die Pfälzer so ehrenvoll auszeichnet und die sich auf der ganzen Reise so vielfach ausgesprochen hatte. Hier erstattete Vogt einen prophetischen Bericht über die Reise, wie ihn die( reaktionäre), Deutsche Zeitung' wahrscheinlich erstatten wird, der eine wirklich erschütternde Wirkung hervorbrachte.

" Der Vormittag des Dienstag war einem Besuche der

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Limburg  , den herrlichen Ruinen einer Kirche und eines Klosters, gewidmet. Dort hatte sich eine große Volksmenge aus Dürk heim und der Umgegend gesammelt, Freudenschüsse und eine Parade der Bürgerwehr empfing die Gäste, und das weite Schiff der Kirche, am Boden jezt mit grünem Rasenteppich geschmückt, gedeckt nur von der azurblauen Himmelswölbung, diente zum Sammelplaze für das Volk; von einer gefallenen Säule der alten Kirche und der alten Sazung wurde das neue Evangelium des Lichts und der Freiheit verkündet. Hier wie schon früher hörte man mit besonderer Teilnahme den jugend­lichen Giskra( den spätern Trinkgelder- Minister), welcher mit lebendiger Einbildungskraft die Berge, den Himmel, schöne Mädchen, Wein und Freiheit zu einem glänzenden Bilde zu verweben wußte. Geleitet von der Bürgerwehr und dem ver­sammelten Volke zogen die Gäste nach mehrstündigem Aufenthalte wieder bergabwärts und fuhren nach eingenommenem Mittags­essen in den, Vier Jahreszeiten unter herzlichem, tausendstimmi­gen Lebewohl von den schönen Bergen ab und dem Rheine   zu."

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Wie rasch die Sonne, welche dieser Pfingstfahrt geleuchtet, unterging in Nacht und Schrecken, wissen wir alle. Robert Blum  , der gefeierte Führer, besiegelte den schönen Wahn jener Freiheitsschwärmerei fünf Monate darauf mit dem Tode durch Pulver und Blei.

Napoleon   und sein Stern.

Von Wilhelm Blos  .

Als Cäsar im Kriege gegen Pompejus   von Brundusium nach Pharsalus   überfuhr, ward er auf offenem Meer von einem heftigen Sturm überfallen. Der Führer der kleinen Barke, die den gewaltigsten Römer trug, ward von Furcht ergriffen. Cäsar aber, um ihn zu ermutigen, sprach zu ihm: Du führst den Cäsar und sein Glück!" Der Führer faßte Mut und sie gelangten glücklich zum Ziel.

Wie Casar, so glaubte auch Napoleon   an sein Glück, das seine Anhänger als seinen" Stern" zu bezeichnen pflegten. Napoleon   selbst hatte sich an diesen Stern, der bei Leipzig   und Waterloo   blutig unterging, so sehr gewöhnt, daß er noch auf St. Helena   erwartete, derselbe werde wieder strahlend aufgehen. Der Sieger in so vielen Schlachten hatte sich zulezt in eine solche abergläubische Verehrung gegen die Größe seiner eigenen historischen Mission" hineingearbeitet, daß er, wenn ein Komet sichtbar wurde, diese Erscheinung des Sternhimmels auf seine Person bezog. Damit verband er allerdings noch den durchaus praktischen Zweck, seine Person in den Augen seiner Anhänger größer, seine Eigenschaften wunderbarer erscheinen zu lassen. Dies gelang ihm sehr gut. Als dem Marschall Lannes   bei Aspern   die Beine zerschmettert wurden und die Aerzte ihn aufgaben, ließ er Napoleon   rufen, als ob er glaubte, daß dieser ihm helfen könne.

Die ganze Laufbahn Napoleons   beweist, daß sein Glück und sein Stern" ihm außerordentlichen Vorschub geleistet, daß aber nicht minder die allgemeinen Verhältnisse sich so gestaltet haben, um ihm den großen Aufschwung vom Artillerielieutenant zum Kaiser der Franzosen zu ermöglichen. Sein Glück bestand eben darin, daß er immer auf dem Plaze erscheinen konnte, wenn die Verhältnisse den richtigen Moment für sein Eingreifen geschaffen hatten.

Napoleon Bonaparte   steht an der Spize jener langen Reihe von genialen und talentvollen Menschen*), welche die große fran­

*) Es ist merkwürdig, wie viel berühmte und große Namen das Jahr 1769, das Geburtsjahr Napoleons  , aufzuweisen hat. In diesem Jahre wurden geboren Saint- Just  , Ney, Lannes  , Wellington  , Ernst Moriz Arndt, Alexander von Humboldt  , Cuvier  , Castlereagh   und andere berühmt gewordene Männer, ein Umstand, der für die Napoleonische Legende genau so ausgebeutet worden ist, wie die( unverbürgte) Ueber­lieferung, Napoleon   sei von seiner Mutter auf einem Teppich geboren worden, auf dem eine Darstellung der trojanischen Kämpfe eingewebt

gewesen.

Lb.

zösische Revolution einem scheinlosen Dasein entriß und zu den Höhen der Gesellschaft mit ihrem mächtigen Schwung emportrug.

Was aus Napoleon   geworden wäre, wenn seine Lebensdauer nicht in die Zeit der größten Umwälzung der ganzen neueren Geschichte gefallen wäre, darüber zu streiten wäre müssig; doch darf man als zweifellos annehmen, daß seine Laufbahn eine bei weitem nicht so außerordentliche gewesen wäre in ruhigen Zeiten. Im langweiligen und ertötenden Warten auf das reglementsmäßige Emporsteigen im Dienst und in der Dede des Garnisonslebens wäre dieses mächtige Genie möglicherweise ganz erstickt worden; im Donner der Schlachten und in den Erschütterungen einer umfassenden Staats- und Gesellschafts­umwälzung mußte die militärische und staatsmännische Beau­lagung eines Bonaparte bald glänzend hervortreten. Ohne die große Revolution wäre er möglicherweise als Artilleriehauptmann gestorben; die revolutionären Ereignisse aber bereiteten ihm den Weg zum Tron eines Kaisers der Franzosen  . Vielleicht die außerordentlichste Laufbahn der ganzen Weltgeschichte.

In den ersten drei Jahren jener großen Bewegung sah sich Napoleon   in untergeordnete Stellungen gebannt, erfüllt von ehrgei zigen Träumen und glühender Sehnsucht nach Ruhm und Macht. Während Mirabeau  , Barnave  , Lafayette, Petion  , Danton  , Robespierre   schon berühmte Namen waren, trieb sich der fünf­tige Beherrscher Frankreichs   in den kleinen Parteifämpfen seiner Heimat Korsika umher. Die rein bürgerliche, konftitutionell demokratische Bewegung, die in der Verfassung von 1791 gipfelte, schien zu ruhigen und gesicherten Zuständen führen zu wollen. Die Revolution hatte die mittelalterlichen Fesseln abgestreift, die Vorrechte des Feudalismus zerbrochen, der emporstrebenden Bourgeoisie freie Bahn geschaffen und das Königtum mit demo fratischen Institutionen umgeben. Die Verfassung von 1791 sollte die Dauer des neuen Zustandes garantiren.

Die feudalen Vorrechte waren verhältnismäßig leicht bes seitigt worden, weil sich in der Tat die ganze französische   Nation gegen dieselben erhoben hatte. Eine solche Umwälzung, wie die Abschaffung der Feudalrechte in der Nacht des 4. August 1789, konnte nur durch eine nationale Begeisterung hervorgerufen werden. Der konstitutionelle Gedanke war zur nationalen Bewegung ges worden; mit der Verfassung von 1791 blieb diese Bewegung stehen, weil die Mehrheit des Volkes nicht weiter dachte. Der Begriff dritter Stand" umfaßte damals, wenigstens äußerlich