,, Du, ich laufe davon,

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Er sah mich lachend an.

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" Du hast gut lachen, ich bin wahnsinnig verliebt Wenn ich nicht davonlause, bin ich tolldreist genug, eine Liebeserklärung zu riskiren."

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so

" Weil du ein Hasenherz bist und nicht frank und frei eine Liebeserklärung ristiren willst, möchtest du davonlaufen, steht's, Alter."

Aber ich kann doch unmöglich um das reiche, bildschöne Mädchen freien, ich armer Schlucker, der ich heute die Familie zum erstenmmal sehe."

" Torheit! rede ein offenes Wort mit dem Mädchen deiner Liebe. Ich werde dafür sorgen, daß ihr auf einige Augenblicke unbeachtet seid. Dann fassest du die Gelegenheit beim Schopf; also, Rudolf tu's, du weist, die Hasenherzen mag ich nicht leiden

"

Er hatte eine wunderbare Geschicklichkeit, eine ganze Ge­sellschaft zu beschäftigen. Bald hatte er alle um sich lachend

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und disputirend versammelt,

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die Erwachsenen und die Kinder. Nur um Helene fümmerte er sich nicht und um mich nicht. Die Gelegenheit war da. Alles Blut drängte mir zu Kopf. Aber ich nahm mich zusammen. Es war der schwerste Ent­schluß meines Lebens.

Was ich gesagt habe, wußte schon im Augenblick nachher Helene nicht und ich nicht. Was sie geantwortet hat, ebenso­wenig, aber daß wir uns dann einen furzen, unbeschreiblich wonnigen Moment in den Armen lagen, daß ich eine Träne von ihren Wangen füßte und daß ich den ganzen Abend, un­bekümmert um das nicht mehr weichende Lächeln der andern, nicht mehr von ihrer Seite wich, das werden wir beide bis an unser Lebensende nicht vergessen.

Seit zwei Jahren bin ich festangestellter Gymnasiallehrer und seit anderthalb heißt Helene Harst Helene Rudolf. Und ich bin seit anderthalb Jahren im Himmel, den ich mir wohl durch das Fegefeuer am Tage meines Sturzes verdient habe.

Merkwürdige Vogelarten.( Illustration S. 476 1. 477.) So viele und so umfassende naturgeschichtliche Werke auch schon existiren, so ist doch jedes neue gute Werk in diesem Fache mit Freuden zu begrüßen. Denn wenn auch meistens nur schon bekannte Dinge berichtet werden, so ist doch gewöhnlich in der Klassifizirung und Einteilung manches neue vorhanden und die Auffassung des einzelnen Naturforschers in ihrer Eigenartigkeit dient immer dazu, die Kenntnisse des Publikums zu bereichern. So liegt vor uns die in Hesten erscheinende llu­strirte Naturgeschichte der Tiere," herausgegeben von Ph. Leop. Martin,( bei Brodhaus in Leipzig  , Berlin   und Wien  ), ein interessantes und lehrreiches Werk. Wir bringen nach demselben die Abbildung zweier merkwürdigen Vogelarten, des sogenannten Ofen- oder Töpfer­vogels und des dickschnäbligen Pfefferfressers oder Tukans. Beide Vogelarten halten sich in Mittel- und Südamerika   auf.

Der rostgelbe Töpfervogel( furnarius rufus), auch Ofenvogel und Lehmhans genannt, hat von jeher die Aufmerksamkeit der Natur­ferscher erregt durch die merkwürdige Art und Weise, wie er sein Nest baut und woher er auch seinen Namen hat. Dieser Vogel wohnt komfortabler als die meisten seiner gefiederter Genossen. Denn während diese in einem und demselben Raum wohnen, schlafen und brüten, gestattet sich der Töpfervogel den Lurus abgesonderter Gemächer, wie auch auf unserer Abbildung zu sehen ist. Diese Wohnung ist etwa einen Fuß hoch und es wird dazu ein geeigneter Bauplaz auf einem horizontalen Aste ausgesucht. Das Nest wird aus Lehm errichtet, den der gefiederte Töpfermeister sich in einzelnen Ballen herbeiholt und den er mit seinen Füßen zurechtknetet und zurechtstampft. Den Eingang teilt er durch eine Scheidewand kunstgerecht ab, so daß rechts und links ein halbkreisförmiger Eingang vorhanden ist. Rechts befindet sich das weich ausgefütterte Brut- und Schlafgemach, links die Wohnstube. Diese Vögel sind von großer Kedheit und lassen sich nicht leicht ver­scheuchen; sie verteidigen sogar ihr Nest gegen den Menschen mit großem Lärm. Buweilen führen sie ihre funstreiche Wohnung auch auf den Dächern der Häuser auf. Sie leben von Insekten. Der Töpfervogel ist etwa so groß wie der Staar und lebt hauptsächlich in Brasilien  . Die Farbe ist rostgelb, an einigen Stellen braun mit weißen Flecken. Er gehört zur sechsten Familie der Klettervögel.

Die Tutane oder Pfefferfresser gehören zu den seltsamsten Spielarten, die sich in der reichen und bunifarbigen Vogelwelt der Tropenländer vorfinden. Das Eigentümliche dieser Vogelart ist der ungeheure Schnabel, welcher bei den meisten Arten die Länge des ganzen Rumpfes erreicht. Die groteske Gestalt dieser Tiere ist in die grellsten Farben der tropischen Länder gekleidet; der Schnabel ist bei den hier abgebildeten Arten scharlach- oder orangefarbig, das Gefieder am Körper und die Federn des Schwanzes sind teils schneeweiß, teils grellrot. wird Der große Tukan die mittlere Figur auf unserem Bilde etwa 57 Centim. lang; der Schwanz mißt 14, der Schnabel 18 Centim. Diese Vögel halten sich meist in den Urwäldern Mittel- und Süd­ amerikas   auf; der große Tufan( Rhampsastus toko) fommt von Zen­ tralamerika   bis Paraguay   vor; der rotschnäbelige Tukan findet sich mehr in Bresilien und Guyana   und ist etwas kleiner als die vorge­

nannte Art.

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Dieser Vogel hält sich meistens auf Bäumen auf und kommt nur jelten zur Erde. Ueber seine Ernährung ist man noch nicht ganz im flaren; neuere Beobachtungen scheinen indessen mit ziemlicher Sicherheit ergeben zu haben, daß der Tutan sich nicht mit Pflanzenkost begnügt, sondern auf die Eier und die Jungen kleinerer Vogelarten Jagd macht. Mehrere Naturforscher bestätigen, daß sich in dem Wagen der erlegten Tufans häufig Reste animalischer Nahrung vorfinden, wenn auch die Pflanzennahrung bedeutend überwiegt. Auf kleine Eidechsen und kleine Fische wird von den Tukanen eifrig Jagd gemacht. Der Umstand, daß

fleinere Vögel zur Brutzeit eine auffallende Aengstlichkeit vor dem Tukan an den Tag legen, dürfte weiterhin bestätigen, daß der Inhaber des großen feuerroten Schnabels kein harmloser Vegetarier ist. Der eigentümliche melancholische Ruf des Tukan ist im Urwald weithin ver­nehmbar; gewöhnlich findet sich eine größere Gesellschaft von Tufans zusammen, bei denen einer, und zwar der am höchsten sizt, den Vor­fänger macht, den die anderen abwechselnd begleiten.

Der bunte und reiche Federschmuck dieser Vögel hat ihnen selbst= verständlich unermüdliche Nachstellungen bereitet; die Eingeborenen scheinen auch an dem Fleische derselben viel Wohlgefallen zu finden. Die eingeborenen Stämmen verfertigten früher aus diesen prächtigen Federn die bekannten indianischen Kopfschmucke und zuweilen auch ganze Mäntel; als die Spanier zuerst in Südamerika   vordrangen, waren sie hocherstaunt über die Pracht der Mäntel, die man aus den Federn des Tufan angefertigt hatte. Heute wird höchst selten noch ein Kopfschmuck ( Kopfbinde) aus den Federn des Tukan angetroffen. Durch das viele Nachstellen ist die Zahl der Tukans mit der Zeit eine sehr beschränkte geworden und die Eingeborenen töten daher den Tukan nicht gern, sondern schießen ihn mit schwach vergifteten Pfeilen und lassen den Vogel wieder fliegen, nachdem sie ihm die bunten Federn ausgezogen haben. Die Europäer verfahren weniger schonend und so hat die Re­gierung von Guyana   ein Gesez zum Schuze dieser Vögel erlassen müssen. Bl.

Ströbed.( Illustration S. 480-481.) Von diesem kleinen Dorfe, das im Kreise Halberstadt   liegt, und etwa 1000 Einwohner zählt, würde man sicherlich nur sehr wenig wissen und es würde kaum der Erwähnung für wert gehalten werden, es sei denn in den Steuer- und Wahllisten des preußischen Staats, wenn dies Dorf nicht eine Eigen­tümlichkeit aufwiese. Ströbeck   ist nämlich allen anderen Orten der Erde in einer Beziehung voraus; nirgend sonst wird im Verhält= nis das Schachspiel so eifrig kultivirt wie in Ströbeck  . Dort spielt jedermann Schach, Männlein und Weiblein, und die Gemeinde sorgt dafür, daß dieser Brauch nicht aussterbe, denn alljährlich findet unter den Schulkindern zu Ströbeck   ein Schachturnier statt, zu welchem 48 Kinder ausgewählt werden, die sich im Schachspiel am besten be­währt. Die sechs besten Spieler erhalten ein funstvoll gearbeitetes Schachbrett, sie werden wie im Triumph nach Hause gebracht und ihnen zu Ehren wird ein kleines Fest gefeiert. Daß es das höchste Streben eines jeden jungen Ströbeckers ist, in diesem Schachturnier den Lorbeer davon­zutragen, ist selbstverständlich; im übrigen bildet dieses Turnier, auf das sich alle fleißig einüben, die junge Mannschaft zu streitbaren Kämpen auf dem Schachbrett heran.

Wie das edle Schachspiel zu Ströbeck   zu solch allgemeiner Kul­tivirung gelangt, darüber besteht nur eine Sage, welche berichtet, daß ums Jahr 1100 ein Wendenfürst in einem noch vorhandenen Turm, der heute der Schachturm heißt, gefangen gesessen habe. Man habe ihn durch diese Gefangenschaft zum Christentum befehren wollen. Dem Gefangenen sei dabei die Zeit etwas lange geworden und so habe er seine Wächter Schach   spielen gelehrt, um sich mit ihnen die Zeit vertreiben zu können. Auf diesem Wege habe sich das Schachspiel in Ströbed eingebürgert. An Urkunden besizt übrigens die Gemeinde aus jenen Zeiten nichts. Wohl aber besizt sie ein Schachbrett, das ihr der große Kurfürst Friedrich Wilhelm gewidmet hat und auf dessen Widmungsschrift die Kunstfertigkeit der Ströbecker im Schachspiel an­erkannt ist. Dieses Schachbrett befindet sich seit 1651 im Besize der Gemeinde Auch der alte Friz" hat in Ströbeck Schach   gespielt; der König, der auf dem strategischen Schachbrett so Manchen matt gesezt, wurde von einem ströbecker Bauer im Schachspiel besiegt. Man sagt,