er habe jedes Jahr einen Gesandten nach Ströbed geschickt, der mit dem Schulzen Schach   spielen mußte. Gewann der Schulze, so war das Dorf für ein Jahr von allen Abgaben frei. Ob dies wirklich so war, wissen wir nicht; wenn es der Fall war, so war es eine über­flüssige Sache, denn Ströbed ist sehr reich und andere Dörfer hätten den Steuernachlaß nötiger gehabt.

Im Gasthof zum Schachspiel" in Ströbed fann jeder Fremde sich mit den Einwohnern messen; er muß aber sehr gut beschlagen sein, wenn er nicht unterliegen will. Daselbst bewahrt man auch das Schach­brett auf, auf welchem der alte Frig" besiegt worden ist.

Eine merkwürdige und interessante Erscheinung, diese schachberühmte Gemeinde, die jedenfalls damit das Gute erreicht hat, daß ihre männ­lichen Mitglieder nicht beim Schafskopf" oder Sechsundsechszig" ver­simpeln, wenn sie freie Zeit haben. Bl.

Das Nordkap.( Illustration S. 485.) Wie von einer düsteren und zerrissenen Phantasie ausgedacht, erscheinen dem Beschauer die felsigen und zadigen Küsten Norwegens   mit ihren mächtigen Fels­blöcken und tiefeinschneidenden Buchten, den schmalen Fjorden. Mäch­tige Gebirge, in der Höhe von bis zu 2000 Meter über dem Meeres­spiegel, türmen sich hier auf; um ihre Stirnen heulen die rauhen Stürme des Nordens und zu ihren Füßen braust, tost und schäumt die wilde Brandung des Meeres. Die Felsen bilden die wunderbarsten Gestaltungen, als hätte die Natur, indem sie diese starren Massen formte, ihren bizarrsten Launen nachgegeben. Auf diesen Felsen, die nur spärliche Mittel zur Erhaltung bieten, haust ein harter und wetter­fester Menschenschlag, der sich nicht sehr zur Unterdrückung eignet, wie die Dynastie Bernadotte   noch unter der Regierung ihres Gründers erfahren mußte, und der unbeugsam wie seine Felsen auf seine alten und verbrieften Rechte trozt.

Je weiter man nach Norden kommt, desto öder und einsamer wird das Land, desto unwirtlicher recken die düsteren Felsmassen ihre viel­gezadten Häupter in die Wolken hinein. Die menschlichen Wohnstätten werden seltener und der Wanderer sieht sich allein mit den Seevögeln, welche schnatternd und kreischend die Felsen zu tausenden besezen und dort ihre Heim- und Brutstätte mitten unter dem Brausen der Bran­dung haben, die sie mit ihrem weißen Gischt besprizt. Die nördlichste Stadt in Norwegen  , zugleich auf der ganzen Erde, ist Hammerfest  , ein Ort, der noch nicht 3000 Einwohner zählt, aber als wichtige Station der Linie nach dem Eismeer großen Handel und ausgedehnte Ver= bindungen hat. Nördlich von Hammerfest, das selbst auf einer Insel liegt, erhebt sich aus dem Meere die öde Insel Magerö. Der nörd­lichste Punkt dieses einsamen Eilands ist das Nordkap  .

Das Nordkap   gilt als der nördlichste Punkt Europas  , ist es genau genommen indessen nicht. Das Nordkap   ist aber der bekannteste und auffallendste Punkt in jenen einsamen Regionen.

Gegenwärtig wird das Nordkap   sehr viel von Reisenden besucht, während früher nur einzelne Seefahrer dahin gelangten. Die Holländer scheinen sich eine zeitlang hier in der Nähe festgesezt zu haben; sie wurden indessen von der Hansa verscheucht. Heute fahren die Touristen gewöhnlich in einem Boot von Hammerfest   nach dem von da noch etwa 32 Kilometer entfernten Nordkap  . Der Anblick jener nordischen Küste soll ein ungemein interessanter und imposanter sein. Großartig aber erscheint jene Gegend, wenn man sie in den zwei Monaten besucht, während deren die Sonne nicht vom Himmel verschwindet. Die Sonnen­scheibe schaut dann glühendrot vom Firmament und übergießt die ganze düstere Felsenregion und das Meer mit einem roten Schimmer. Die Wogen brechen sich mit regelmäßiger Wiederkehr an dem zackigen Gestein, die Möven schreien dazu und im übrigen herrscht eine Ruhe und Ein­samkeit, die Angesichts dieser gewaltigen Natur überwältigend auf den Menschen wirkt. Die Pracht dieser Farben und die Majestät der in Glut getauchten Felsmassen zu schildern ist die Feder zu schwach, wie denn auch alle, die jemals den Anblick des Nordkap   in einer nordischen Sommernacht genossen, der Bewunderung voll sind. Bl.

Die große Seeschlange wird von der Sommerhize in der Zeit der ,, sauren Gurken" wieder zu neuem Zeitungsleben erweckt werden. Wir wollen ihr zuvorkommen und erzählen, was das Ungeheuer im Jahre 1818 schon für Unglück angerichtet hat.

Im Jahre 1818 sollte sich in Gloucester bei Boston   eine ungeheure Seeschlange gezeigt haben. Die Linnésche Gesellschaft nahm die Sache

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sehr ernst und ernannte ein Komité, in dessen Auftrag der Friedens­richter von Gloucester eidliche Aussagen von Augenzeugen aufnahm. Wir geben hier die Aussage eines Schiffszimmermanns. Derselbe hat ausgesagt und beschworen:

" Ich, Mathias Goffney, Schiffszimmermann, fage aus und be­fräftige. Am 14. August, zwischen 4 und 5 Uhr Nachmittags, erblickte ich im Hafen ein seltsames Seetier, das einer Schlange glich. Ich befand mich in einem Boote, etwa 30 englische Fuß davon. Sein Kopf schien so dick als ein Faß von 4 Gallonen, sein Leib als ein fleines Faß und der Teil, den ich sehen konnte, war mindestens 40 Fuß lang. Der Kopf war oben dunkelbraun, unten fast weiß, wie auch der untere Teil des Körpers, den ich gewahr werden konnte. Ich schoß nach ihm. Ich hatte eine gute Flinte und zielte richtig. Sobald ich geschossen hatte, drehte es sich nach uns, und ich glaubte, es würde auf uns losgehen, allein es tauchte unter, passirte gerade unter dem Boote und kam 100 Klafter weiter wieder zum Vorschein, wo wir es aus den Augen verloren. Es tauchte nicht unter wie ein Fisch, son­dern schien senkrecht wie ein Stein hinabzusteigen. Ich habe das Tier öfter gesehen, aber nie so deutlich als an jenem Tage. Seine Be wegung war die einer Raupe. In 2 bis 3 Minuten durchlief es eine Meile. Seine Haut schien glatt zu sein. Furcht ließ es nach dem Schusse nicht blicken, sondern spielte auf dem Wasser wie zuvor."

Der Friedensrichter von Gloucester beschwor, daß die Seeschlange 80 bis 100 Fuß lang sei.

Man nannte auf diese Berichte hin das neue Seeungeheuer At­

lanticus.

Uebrigens sei nicht unerwähnt, daß um diese Zeit eine Reise Münchhausens nach dem Nordpol  " veröffentlicht wurde, in der die See­schlange auch eine Rolle spielte. Doch war Münchhausen bescheidener als der Friedensrichter von Gloucester; er gab ihre Länge nur auf 60 Fuß an.

Bl.

Ueber den Kohlensäuregehalt des Bieres. Kohlensäurereiches, staif moussirendes und Schaum haltendes Bier erhält man nach Th. Langer nur bei Verwendung einer an Maltose reichen Würze mit genügenden Mengen von Peptonen und einer guten kräftigen Hefe, von welcher ein entsprechender Teil mit in das Lagerfaß kommt. Erforderlich sind ferner ein nicht zu hoher Vergährungsgrad, möglichst tiefe Kellertemperatur, mäßiges Spunden, vorsichtiges Abziehen und Spundvollmachen der Fässer bei Verwendung möglichst dicht und gut schließender Spunde, ferner die Verhütung höherer Temperatur beim Biertransport vom Lagerfeller weg, fühle Lagerung des Bieres beim Wirt, rasches Ver­zapfen des Bieres mittels Holzpipe und Verwendung gut aufgefrischter Trinkgläser. So teilen sich Brauer und Wirt in die zu lösende Auf­gabe; der eine sorgt für die Erzeugung, Absorption und Konservirung der Kohlensäure im Biere und der Wirt behandelt das Bier beim Liegen, Anzapfen und Ausschenken unter möglichster Schonung des Gasgehaltes. ( Allgemeine Zeitschrift für Bierbrauerei", 1882, S. 4.)

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Rebus.

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Auflösung des Rebus in Nr. 18:

Verschwenden ist kein Laster, sondern eine Torheit.

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Juhalt: Vom Baume der Erkenntnis. Roman von J. Zaded. Fortsezung.) Pfingstgewitter. Gedicht von May Vogler.- Aus Indien.( Mit Jllustration.)- Die Musik in der Vogelwelt. Von Friedrich Omeis. Eine Pfingstfahrt. Napoleon   und sein Stern. Von Wilhelm Blos  . Im Fegefeuer. Humoristische Erzählung von B. Rudolf.( Schluß.) Merkwürdige Vogelarten.( Mit Illustration.)- Ströbed.( Mit Illustration.) Das Nordkap.( Mit Illustration.) Die große Seeschlange. Ueber den Kohlensäuregehalt des Bieres. Rebus. Redaktionskorrespondenz. Gemeinnüziges. Mannichfaltiges. Humoristisches.

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Verantwortlicher Redakteur Bruno Geiser   in Stuttgart  . Redaktion: Fangelsbachstraße 32.- Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart  . Drud und Verlag von J. H. W. Dieß in Stuttgart  .

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