ihrer Entstehung heimisch ist, liefert stellenweise geradezu muster­gültige Erzeugnisse. Ich will die Spezialität der Franzosen in ihrer pâte tendre nicht so hoch anschlagen, wenn ich auch gerne zugebe, daß ihre Produkte sehr bestechen. Im Punkte des Dekorirens sind England und Frankreich gerade jezt wieder auf einem Wege, der es uns besonders leicht macht, auf dem Markt zu erscheinen. Aber wir dürfen nicht etwa dabei denken, in fremden Ländern die Abnehmer für zweite und dritte Dua lität zu finden. Ein Studium der Anforderungen des auswärtigen Marktes dürfte hier empfohlen werden, um mit Erfolg deutsches Porzellan zu exportiren. Freilich ist nicht außer Acht zu lassen, daß manches Absazgebiet, z. B. der Vereinigten Staaten von Amerifa uns mehr und mehr durch eigenes Fabri­ziren verschlossen wird."

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Wir sehen, der Sachverständige Seelhorst ist genötigt, den Vorwurf der Unsolidität und Unreellität, welche leztere feines­wegs selten in direktem Betruge gipfelt, fast überall zu wieder­holen, und zu diesem Vorwurfe gesellen sich noch zwei andere, einmal der, die eine Art der Produktion halte mit den Zeit­bedürfnissen nicht überall da, wo es nötig sei, Schritt, und dann noch der, jedenfalls auf die gesammte deutsche Produktion aus­zudehnende, daß man bis jezt ein Studium der Anforderun gen des auswärtigen Marktes und ich glaube mit vollster Berechtigung hinzufügen zu können: des heimischen Marktes nicht minder versäumt habe.

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Und diese beiden lezteren Fehler sind Kardinalfehler, an denen die Industrie eines ganzen Landes sehr wohl zugrunde gehen kann. ( Schluß folgt.)

Siamesische Musikanten.( Illustration S. 501.) Jedes Bolk hat sein besonderes musikalisches Gehör und bei fast allen läßt sich an der Ausbildung ihrer musikalischen Fähigkeiten der Grad ihrer Kultur­entwidlung erkennen. Wenn man die moderne europäische Musik in einen Vergleich stellt zu dem Schlachtgesang der Indianer oder Kaffern oder gar zu den Gesängen der Papuas und der Australneger, so wird das einleuchtend sein, wenn auch die europäische Musik einen solchen Vergleich nicht verdient hat. Auch bei Völkern, die sonst eine ziemlich hohe Kulturstufe erreicht haben, liegt manchmal die Musik im Argen, wie z. B. bei den Chinesen, deren Konzerte bei dem Europäer einen ähnlichen Eindruck zu hinterlassen pflegen wie jene Aufführungen, die man bei uns als Kazenmusik bezeichnet. Die Musiker, die unser Bild uns zeigt, find Siamesen. Die nicht grade anmutigen Physiognomien sind etwas einnehmender als die typischen Gesichter der Chinesen, und die Instrumente zeigen eine gewisse Ausbildung, die noch auf weitere Ausbildung hoffen läßt.

Von den vielen Musikinstrumenten des Orients ist keines so ver­breitet und auf den Fremden von so sonderbar angenehmer Wirkung, als das Gamelang. Die Basis ist aus schwerem und hartem Holz, sehr oft aus Ebenholz gebaut, hat mehrere Fuß im Durchmesser, worauf eine Anzahl von freisförmig placirten Metallhohlkugeln oder Bronze­gefäßen befestigt, die wohl ganz hohl aber vollkommen geschlossen sind und mit Schlägeln geschlagen werden. Damit die Tonstufung erreich­bar sei, wird unten und an der Seite der Gefäße so viel Damarwachs angeklebt, als eben zur Erlangung des betreffenden Tones notwendig ist. So werden die 24, zuweilen auch 30 Gefäße, in 4-5 Oktaven und meist so korrekt gestimmt, daß selbst das Ohr des musikverstehenden Europäers nicht beleidigt wird. Das Gamelang wird als Soloinstru­ment wohl nirgends benuzt, sondern in der Regel mit anderen In­strumenten kombinirt. Da das Gamelang auch in Cochinchina, Tonkin, Hüen, Gambodgia, auf der Halbinsel Malakka , auf Sumatra und Java verbreitet ist und allda das Lieblingsinstrument bildet, so findet man es an verschiedenen Orten auch mit sehr verschiedenen anderen Instru­menten kombinirt. Wenn ein solches Gamelang, als kombinirte Musik, gut organisirt und gut eingeübt ist, wie man das bei den siamesischen Bornehmen und den javanischen Großwürdenträgern häufig antrifft, so bietet es nicht nur einen eigentümlich reizenden Musikgenuß, sondern auch einen ganz bemerkenswerten Anblick. Wenn die Orientalen die Schönheit und die Macht des Gamelung dem Fremden zeigen wollen, so beginnen sie das Konzert in der Regel mit einem tiefmelancholischen Stücke; erst wird die Melodie von den Guitarren und Geigen geführt, während das Gamelang in außerordentlich raschen Läufen die Beglei tung besorgt, und die trommelartigen Instrumente den Baß dazu liefern. Gegen Ende des Stücks wiederholt sich das Lied in solchen Variationen, daß das Gamelang die Führung übernimmt, und dann wieder mit einigen kleinen Trommeln unisono die Melodie führt. Eine folche Schlußvariation hat ein so rasend rasches Tempo und pflegt so erregend zu wirken, daß man tätsächlich das Blut rascher zirkuliren und sich wie zum Tanz aufgemuntert fühlen muß. Die Wirkung ist eine so außerordentliche, daß wer ein gutes Gamelang je gehört, diese Musik wohl nie im Leben aus dem Gedächtnis wird wischen können, denn noch nach vielen Jahren und so oft die Erinnerung daran wiederkehrt, wähnt das Ohr wie Sphärenklang wol immer noch die wunderbaren Zaubertöne zu vernehmen.

Bl.

Allgemeine deutsche Ausstellung für Hygiene und Rettungswesen zu Berlin 1882, 83.( Illustration f. Seite 504-506.) Wer Berlin feit längerer Zeit nicht gesehen hat und heute in die Nähe des Lehrter Bahnhofes kommt, der wird erstaunen über die großartige Veränderung, die sich seinen Blicken darbietet. Denn hinter dem alten und langsam außer Gebrauch fommenden Lehrter Bahnhofe befinden sich die Räume, in denen die Allgemeine deutsche Ausstellung für Hygiene und Rettungs­wesen Plaz gefunden hat. Ein mächtiges Territorium in Gestalt eines Halbkreises, dessen eine Seite sich weit gegen die Vorstadt Moabit

hinaus erstreckt, ist von den Gebäuden bedeckt, welche den Zwecken der Ausstellung dienen. Das Ganze macht einen großartigen Eindruc durch die Zahl sowohl der Gebäude und Anlagen, wie durch deren Ausführung.

Zwei schöne und breite Treppen führen in die für die Ausstellung bestimmte Umfriedigung, die man als einen Garten bezeichnen könnte. Zwischen den Treppen ist eine lautrauschende Kaskade angebracht, die eine angenehme Kühlung verbreitet. Auf einem herrlichen Rasen, der von breiten Kieswegen und gewundenen Pfaden durchschnitten ist, er= heben sich die verschiedenen Baulichkeiten, von denen natürlich der eigentliche Ausstellungspalast die bedeutendste ist. Aber außer diesem Balast sind noch eine Menge sehr schöner und interessanter Gebäude vorhanden, und zwar beziehen sich viele von ihnen nicht auf Aus­stellungszwecke selbst, sondern sind zur Erfrischung und zum Vergnügen der aus Nah und Fern zu tausenden herbeiströmenden Besucher ein­gerichtet. Berühmte Firmen Berlins haben hier Restaurationslokale eingerichtet, in denen so ziemlich alles zu haben ist, was die Hauptstadt an fulinarischen Genüssen in solchen Lokalen zu bieten pflegt. Daß die Preise besonders billig seien, könnte man nicht in allen Fällen sagen, allein das ist bei solchen Ausstellungen nicht ungewöhnlich.

Unser Bild kann natürlich nur einen Teil der ganzen Ausstellung darstellen. Wir beginnen zunächst mit dem eigentlichen Ausstellungs­palaste, der sich als eine Art von Pavillon in modernster Form vor­stellt. Wenn wir ihn betreten und die massenhaft darin ausgestellten Produkte in Augenschein nehmen, so finden wir darunter vieles Neue. Es könnte auch scheinen, als ob Gegenstände zu dieser Ausstellung herangezogen seien, die über den eigentlichen Rahmen derselben hinaus­gehen. Allein es kann nur im Interesse der Gesammtheit liegen, wenn der Rahmen einer solchen Ausstellung nicht zu eng gespannt wird.

Im Ausstellungspalast, dessen Inneres reich mit Bildsäulen ge­schmückt ist, finden wir die Ausstellungsgegenstände nach den einzelnen deutschen gewerbe- und industriereichen Städten eingeteilt, aus denen die einzelnen Produkte kommen. Wir sehen da alles, was die großen und kleineren Städte für die Pflege ihres Gesundheitswesens brauchen. Das geht von Gegenständen der großartigsten Anlagen, wie Wasser­versorgung, bis zu Präparaten und Schriften aus dem Gebiete der Fleischschau; hier sind Modelle von Krankenhäusern und Pläne von Bevölkerungsdichtigkeit u. s. w. Wir erkennen daraus, wie die Gesund­heitspflege in den einzelnen Städten vorgeschritten ist, und welche Mittel man gegen die der Gesundheit drohenden Gefahren gefunden hat. Sie bilden einen stattlichen Damm gegen diese Gefahren.

Wir finden dann die mannichfachsten Gegenstände, die nicht zur allgemeinen Ausstellung der Städte gehören. Da sind in kaum abseh= barer Anzahl vertreten die Gegenstände bezüglich Heizung und Lüftung, Wasserversorgung, Ventilation, Beleuchtung, Beseitigung der Abwasser, Wasserleitungen, Wassermesser, Filter, Pumpen; Gegenstände für Krankenpflege in reichster Auswahl, Bade- und Waschanstalten mit allen Neuerungen. Dann Modelle von Humanitätsanstalten, Armen­häusern, Asylen für Obdachlose; Modelle von Wohnhäusern nach viel­fachen Mustern; Modelle von allerlei Heilanstalten; Gegenstände für Kindererziehung und Unterricht 2c. 2c.

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Wir deuten hier nur das Notwendigste an, denn es ist nicht mög­lich, auf unserem beschränkten Raum die Ausstellungsgegenstände auch nur nach Kategorien aufzuzählen. Wir erwähnen nur noch, daß ein­zelne Regierungen und Stadtverwaltungen sich sehr eifrig an der Aus­stellung beteiligt haben das preußische Justizministerium hat ver­schiedene Modelle von Strafgefängnissen gesandt. Sehr interessant ist die Kollektivausstellung vom Berg- und Hüttenwesen seitens des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten. Von den äußerst interessanten Gegenständen, welche sich in und an den Einzelgebäuden darbieten, erwähnen wir zunächst das Normalwohnhaus, ein sehr präch= tiger und normaler Bau, allein es wird noch lange dauern, bis sich der Normalwohlstand so weit gehoben hat, daß jeder sich ein solches Haus bauen oder mieten kann. Ferner bewundern wir den Pavillon für Leichenverbrennung von Friedrich Siemens , wo man die vollständige