wünsche also ausdrücklich, daß unter solchen Umständen aller fernerer Verkehr abgebrochen werde, und bitte Sie unser Haus zu verlassen, um es nicht wieder zu betreten."

Ich respektive Ihren verwundeten Stolz, Mrs. Bretter," sagte Cobden, indem er sich erhob und ich gehe. Good bye, Miß Bretter farewell darling. Ich hoffe, daß ich machen werde meinen nächsten Besuch mit meinem Vater, und daß Ihre Tochter doch noch Mrs. Cobden- Carew wird."

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Mit einem langen zärtlichen Blick auf Thusnelda und einer tiefen Verbeugung vor deren Mutter ging Plantagenet davon. Das junge Mädchen brach in Tränen aus. So war denn der schöne Fabeltraum beinahe wieder verschwunden, und die schwache Hoffnung, die sich noch an Plantagenets lezte Worte knüpfte, war die vernünftige Mutter bemüht, ihr in ihrer ganzen Nichtigkeit zu zeigen. Solche Liebeslaunen entschwinden schnell bei jungen Leuten, erklärte Frau Bretter, und könnten elter lichen Widerstand, der übrigens ganz vernünftig war, nicht be­siegen denn wenn wirklich kein Vermögen da war, worauf sollte er denn da heiraten... der junge Herr hat es vielleicht redlich gemeint, würde jedoch bald diese Schwärmerei vergessen. So ungefähr lauteten die Reden der klugen Mutter, und jedes Wort fiel wie ein Tropfen geschmolzenes Blei auf das ver­wundete Mädchenherz.

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Es vergingen zwölf Tage. Frau Bretter ließ ihre Tochter nicht auf die Straße gehen, und von Plantagenet war nichts mehr zu hören. Thusnelda hatte unaufhörlich ihren Liebes­gram gepflegt, denn wie es schon in Schillers Liede heißt:

Das süßeste Glück für die trauernde Brust Nach der schönen Liebe verschwundener Lust, Sind der Liebe Schmerzen und Klagen.

also hatte auch sie um den verlorenen Traum getrauert und sich nicht losreißen wollen von ihrem kleinen Roman.

An diesem zwölften Tage nun saß sie in ihrem Garten, während die Mutter in Haus und Küche waltete. Sie hatte sich ein paar Turteltauben angeschafft und deren Bauer auf ihrem Lieblingspläzchen aufgehängt. Dort saß sie also und träumte die vergangene Stunde zurück, die sie einst in der Drangerie erlebte beim Klange des zärtlichen Ku- tu- ruh. Ach, meine lieben Tauben habt Ihr denn keine Schwestern keine Brieftaube, die mir ein Zeichen von dem Geliebten brächte?

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Kaum hatte sie dieses gedacht, als sie etwas Weißes durch die Luft fliegen sah, das ihr zu Füßen niederfiel. Es war zwar keine Taube, aber vielleicht dennoch eine Botschaft- ein mit Papier umwidefter Stein. Sie hob denselben auf, entrollte das Papier und erblickte Schriftzüge. Klopfenden Herzens suchte sie die Unterschrift: Plantagenet!"

Der Brief war englisch geschrieben und lautete:

Meine eigene teure Thusnelda ,

Mein Vater ist noch unerbittlich. Aber ich werde fest bleiben. Heute, nach Empfang eines Briefes, dessen Inhalt er mir nicht mitteilte, erklärte mir mein Vater, daß unsere Anwesenheit in England unumgänglich nötig wäre, und daß er übermorgen mit mir abzureisen gedenke. Ohne väterliche Einwilligung darf ich mich Ihrer Mutter nicht zeigen, und Sie zu bitten, mich alleine zu sehen, wage ich auch nicht. Wir sehen uns also vielleicht lange nicht, my love. Wenn ich Major bin und mein selbständiges Auskommen habe, dann frage ich wieder bei Ihrem Herzen an... werden Sie mir so lange treu bleiben? Ich bin entschlossen: Sie oder Keine. Leben Sie wohl. Plantagenet."

Was war dies?- Ein Abschied?-Djezt ist alles alles aus! Die Mutter hat recht eine solche Liebeslaune wird dem jungen Offizier bald verflogen sein, die flüchtige Orangerie­Stunde vergessen und der ganze schöne Traum entschwunden! Bitterer als je weinte Thusnelda , nachdem sie diesen Brief gelesen. Wenn Jahre über solchen Kummer vorübergehen, und neue Eindrücke die alten verwischt haben, dann erscheint der

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damalige Schmerz als kindisch und hat kaum in der Erinnerung eine Spur zurückgelassen aber im Augenblick selbst, in der schweren Stunde des Verlustes, fühlt sich so ein junges, seiner Glückshoffnung beraubtes Gemüt namenlos elend.

Am selben Tage noch mußte Thusnelda ihre Mutter auf einen Ausgang begleiten. Nachdem die beiden Frauen ziemlich lange gegangen( Frau Bretters Freundin, welcher der Besuch­gang galt, wohnte weit außerhalb der Stadttore) kamen sie an einem umzäumten Rasenplaz vorüber, woher Stimmen und Schüsse schallten. Es war dort von den Kurgästen ein Preis­taubenschießen veranstaltet worden. Am Wege stand eine Bank und Madame Bretter sezte sich, um ein wenig auszuruhen. Von dieser Stelle aus konnte man den Sport und die Schüzen nicht sehen, da sich hinter der Bank eine hohe Baumwand erhob, doch hörte man deutlich die Schüsse.

Ach, gehen wir weiter, Mutter," bat Thusnelda , ich glaube es sind Jäger in der Nähe

Sie hatte noch nicht ausgesprochen, als zu ihren Füßen eine verwundete Taube niederfiel. Thusnelda stieß einen Schrei aus, beugte sich nieder und hob den armen zuckenden Vogel vom Boden; sie untersuchte seine Wunde und sah, daß ihm ein Flügel und ein Bein zerschossen sei; da legte sie ihn zart auf die Bank, kniete davor nieder, zerriß ihr Taschentuch und verband das kleine blessirte Bein; dabei rannen ihr die hellen Tränen von den Wangen, denn die sterbende Taube war ihr Bild des eigenen verlorenen Liebesglücks. Während sie die Wunde ver­band, sprach sie zu der Taube sie hatte sich in lezter Zeit angewöhnt, englisch zu denken, mit mitleidszitternder Stimme: ,, My poor bird, my poor sweet bird dying like my own poor love if I could but save you. My life is lost and must you also die, my darling dove?"*)

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Ein alter Herr, der zufällig des Weges ging, war ein Zeuge dieser ganzen Szene gewesen, und näher herantretend redete er Thusnelda ebenfalls in englischer Sprache an:

, War das ein Lieblingsvogel von Ihnen?" Thusnelda blickte auf. Es war ein freundliches ehrwürdiges Gesicht, das sich mit sichtbarer Teilnahme zu ihr hinabbeugte. ,, Nein, Sir," antwortete sie, er ist eben von dort herüber­das arme Ding geflogen und hier niedergefallen ich es nur retten könnte."

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wenn

Aber warum weinen Sie so bitterlich Sie haben wohl Ihren eigenen Kummer?"

" Ja, Sir, meinen eigenen Kummer."

"

Armes Kind."

Frau Bretter hatte von dem Dialoge nichts verstanden. Da sie Thusnelda so aufgeregt und weinend sah, und eben ein leerer Mietswagen vorüber kam, so schlug sie vor, den Besuch für heute aufzugeben und nach Hause zu fahren. Thusnelda willigte dankend ein und Frau Bretter winkte den Kutscher herbei. Darf ich Sie um Ihren Namen fragen," wandte sich nun der freundliche alte Herr zu Thusnelden.

Diese, welche sich zu der gütigen vornehmen Erscheinung sehr hingezogen fühlte, antwortete ohne Zögern:" Thusnelda Bretter."

Der alte Engländer war offenbar betroffen. Eine zeitlang schien er sich zu besinnen, dann näherte er sich Thusneldens Mutter und sagte in gebrochenem Französisch:

Madame, könnten Sie nicht, wenn Sie hier in Homburg zu Hause sind, einem Fremden ein möblirtes Zimmer rekom mandiren?"

Frau Bretter, die eben ihre Villa halb leer stehen hatte, antwortete, daß sie zufällig in ihrem eigenen Hause das Ge­wünschte bieten könne, und wenn der Herr wünsche gleich mit­zufahren, so könne er die fraglichen Zimmer besehen. Der alte Engländer nahm den Vorschlag an und stieg mit den Damen in den Wagen.

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( Schluß folgt.)

*) Mein armer Vogel, mein armer süßer Vogel sterbend, wie - Mein wenn ich dich nur retten könnte. meine eigene arme Liebe Leben ist verloren und mußt auch du sterben, mein geliebtes Täubchen!"