Hilfsmittel den Kampf gegen die Dürftigkeit der Wüste zu erleichtern imstande sind, dann wird die Abneigung gegen Europa bedeutend schwinden. Diese Wüstenbewohner lieben eben ihre sandige und öde Heimat gerade so wie der Friese seine Sanddünen und der Kosake seine Steppen.
In den einzelnen Gemeinden der Dasen finden sich vielfach sehr demokratische Einrichtungen vor. Die meisten Stämme unternehmen nichts, was nicht gemeinschaftlich beschlossen worden ist. Den Häuptlingen bleibt nur die Ausführung des Volksbeschlusses. Die Geseze werden, soweit sie nicht im Koran enthalten sind, gleichfalls nicht von den Häuptlingen verordnet, sondern gemeinsam festgestellt; ebenso ist die Rechtsprechung eine gemeinsame. Natürlich ist das bei den verschiedenen Stämmen verschieden; es gibt auch solche, bei denen die Häuptlinge eine despotische Gewalt besizen.
621
Die Behandlung der Frauen ist eine sehr verschiedene; bei einzelnen Stämmen ist die Frau die Sklavin des Mannes, die wie cine Waare verkauft und gekauft wird, nur zur Fortpflanzung des Stammes zu dienen scheint und mit den gröbsten Arbeiten und einer unwürdigen Behandlung bedacht wird. Bei anderen Stämmen genießt die Frau das gleiche Recht wie der Mann; sie darf gegen die allgemeine muhamedanische Sitte mit unverschleiertem Antliz gehen und hat den größten Einfluß auf die Angelegenheiten des Stammes. Die Frauen der Tibbus gehen bewaffnet, mit Dolch und einer Art Keule. Sie haben einen männlichen Karakter, und es kommt häufig unter ihnen zu Zweifämpfen. Bei einigen Stämmen könnte man fast sagen, daß die Frau dominirt. Manche Stämme haben sehr schöne Frauen; andere sehr häßliche. Die Anschauung, eine Frau für desto schöner zu halten, je fetter sie ist, findet sich häufig vor.
Die Prostitution ist in der Wüste eine sehr häufige Er scheinung, da der Araber in hohem Grade gewinnsüchtig ist und sich oft nicht scheut, seine Töchter jenen Pfad betreten zu lassen, der nach europäischen gesellschaftlichen Begriffen diejenigen, die ihn betreten, für immer mit Schande bedeckt. Es gibt Stämme, die ihre weibliche Jugend alljährlich auf Beute aussenden, und einige Wüstenstädte bilden große Sammelpläze für diese prostituirten Mädchen, die, nachdem sie sich Einiges erspart, wieder zu den Ihrigen heimkehren und sich dort verheiraten. Ihre Stammesgenossen finden keinen Mafel an ihnen. Uebrigens kann der aufmerksame Beobachter in manchen Ländern Europas Zustände entdecken, die kaum von diesen verschieden sind.
Viehzucht und Ackerbau werden von diesen Wüstenstämmen nur soweit betrieben, als es die Fristung ihres Daseins unbedingt verlangt; namentlich der Ackerbau wird von vielen Stämmen sehr vernachlässigt. Das Kameel mit seiner Milch und seinem Fleisch, die Palme mit ihren Datteln gewähren diesen genügsamen Menschen den Unterhalt, dessen sie zu ihrem im ganzen
ziemlich armseligen Dasein bedürfen. Handel treiben sie da, ziemlich armseligen Dasein bedürfen. wo das von ihnen offupirte Land ergiebig genug ist, um ihnen Produkte zum Umtausch zu liefern. Einer der beliebtesten Betriebszweige aller Stämme aber ist die Räuberei..
-
Manche Stämme treiben die Räuberei geschäftsmäßig, aber im großen Stil. Nicht etwa nur Fremde werden beraubt, sondern die einzelnen Stämme der Wüste überfallen sich gegenseitig und plündern sich aus. Es geht dabei nach gewissen Vorschriften und Regeln zu, und die„ Ehre“ und„ Noblesse" spielen dabei eine große Rolle, gerade wie bei unseren Raubrittern im Mittelalter, die auch nach Regeln plünderten, stahlen und mordeten. Der Beduine ist als Wüstenräuber eine ebenso gefährliche als„ ritterliche" Erscheinung. Wenn der Einzelne stiehlt oder mordet, wird dies streng bestraft; in Gemeinsamkeit mit dem ganzen Stamm und unter den Auspizien des Stammes oberhauptes wird es zur Heldentat. Zahlreiche und blutige Fehden werden ausgefochten, und die Franzosen haben es in ihren langjährigen Kämpfen kennen gelernt, welch gefährliche Feinde sie sind, diese Wüstensöhne mit ihren windschnellen