schärft und im Konfirmandenunterricht noch eindringlicher in die Köpfe gepflanzt wird, auch auf dem Gymnasium noch 840 Stun den in Anspruch nahm.
Bilden wir nun zwei Gruppen, zu deren einer wir Deutsch , Französisch, Naturbeschreibung und Physik zählen, als zweifellos notwendige Elemente einer wahrhaft zeitgemäßen, von religiösen und historischen Vorurteilen freien Bildung, während wir in der andern Gruppe Religion, Latein und Gricchisch vereinigen, d. s. diejenigen Unterrichtsgegenstände, welche das A und der ausschließlich auf dem Fundamente religiöser und historischer Vorurteile basirenden Bildung unserer Vergangenheit sind, so finden wir, daß auf die erste Gruppe, der Wissenschaft unserer Gegenwart und Zukunft, von den 11000 Unterrichtsstunden 2140, d. i. noch nicht 20 Prozent, indes auf die andere Gruppe, in der sich die Wissenschaft der Vergangenheit konzentrirt, 6200,
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also über 56 Prozent der ganzen Unterrichtszeit verwendet
werden.
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Bedenke man nun, daß beim Unterricht im Deutschen und Französischen, wie überhaupt bei der Unterweisung in modernen Sprachen, diejenigen wissenschaftlichen Errungenschaften sehr wohl mit Stillschweigen übergangen oder bestenfalls nur nebenbei erwähnt werden können, welche die Grundlage moderner Weltanschauung bilden, ferner, daß auch bei der Naturbeschreibung solch' ein Ausweichen vor den neuen und sicherlich fast in allen ihren Teilen den Anhängern des Alten unbequemen Ergebnissen der Wissenschaft sich sehr leicht machen läßt, ja, daß es selbst bei der Physik ganz ebenso der Fall ist, zumal der Unterricht in derselben erst in Sekunda begann, und zwar mit einer einzigen Stunde in der Woche, so wird man sich schwerlich des Verdachtes erwehren können, daß die wahrhaft zeit
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Eine neue Art von Goldfischen.( Seite 638.)
gemäße, religiös philosophisch und historisch voraussezungslose Wissenschaft noch sehr viel schlechter auf unsern höhern Bildungsanstalten wegkommt, als das obige Zahlenverhältnis von nicht ganz 20 zu mehr als 56 Prozent angibt.
Unsere höhere Jugendbildung hat bisher aber nicht nur die mit der alten Bildung nicht harmonirenden Ergebnisse der Wissenschaft unserer Zeit, wo es nur irgend anging, ignorirt, sondern umgekehrt, wo es nur irgend sich tun ließ, hat man durch Lehrkräfte, welche man zu solchem Dienste gefügig zu halten verstand, in den deutschen Unterricht und in die Naturbeschreibung genau ebenso wie in den Geschichtsunterricht die Vorurteile und Voraussezungen der Bildung der Vergangenheit eingeschwärzt.
Und zu dieser garnicht wegzuleugnenden Tatsache gesellt sich eine andere nicht minder bedeutsame.
So schlimm, wie es unserer modernen Wissenschaft auf den Gymnasien ergeht, ebenso schlimm ergeht es unserer schönen
Literatur.
In meinem Besize befindet sich ein Berg von Jahresberichten preußischer Gymnasien, denen ich zum Beweise vorstehender Behauptung ein paar kurze Notizen entnehme.
Auf dem Joachimstalschen Gymnasium in Berlin war im Winterhalbjahr 1863 64,- in jüngster Zeit ist es 1863/64,
um fein Haar anders geworden der Schulunterricht in der Oberprima folgendermaßen bestellt:
Aufsäze, Vorträge. Aus der Literaturgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts 2 Stunden( wöchentlich). Elemente der Psychologie 1 Stunde.
Unterprima: Aufsäze, Vorträge. Dispositionsübungen. Aus der Literaturgeschichte vor der Zeit der Kreuzzüge. Lektüre aus Lessing und Goethe. 3 Stunden.
Obersekunda: Aufsäze, Vorträge, Dispositionsübungen. Maria Stuart . 2 Stunden.
Untersekunda: Lektüre von Schillers Wallensteins Tod". Aufsäze, Vorträge. 2 Stunden.
Im Sommerhalbjahr 1864 kam dazu: Oberprima: Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts. Aufsäze, Vorträge. 2 Stunden. Elemente der Logik 1 Stunde. Unterprima: Aus der mittelhochdeutschen Literatur. Aufsäze und Vorträge. Stücke aus Goethes Wahrheit und Dichtung". 3 Stunden.
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Obersekunda: Aufsäze, Vorträge; Dispositionsübungen. Lessings Nathan der Weise ". 2 Stunden.
Untersekunda: Leftüre von Schillers Gedichten und aus Colshorn und Gödecke( deutsches Lesebuch, 3. Teil). Aufsäze.
2 Stunden.