durch den unbemittelten Arbeiter und Handwerksgesellen von dem leidigen Zwang befreit haben, sich mit milden Gaben durchzuschlagen unter steter Gefahr, wegen Bettelns" und Vagabundage" eingesperrt zu werden. Leider ist diese segensreiche Neuerung bis jezt nur einem Teil der Arbeiterschaft zu gute gekommen; möge sie sich bald über alle erstrecken. W. B.

Neue Arten von Goldfischen.( Illustration S. 629.) Die Gold­fische sind seit etwa 150 Jahren bei uns heimisch und sind von China  nach England. gekommen. Während wir in Europa   aber nur wenige Arten bis dahin kannten, haben Chinesen und Japanesen schon seit langer Zeit in der Goldfischzucht es viel weiter gebracht. Man fennt dort nicht weniger als 58 Arten, von denen man einige in neuerer Zeit auch nach Europa   gebracht hat. Dahin gehört der Großflosser ( Macropodus venustus), der in der Mitte unserer Abbildung zu sehen ist. Er wird etwa sechs Centimeter lang, ist an den Seiten grünlich mit gelben, roten und blauen Streifen, der Kiemendeckel ist smaragd­grün, die Flossen sind himmelblau und gelb gesäumt. Das Tierchen entwickelt namentlich in erregter Stimmung, bei der man sein saphir blaues Auge leuchten sieht, eine staunenswerte Farbenpracht. Für den Laich bereitet das Männchen dieser Goldfischart eine Art Nest aus Schaum, wo die kleinen Tiere in der Größe eines Stecknadelkopfes aus­schlüpfen.

Eine andere Art sehen wir in dem japanischen Goldfisch mit seinem Schleierschwanz. Er kann wegen des eigentümlich entwickelten Schwanzes nur langsam schwimmen, aber er gibt sich eine stolze und majestätische Haltung, indem er wie ein Pfau mit seinem Schweif ein Rad schlägt.

Auch einige Teleskopfische sind auf unserem Bilde vorhanden, die ihren Namen von den weit hervortretendeu Augen haben. Dieses Her­vorquellen der Sehwerkzeuge ist offenbar eine Mißbildung, die sich ver­erbt hat.

Die Goldfischzucht erfordert viel Aufmerksamkeit; eine Hauptbedingung ist bekanntlich, daß die Fische kein frisches, sondern immer nur altes Wasser bekommen. Wenn man bei dieser Regel bleibt und den Fischen die nötige Sonne verschafft, kann man interessante und mannichfaltige Resultate erzielen. A. T.

Posträuber in Colorado.  ( Illustration S. 633.) Das Terrain von Colorado   ist noch nicht lange besiedelt; man ließ dieses große Ter­ritorium der Vereinigten Staaten   von Nordamerika  , das in seinem Norden von der Pacificbahn berührt wird, lange Zeit ganz unangebaut, bis im Jahre 1858 dort Goldlager entdeckt wurden. Der Zufluß an Bevölkerung war ziemlich groß; schon nach zwei Jahren hatte das Land 35 000 Einwohner und ist seitdem in raschem Aufblühen geblieben. Seine Hauptstadt Denver   ist jezt durch eine Zweigbahn mit der großen Ba­cificbahn verbunden. In einem solchem Territorium, wo nach Gold gegraben wurde, mußte sich eine ziemlich abenteuerlich zusammengewür­felte Gesellschaft ansammeln, wie denn häufig bei den Goldgräbern allerlei verworfenes und verzweifeltes Gesindel sich vorfindet. Wenn sich für solche Elemente die Goldgräberei nicht lohnt, was sehr häufig der Fall, was bleibt solchen Leuten dann noch für eine Aussicht? Ar­beiten wollen sie nicht, auch wenn sie Gelegenheit dazu hätten, und so verlegen sie sich denn auf das edle Handwerk des Straßenraubs. Die Zustände in Colorado   erleichtern den Betrieb dieses Handwerks sehr, denn die Bevölkerung ist dünn und die öffentliche Sicherheit   ist eine sehr problematische Sache. Das Reisen ist in Colorado   insofern in ge­wissen Gegenden gefährlich, als man dabei all seine fahrende Habe los werden kann. Die Räuber halten sich nicht etwa nur in einsamen Gegenden auf, sondern sie kommen auch ganz nahe an die Städte heran und überfallen die Postwagen. Wenn die Unionsregierung aus Co­ lorado   ein wirklich bedeutendes Territorium machen will, so wird sie ihr Augenmerk wohl darauf richten müssen, die Landplage der Straßen­räuberei zu beseitigen.

Der Straßenräuber von Colorado   ist weder eine ritterliche" noch eine auch nur romantische Erscheinung, wie etwa die Briganten in den Abruzzen oder die Hammeldiebe des schwarzen Berges. Er betreibt seinen Beruf geschäftsmäßig, wie er sich denn selbst in gelungener Per­fiflage amerikanischen   Geschäftslebens als Straßenagent" bezeichnet. Da ist kein hoher spizer Hut mit wehendem Federbusch, kein Dolch im breiten perlengeschmückten Gürtel, kein sicheres Gewehr im Arm. Der Straßenräuber von Colorado   ist gekleidet wie ein Geschäftsmann, seine Waffe ist allein der Revolver. Es fehlt nur noch, daß diese Straßen­räuber ihr Comptoir hätten mit feuerfesten Geldschränken und Buch führten über den Erfolg und Ertrag ihrer Aktionen. Von Morden hört man selten; diese großmütigen Strauchdiebe begnügen sich damit, ihre Mitmenschen auszuplündern.

Unsere Illustration zeigt den Ueberfall eines Postwagens durch " Straßenagenten". Ahnungslos ist man durch die blühenden Täler und Wiesengründe dahingefahren und kein Mensch hat in dieser Gegend an einen Ueberfall gedacht. Da plözlich stürzen aus einem Versteck im Gebüsch zwei Bassermannsche Gestalten hervor und versperren die Straße. Der Postillon, der einen Revolver auf sich gerichtet sieht, findet die Sache ungemütlich und hält an; die Passagiere müssen aussteigen und die Arme in die Höhe halten, während der eine Gauner im Anschlag liegt und bei der geringsten auf Gegenwehr gerichteten Bewegung zu

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feuern droht. So lassen sich die Passagiere widerstandslos berauben; die Männer verzichten auf Widerstand und das schwache Geschlecht er­gibt sich zitternd in sein Schicksal.

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Den Eindruck mutiger Leute machen die Ueberfallenen nicht, sonst würden sie den beiden Galgenvögeln die Ausübung ihres Berufes nicht so sehr erleichtern. Drei vier entschlossene und kühne Männer würden mit den Räubern troz des Revolvers wohl fertig werden. Allein die Straßenagenten" scheinen ihre Leute zu kennen und der mit dem Revolver drohende Bandit steht so gemütlich da, als handle es sich darum, das harmloseste Geschäft abzuschließen. Für die Reisenden sieht sich die Sache gar nicht gemütlich an, denn sie verlieren alle Sachen von Wert und die Damen können sich glücklich schäzen, wenn sie ohne W. B. Roheiten seitens der Räuber davon kommen.

Napoleons   Behandlung auf St. Helena  . Die Verehrer des auf einer öden Felseninsel angeschmiedet gestorbenen Titanen behaupten, die Engländer hätten ihn zu Tode gequält und ihm das Nötigste vorent­halten; die Engländer dagegen behaupten, Napoleon   sei mit aller No­blesse behandelt worden und habe nur wegen seines herrschsüchtigen Karafters nicht mit den mit seiner Beaufsichtigung beauftragten Personen auskommen können. Beide Teile haben in manchen Punkten Recht, in manchen übertreiben sie; es liegt Tendenz in beiden Darstellungen.

Das Gefolge Napoleons   betrug im ganzen, einschließlich der Diener­schaft, 44 Personen. Darunter befanden sich die Generale Bertrand, Montholon   und Gourgaud mit ihren Angehörigen, Graf Las Cases  und Sohn, der Wundarzt O'Meara, einige Offiziere und zwölf eng­lische Soldaten, die als Bediente fungirten. Das übrige Gefolge be­stand aus dem männlichen und weiblichen Küchen- und Bedientenper­sonal, worunter sich auch zwei Schwarze befanden. Dieser Bestand blieb im ganzen derselbe. Nur eine Person aus diesem Gefolge, der Haushofmeister Cipriani, ist auf St. Helena   gestorben.

Die englische   Regierung beschloß, Napoleon   als einen General ersten Ranges verpflegen zu lassen und sezte daher eine Summe von 8000 Pfund jährlich für ihn aus, also etwa 160 000 Mart im Jahr, mit der Erlaubnis, diese Summe auf 12 000 Pfund( 240 000 Mark) zu erhöhen, was auch gleich von anfang an geschah. Diese Summe wurde in monatlichen Raten ausbezahlt und von dem Proviantmeister zum Unterhalt des Napoleonischen Haushalts auf seinem Aufenthalt Longwood verwendet. Bei Teurung oder sonstigen Gründen durfte diese Summe nach den Angaben des Proviantmeisters noch erhöht werden. Die Gesellschaft in Longwood lebte auch ganz gut und die Soldaten des Haushalts tranfen täglich vortrefflichen Wein von Tene­ riffa  , die Offiziere vom besten Claret. Napoleon   selbst war bekanntlich sehr mäßig; er trant wenig Wein und verschmähte Delikatessen. Eine geröstete Kalbsbrust war sein Lieblingsschmaus.

General Montholon behauptete nun, Napoleons   Haushaltung könne nur mit 15 200 Pfund bestritten werden, und dies führte zu langen und heftigen Auseinandersezungen mit den britischen Behörden. Da mals   ging die Nachricht durch Europa  , Napoleon   müsse aus Mangel sein Silbergeschirr verkaufen, eine Nachricht, die von seinen Anhängern gründlich ausgenuzt wurde. Doch war die ganze Sache übertrieben. Die Engländer hatten Napoleons   Wohnung für etwa 60 000 Pfund ausmöblirt, zahlten ihm jährlich 12000 Pfund dazu, und dabei brauchten weder er noch sein Gefolge Mangel zu leiden.

Es blieb troz der Beschwerden beim alten; die englische   Regierung gestattete zwar die 12 000 Pfund in Ausnahmefällen zu überschreiten, aber weiter nichts.

Man befizt den Küchenzettel vom Monat Juni 1818, der nachweist, was in diesem Monat in die Küche Napoleons   auf Longwood geliefert worden ist. Darnach waren es Claret 240 Flaschen, Graves 60 Flaschen, Madera 30 Flaschen, Teneriffa   150 Flaschen, Champagner 15 Flaschen, Constantia 50 Flaschen, Kapwein 630 Flaschen, Ale und Cyder 180 Flaschen, Bier nach Belieben. Dies die Getränke! Sodann feines Mehl 100 Pfund, Reis 150 Pfund, Butter 300 Pfund, Käse 60 Pfund, Salz 80 Pfund, Italienische Nudeln 45 Pfund, Makaronis 45 Pfund, Salatöl 32 Quart, Essig 41 Flaschen, Speck 60 Pfund, Pfeffer 10 Pfund, Senf 5 Flaschen, Pichles 6 Flaschen, Oliven 12 Flaschen, Schinken 12 Stüd, Zungen 12 Stück, Seife 30 Pfund, Holz 20 160 Pfund, Lichter 240 Pfund, Kartoffeln 15 Bushels, Kandiszucker 30 Pfund, Kohlen 1440 Bushels, Rind- und Kalbfleisch 1200 Pfund, Hammelfleisch 1500 Pfund, Brod 1800 Pfund, Eier 1080 Stück, Milch 420 Quart, Tauben 30 Stüd, Schweine 4 Stüd, Gänse 8 Stüd, Enten 16 Stüd, Geflügel 240 Stück, Schwarzer Tee 15 Pfund, Grüner Tee 15 Pfund, Rum 2 Flaschen, Schnüre( zum Binden der Puddingbeutel) 1 Pfund. Dazu Gemüse, Früchte und Fische nach Verlangen, Konfitüren, Liköre 2c. nach täglicher Berechnung.

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Bon Mangel" konnte bei diesem Trattament feine Rede sein. Die englische Krämernoblesse brillirte darin, den berühmten Gefangenen mit ihren Handelsprodukten zu überschütten. Sich in diesem Punkte zu beschweren war unklug. Wahrscheinlich ist von den Eßwaaren und Getränken vieles von den Bediensteten bei Seite geschafft und verkauft worden.

Die Behandlung Napoleons   tam am 17. März 1817 im englischen Oberhause zur Sprache, und man beschloß, zur Sicherheit Europas  " bei der bisherigen Behandlung zu bleiben. Die Angst der Engländer