trachtungen über die Lehrpläne der höheren Schulen" von Direktor Dr. Krumme in Braunschweig zeigt in wünschenswerter Deutlichkeit, wie und woran reformirt worden ist. Dieselbe möge hier folgen:
.
Religion
Latein
Griechisch
•
Französisch.
Geschichte u. Erdkunde
Rechnen u. Matematik
Schreiben
.
Zeichnen
.
•
3
21
VI
V
IV IIIb IIIa IIb IIa Ib Ia
2
2 2
2
2
2
2 2 3
8
232
3250
9
9
06
2
21
10 10 10 10 10 10 10
4
-
7 6
80462
80768
99706
99706
90 652 43 432
+3321 432
2
324
232
232
2
2
2
2
2
3
3
3 3
3
3 3 4
4 4
2
2
21
21
2
2
Summe
Unters
schied*)
2 19-1
3 21+1
877-9
6 40-2
2 21+4
3 28+3
4 34+2
2
28 30 30 30 30 30 30 30 30
*)+ bedeutet jezt mehr als früher,
-
jest weniger als früher.
10+2
8+2
4-2
9
Man gewinnt, fügt Direktor Krumme hinzu, über die vorgenommenen Aenderungen einen leichteren Ueberblick, wenn man zunächst die drei unteren Jahrgänge( VI, V, IV), dann die sechs oberen( IIIb u. a, IIb u. a, Ib u. a) betrachtet.
Aenderungen im Lehrplan der drei unteren Klassen. Der frühere Lehrplan hatte zwei sehr erhebliche Uebelstände: In jedem der drei ersten Schuljahre begann eine fremde Sprache, so daß also der eben elf Jahre alt gewordene Duartaner drei fremde Sprachen trieb, und in IV fiel der naturbeschreibende Unterricht aus. Beide Uebelstände sind jezt beseitigt. Das Griechische fängt fünftighin erst in IIIb an, und die dadurch in IV verfügbar gewordene Zeit ist dem Französischen, der Naturbeschreibung, der Matematik und der Geschichte zugeteilt worden. Der Lehrplan der IV hat überhaupt die eingehendsten Veränderungen erfahren, während die Aenderungen in VI und V ziemlich unbedeutend sind.
Die Aenderungen im Lehrplane der drei oberen Klassen( der sechs lezten Jahrgänge) sind sehr geringfügig.
In IIIb und IIIa ist dem Lateinischen je eine Stunde genommen, die dem Griechischen zugesezt worden ist, und in IIb und IIa hat das Lateinische je zwei Stunden verloren, von denen das Griechische die eine, die Physik die andere erhalten hat. Der Lehrplan von Ib und la ist ganz unverändert geblieben.
Daß die beiden Tertien in Griechisch und Matematik getrennt unterrichtet werden sollen, ist durchaus zweckmäßig, hat aber im allgemeinen wenig Bedeutung, weil bei der weitaus größeren Zahl der Gymnasien die beiden Tertien in allen Fächern getrennt unterrichtet werden.
Im höchsten Grade anerkennenswert ist das in den Erläuterungen überall hervortretende Bestreben, die Anforderungen an die Arbeitskraft der Schüler auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen. Die Behörde hofft, daß der in den Ueberbürdungsklagen hervorgetretene, das frische und frohe Leben der Schüler lähmende Gegensaz des Elternhauses zu den Forderungen der Schule einem Einklage der beiden zum Zusammenwirken bestimmten Faktoren weiche."
Die IV ist nun wirklich entlastet; ihr ist aber auch bei den Reformen der Löwenanteil von den Verbesserungen zugefallen.
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Man hat hier zur Beseitigung der tatsächlich hervorgetretenen und auch wirklich anerkannten Ueberbürdung das einzig wirksame Mittel angewandt: Verminderung der Zahl der Lehrfächer.
Es ist aber nicht ersichtlich, warum von den Veränderungen im Lehrplane der lezten sechs Jahrgänge eine Verminderung der Ansprüche an die Arbeitskraft der Schüler zu erwarten sein soll.
Die Stundenzahl für das Lateinische ist in jeder der Tertien um eine, in jeder der Sekunden um zwei vermindert, während die Ansprüche dieselben geblieben sind. Bei der Abgangsprüfung fällt das griechische Skriptum allerdings weg, indes werden die Uebersezungen ins Griechische auch noch in Prima beibehalten. Eine Erleichterung der Arbeitslast wird man trozdem in dieser Aenderung kaum erblicken, wenn man bedenkt, daß der Unterricht im Griechischen sich künftighin über sechs statt wie bisher über sieben Jahre erstreckt.
Die Physik hat in Sekunda eine Stunde mehr erhalten, aber ihre Aufgabe ist zugleich erweitert worden, weil der Unterricht in der Physik fünftig auch„ die einfachsten Lehren der Chemie" berücksichtigen soll.
"
Die Erläuterungen beschäftigen sich sehr eingehend mit den auch in den Parlamenten und öffentlichen Blättern vielfach ge= äußerten Klagen, daß der grammatische Unterricht in den alten Sprachen auf Kosten der Lektüre zu sehr betont wird. Eine Behandlung, welche die Erwerbung grammatischer und lerikalischer Kenntnisse zur Aufgabe der Lektüre macht, verkennt einen wesentlichen Grund, auf welchem die Berechtigung des lateinischen Gymnasialunterrichts beruht." Andrerseits„ verleitet eine Behandlung der Lektüre, welche die Strenge in grammatischer und lerikalischer Hinsicht verabsäumt, zur Oberflächlichkeit."
Die Grenze zwischen dem genug und dem zuviel ist nicht festzusezen, also auch nicht einzuhalten. Uebrigens werden die besten Absichten der obersten Unterrichtsbehörden dadurch vereitelt, daß bei der Revision der Schulen und der Abiturientenarbeiten auf das grammatische Wissen das Hauptgewicht gelegt wird. Als Prüfstein für das Können wird troz aller Abmahnung die Klassenarbeit angesehen und auch künftighin angesehen werden. So kehren denn auch die Klagen wegen zu starker Betonung der grammatischen Seite des altsprachlichen Unterrichts troz aller gutgemeinten Winke und Verfügungen der Behörden stets wieder.
Der Vergleich des Gymnasiallehrplans von 1856 mit dem von 1882 führt sonach zu folgenden Ergebnissen:
1. Die wesentlichsten Aenderungen hat der Lehrplan der IV erfahren. Das Griechische fängt fünftighin erst in IIIb an, die dadurch in IV verfügbar gewordene Zeit ist unter Französisch, Matematik und Geschichte verteilt worden.
2. Die Aenderungen im Lehrplan der lezten sechs Jahrgänge beschränken sich auf folgendes: In IIIb und IIIa tritt das Lateinische eine Stunde an das Griechische ab. Von den zwei Stunden, welche das Lateinische in IIb und IIa abgegeben hat, kommt die eine dem Griechischen, die andere der Physik zugute. Der Unterricht in der Physik hat dafür aber auch die einfachsten Lehren der Chemie zu berücksichtigen. Im übrigen hat der Lehrplan der lezten sechs Jahrgänge keinerlei Veränderungen erfahren, insbesondere ist der Lehrplan der Prima unverändert geblieben.
3. Die Anforderungen an die Arbeitskraft der Schüler der IV sind durch den Wegfall des Griechischen in dieser Klasse wesentlich vermindert worden. Dagegen sind die geringfügigen Aenderungen im Lehrplan der drei oberen Klassen nicht derart, daß sie eine Verminderung der Ansprüche an die Arbeitskraft der Schüler der sechs lezten Jahrgänge bedingten.
Ich habe aus gutem Grunde das Urteil des sicherlich nicht regierungsfeindlichen braunschweiger Gymnasialdirektors meinen eigenen Betrachtungen vorangehen lassen und nun zur Kritik dieser Unterrichtsreform nur noch wenig hinzuzufügen.
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Sehr wenig nämlich: in der Hauptsache bleibt alles beim Alten.