während ich die Wirkung der Migration, die Isolation oder Separation, nur für einen besonderen Fall der Selektion halte. Diese verschiedene Wertschäzung des Darwinismus ist aber ganz unabhängig von der absoluten Geltung der Deszendenzlehre oder des Transformismus; denn die leztere ist eben bis jezt die einzige Teorie, welche uns die Entstehung der Arten vernunftgemäß erklärt. Wenn man diese verwirft, so bleibt nichts anderes übrig, als die unvernünftige Annahme eines Wunders, einer übernatürlichen Schöpfung."
Troz dieser, allerdings, wie mir scheint, vollkommen zu treffenden Scheidung und Klärung der Begriffe, nach welcher der eigentliche Darwinismus als Hypotese von noch keineswegs sicherem Werte und Belange von dem Anspruche, in der Schule als wissenschaftliche Errungenschaft von epochemachender Bedeutung gelehrt zu werden, zurücktritt, hält der preußische Unterrichtsminister alles, was bisher unter der Bezeichnung Darwinismus zusammengefaßt wurde, insbesondere Entwicklungsteorie und Deszendenzteorie, von der Schule nach wie vor fern. Es hat sogar nichts geholfen, daß Herr Häckel sich herbei
Auf der Badereise.( Illustr. S. 645.) Der kleine Julius wäre dann ein„ Hochgeborener", wenn seine Eltern vier Treppen hoch in der Stadt wohnten. Aber das ist nicht der Fall, denn sie wohnen auf dem Lande in einem einstöckigen Hause, und dies hat den Vorzug, daß die Kinder sich in guter frischer Luft tummeln können, was unendlich besser ist, als eine vier oder gar fünf Treppen„ hohe Geburt" in der dunstigen und rauchgeschwängerten Atmosphäre einer großen Stadt. Dabei gedeiht er ganz vortrefflich, ist rosig und pausbädig und verspricht ein ganzer Kerl" zu werden. Der Vater, dessen Liebling das muntere Kind ist, denkt auch schon darüber nach, wie er bei seinem färglichen Einkommen aus dem aufgeweckten Jungen etwas Besonderes machen kann. Wenn sonach auch nicht der Reichtum dem blondhaarigen„ Nesthätchen" Gevatter gestanden hat, so doch die Fröhlichkeit und die herzliche Zuneigung seiner Eltern. Die Mutter will ihm heute eine besondere Freude machen; er darf„ ins Bad reisen". Andere Leute tun das ja auch und treiben sich in Bädern herum, wo sie viel Geld verbrauchen, sich und andere langweilen, und dann heimfehren mit dem erhebenden Bewußtsein, ihrer gesellschaftlichen Stellung durch eine Badereise Genüge getan zu haben, während sie unter sich über unverschämte Wirte und langweilige Gesellschaft flagen. Der fleine Julius macht es viel einfacher, wenn er ins Bad reist. Da richten die Großmama und die Tante sein Bad in einer Badwanne her, die Mama entkleidet ihn, und sein etwas älterer Bruder gibt sich zum Reitpferd her. So reitet der kleine Julius ins Bad, so laut jubelnd, daß der alte Spiz zu bellen anfängt. Im Bad angekommen macht er sich das Vergnügen, die anderen mit Wasser zu besprizen. Die Großmama läßt es sich nicht nehmen, ihn tüchtig zu waschen, wobei es manchmal nicht ohne Geschrei abgeht. Nach dem Bad aber springt Julius wieder frisch und lustig umher; solch eine Badereise tut gut, auch ohne daß das Wasser den obligaten Mineralgehalt hat. Hoffentlich erfüllt der muntere Junge die Hoffnungen seines Vaters und wird ein tüchtiger Mann, wir wollens wünschen.
W. B.
Da hat wenig gefehlt.( Illustration S. 649.) Wie im Kriege der Pflasterkasten", der Arzt, den verwundeten menschlichen Körper, soweit es geht, wieder fliden muß, so auch der Waffenschmied die beschädigten Waffen- und Ausrüstungsstüde. Unser Bild zeigt einen Landsknecht , der zum Waffenschmied kommt um sich eine gewaltige Beule in seinem die eiserne Sturmhaube auch nicht durchzuschlagen war, so hat nicht nur das Eisen, sondern auch der Schädel des Helmträgers eine Beule bekommen, und es brummte und rasselte drinnen, daß dem Getroffenen hören und sehen verging. Darum hat er eben den Kopf noch verbunden, wenn er sonst auch wieder munter und guter Dinge ist. Heute macht er sich lustig darüber, daß ihm Freund Hein so gewaltig auf den Schädel geklopft, und gefehlt hat in der Tat wenig. Denn man schlug damals gewaltig zu und Helm und Harnisch mußten von gutem Stoff sein, wenn sie widerstehen sollten. Man gebrauchte zweihändige Schlachtschwerter, die eine große Rolle im Kampfe, Mann gegen Mann, spielten; wenn auch das Feuergewehr längst eingeführt war, so blieb doch seine Handhabung sehr schwerfällig. Eine geordnete Salve war nur einmal mit den„ Donnerbüchsen" zu geben; das Laden nahm zu viel Zeit in Anspruch. Bekanntlich wurden noch während des dreißigjährigen Strieges die Musketen bei der Abfeuerung auf Gabeln gelegt, die man in den Boden stieß. Wer sieben Schüsse in einer Schlacht abfeuerte, galt schon für einen flinken Schüzen. Auch das Geschütz war langsam und schwerfällig, daher die Bedeutung der Hieb- und Stichwaffen immer noch eine sehr große war. Die Hellebarde, oder Hallparte, eine lange Stange, an welcher oben eine eiserne Spize, ein Beil
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zulassen vermochte, wegen seiner eigenen in früheren Werken enthaltenen, im ganzen recht harmlosen Anwandlungen politischer Freisinnigkeit demütiglich Abbitte zu leisten, indem er erklärt, daß er dieselbe als„ jugendliche Extravaganzen aufrichtig be
reue."
Die preußische Regierung läßt sich eben da absolut kein X für U machen, wo die christliche Religion angegriffen wird. Und sie weiß ganz genau, daß das Feldgeschrei ehrlichen Kulturtampfes seitens unserer Naturforscher lauten müßte: Hie unsere - da Christentum! Keines kann auf die Wissenschaft Dauer neben sich als gleichberechtigt das andere dulden; wo die eine üppig gedeiht, muß das andere verkümmern.
Und vorläufig hält es die preußische Regierung noch tausendmal lieber mit Herrn Stöder als mit Herrn Häckel, mag lezterer auch noch so eifrig versichern, daß die Deszendenzteorie die gefährlichste Feindin des abscheulichen Sozialismus, dagegen der Monarchie natürlich gänzlich unschädlich sei.
Die preußische Regierung denkt sich dabei: Wers glaubt, zahlt' nen Taler. Und wir sind darin ganz ihrer Meinung. zahlt' nen Taler.
und ein Widerhaken angebracht war, fonnte zu fürchterlichen Schlägen angewendet werden und war lange eine der gebräuchlichsten Waffen; der Streitkolben, eine eiserne Keule, und der Morgenstern , eine mit starken Stacheln versehene, an einer Stange befestigte eiserne Kugel, schlugen gleichfalls schreckliche Wunden. Der Streitkolben war eine ge= fürchtete Waffe, und manche erwarben sich große Fertigkeit in der Führung derselben; es ist bekannt, daß Erzbischof Christian von Mainz, der unter Kaiser Friedrich I., Barbarossa, in Italien kämpfte, in einem Treffen gegen die Lombarden 38 Feinden mit dem Streitkolben die Schädel einschlug. Ein solcher Wütrich wird unser Landsknecht nicht sein, wenn er auch gern ein solcher wäre; aber als gutes Kind seiner Zeit hat er eine gestohlene Gans am Gürtel hängen. Granaten, Bomben und Torpedo's sind auch nichts schönes; aber wir könnten nicht sagen, daß wir die Zeit der Streitkolben und Hellebarden und W. B. der diebischen Landsknechte zurückwünschten.
Kirgisischer Falfonier.( Illustration S. 653.) Es ist ein mertwürdiges Nomadenvolk, diese Kirgisen, die im südwestlichen Sibirien ihr Wesen treiben. Sie stehen unter russischer Oberhoheit, allein man hat sie doch nicht in ein geregeltes Leben hineinzwingen können, soweit nämlich in den asiatischen Provinzen des russischen Reichs von einem solchen die Rede sein kann. Sie sind ein Wandervolk geblieben und streifen unstät umher, bis in das chinesische Reich hinein. Sie sind Mongolen und man sieht unter ihnen die prächtigsten Exemplare jener mongolischen Typen mit platter Nase, großem breitgespaltenen Mund und ungeheuren, abstehenden Ohren, mit denen sie indessen sehr gut hören. Sie leben in großen Filzhütten oder Zelten, die sie mit sich führen und nähren sich von Pferdefleisch und Kumys, lezteres ein Getränt aus Stutenmilch, das mit etwas Sauerteig versezt ist. Man gebraucht Kumys zuweilen gegen Schwindsucht und aus ihm wird durch Destillation auch eine Art Branntwein hergestellt. Im übrigen sind die Kirgisen Jäger und treiben Handel mit Häuten, zuweilen auch Räuberei. Sie bekehren sich ungern zu Neuerungen, weshalb sie auch heute noch am liebsten mit Bogen und Pfeil und Lanze kämpfen. Im russischfranzösischen Krieg von 1812 wurden die Kirgisen gleich den übrigen Völkern unter Rußlands Zepter gegen den Einfall Napoleons aufgeboten und in der Schlacht an der Moskwa waren die Franzosen nicht wenig erstaunt, als sie sich von ihnen mit Pfeilen beschossen sahen. Als das Schaf. Die Kirgisen eine Art Wertmesser dient den Kirgisen
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zerfallen in drei Horden und haben eigene Sultane. Unser Bild zeigt einen kirgisischen Jäger, der für seinen Sultan einen Falken zur Jagd zurichtet. Man jagt bei den Kirgisen nämlich noch mit Falken, eine Jagdart, die früher in Europa sehr beliebt war, aber die eigentlich aus dem Orient stammt, wo sie heute noch in vielen Ländern gebräuchlich ist. In Europa wird die Zucht von Jagdfalken nur noch auf einzelnen englischen Landfizen getrieben und noch außerdem am niederländischen Hofe. Die Beduinenstämme der Sahara jagen zuweilen die Gazellen der Wüste mit Falken, eine sehr grausame Jagd. Die Dressur des Jagdfalken ist sehr schwierig bei der Wildheit des Vogels. Der Bogel trägt gewöhnlich eine Haube, die ihm die Augen verdeckt und beim Baden und Füttern und, wenn er zum Stoß auf sein Opfer losgelassen wird, abzunehmen ist. Am beliebtesten war die Reiherbeize, die Jagd auf den langbeinigen und langschnäbligen Fischreiher, wobei aber oft der Falke von dem listigen Reiher auf dessen spizem Schnabel gespießt wurde. Gottfried Kinkel hat in seinem epischen Gedicht„ Otto der Schüz“ eine solche Reiherbeize sehr anschaulich und poetisch geschildert.
Der alte Kirgise auf unserem Bilde, eine stattliche Erscheinung in seiner wenn auch seltsamen doch malerischen Tracht, scheint ein erfahrener Faltonier zu sein, sonst würde er nicht wagen, den bissigen und wider