spenstigen Bogel so frei ohne Fessel und Haube auf seine Hand zu sezen. Er streichelt wohl den Raubvogel, damit er sich ruhig verhält, bis er zum Stoß aufgelassen wird. Der Falke wird schon pariren, denn man geht grob mit ihm um, falls er widerspenstig ist. Man hängt ihn dann nämlich eine zeitlang an den Füßen auf und das macht aller­dings auch Falken zahm. A. T.

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Am Echandpfahl in Delaware. ( Illustr. S.657.) Jm Lande der Freiheit", das, wie Heine spottet, bewohnt von Gleichheitsflegeln", bestehen noch eine Menge von Einrichtungen, die sich mit dem Wesen einer demokratischen Republik sehr schlecht vertragen. Man findet bei näherer Betrachtung, daß sich noch eine Menge von Institutionen erhalten haben, die man längst für unmöglich halten sollte. So besteht in den beiden Staaten Delaware und Maryland noch die schöne Kulturerrun­genschaft des Schandpfahls, mit welcher auch noch die Prügelstrafe verknüpft ist. Man hat nur insoweit der neuen Zeit Rechnung ge= tragen, als man das weibliche Geschlecht von der Strafe des Prangers und der Peitsche ausgeschlossen hat; für das männliche Geschlecht ist die ganze Barbarei in Bestand geblieben. Bestimmte Tage sind für diese Exekutionen ausersehen, und es strömt zu denselben stets eine große Zuschauermasse herbei. Meistens sind es beim Diebstahl er­wischte Männer und Knaben, an denen diese Strafen vollstreckt wer­den. Der Pranger bildet oben eine Art Platform; dort befinden sich die an den Pranger zu stellenden, denen der Kopf zwischen zwei Balken eingeklemmt wird, in die man auf den Hals passende Einschnitte an= gebracht hat. Am Fuße des Prangers wird die Prügelstrafe vollstreckt, d. h. mit einer Art neunschwänziger Kaze die Geißelung der Diebe vollzogen. Unsere Illustration( S.657) zeigt eine solche Szene auf dem Gefängnishofe zu Newcastle in Delaware , wo zwei junge Republikaner auf dem Pranger ausgestellt sind, während ein dritter älterer an den Pfahl gefesselt ist und die Neunschwänzige zu foſten bekommt. Die Zuschauer verhalten sich echt amerikanisch. Die Neger gaffend, die breiten, wulstigen Mäuler weit aufgesperrt, die Yankees gleichgültig, mit der Zigarre im Munde, als handelte es sich um einen Hund, und nicht um einen Menschen. Auch ,, elegante" Leute befinden sich unter den Gaffern, denen es ein Vergnügen macht, dem abscheulichen Auf­tritt anzuwohnen.

Amerikaner und Engländer haben etwas Verwandtes; es steckt in John Bull und Bruder Jonathan manchmal auch ein gutes Stück mittelalterlicher Brutalität. In dem politisch freien, konstitutionellen England ist man noch nicht soweit, auf den Kriegsschiffen die neun­schwänzige Kaze abzuschaffen; sie regiert dort in aller Herrlichkeit, und noch unlängst wurden im englischen Unterhause einige dieser den eng­lischen Namen schändenden Prügelinstrumente vorgelegt. In Nord­ amerika ist es ähnlich; die Verfassung sichert die größte politische Frei­heit; dagegen sieht man, wie in Delaware und Maryland der arme Teufel, der vielleicht aus Not sich ein Stück Brod oder ein paar alte Stiefeln gestohlen hat, öffentlich am Pranger ausgestellt oder mit der Neunschwänzigen gezüchtigt wird. Den gegenüber erinnere man sich daran, daß sogar die berüchtigte Carolina, die peinliche Halsgerichts­ordnung" Karls V., den Diebstahl von Nahrungsmitteln, der aus Hunger geschah, unbestraft ließ. Es ist eine mehr als auffallende Er­scheinung, daß die Gesezgebung der beiden Unionsstaaten sich noch nicht hat entschließen können, jene entwürdigenden und barbarischen Straf­arten abzuschaffen; ist es Nachlässigkeit, oder gibt es unter den Staats­männern und Gesezgebern jener Staaten noch Leute, deren Denkungs­art so roh ist, daß sie mit Pranger und Prügel die moralische Quali­fitation ihrer Mitbürger reguliren zu fönnen glauben!? Zu ver­wundern ist auch, daß die Vertretung der Union in Washington fich noch nicht bemüßigt gefunden hat, gegen solche Ueberbleibsel alter Bar­barei einzuschreiten. Wenn man jener stolzen Republik das große Standbild im Hafen von New- York errichten will, das durch die Jahr­hunderte ihren Ruhm verkünden soll, so muß man auch den Schild der Republik von solchen Flecken reinigen, wie jene barbarischen Ge­bräuche es sind, denn in einer modernen Republik sind die Anachro­W. B. nismen noch weniger als anderswo am Plaze.

Sprechsaal für jedermann.

Zum Kapitel der kleinen pädagogischen Kezereien" erhalten wir aus Dresden folgende Zuschrift: Dem in Nr. 18 der N. W." ab­gedrukten Artikel über die skrupulösen Ausprüche der heutigen Schulen an Uniformität des Schreibmaterials stimmt gewiß jeder Familienvater,

bei, der nicht zu sehr mit irdischen Gütern gesegnet ist. Doch erschöpft jener Artikel dies Tema nicht vollständig. Aus Berlin ist mir z. B. bekannt, daß sich ein Lehrer von dem Inhaber eines Schreibmateria­liengeschäftes in der Wrangelstraße für die von seinen Schülern ent­nommenen Waaren Prozente zahlen läßt, und bekanntlich liegt die Wrangelstraße gerade in einem ärmeren Stadtteile Berlins . Hier in Dresden haben an den Bürgerschulen die Direktoren derselben den Verkauf der Schreib-, Rechen-, Lehr- und Gesangbücher an sich ge­zogen, und die Lehrer und Lehrerinnen namentlich an der ersten Bür­gerschule sehen sehr peinlich darauf, daß die Kinder alle Bücher bei dem Herrn Direktor kaufen. Dabei haben nicht alle Direktoren dieselben Preise. Wird z. B. ein Kind aus der 6. in die 1. Bürgerschule ver­sezt, so erfährt es bald, daß dieselben Bücher, welche bei dem Direktor der 6. Bürgerschule, Herrn Heinrich Eyden, 10 Pf. resp. 40 Pf. tosteten, bei dem Direktor der ersten Bürgerschule, Herrn Moriz Heger, 12 Pf. resp. 45 Pf. kosten. Das Kind achtet darauf sehr namentlich wenn es, wie oft geschieht, diese Ausgaben von seinem Taschengeld zu be­streiten hat und sieht in dem neuen Direktor gleich einen Mann, der mehr an den Büchern verdienen will, wodurch wohl kaum seine Zuneigung zu und seine Achtung vor demselben gefördert wird; Mo­mente, die in pädagogischer Beziehung nicht zu unterschäzen sind. Aus diesen Vorkommnissen ist ersichtlich, daß wenn die Gleichartigkeit des Schreibmaterials für den Unterricht Vorteile hat, die heut übliche Art der Anschaffung, sei es bei einem bestimmten Buchbinder, sei es durch private Vermittelung des Direktors, auch ihre großen Nachteile in pä­dagogischer Hinsicht hat. Um diese zu umgehen, bliebe der sehr ein­fache und zumteil schon betretene Weg, daß das gesammte Schreib-, Zeichen- 2c. Material von der Schule unentgeltlich an die Kinder ge­liefert wird. Die Anschaffung würde sich dann bedeutend billiger stellen, resp. das Budget der Schule nicht viel erhöhen 1 Heft z. B. das Herr Heger mit 12 Pf. verkauft, kostet im Engrosbezug noch nicht 8 Pf. und der Umstand, daß dann kein Kind vor einem andern derselben Klasse etwas voraus hätte, wäre auch in pädagogischer Be­ziehung nicht schädlich. Ein Familienvater.

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Bitte um Auskunft.

Der Schreiber Gustav Johann Erbe, geb. 1847 in Lüneburg , ist im Jahre 1868 oder 1869 nach Amerika ausgewandert und war bis 1872 in St. Louis . Wem der jezige Aufenthalt desselben bekannt, wolle Nachricht zukommen lassen Franz Erbe, Harburg a. d. Elbe , Eissendorferstraße 10.

Kleinere Mitteilungen.

Preisaufgabe. Das praktische Wochenblatt für alle Hausfrauen " Fürs Haus" hat einen Preis von 150 Mart für Einlieferung der besten Zeichnung zu einer Einbanddecke dieser Zeitschrift ausgesezt. Die Zeichnung soll ein hauswirtschaftliches Gepräge tragen. Liefe rungstermin 1. Oktober d. J. Nähere Bedingungen sind von der Ge­schäftsstelle Fürs Haus" in Dresden gratis zu erhalten.

Rebus.

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Auflösung des Rebus in Nr. 25:

Wer sich grün macht, den fressen die Ziegen.

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Inhalt: Eine Geschichte von fünf Tauben. Von B. Oulet.( Schluß.) Tisza- Eszlar. Von J. Stern. Das Thorner Trauer­spiel von 1724. Von Dr. A. Prowe. Ausgeburten des religiösen Wahnsinns. Historische Stizze von Karl Frohme . Unsere Blumen züchter. Aus dem Insekten- und Blumenleben. Von Wilhelm Blos . Um Wahrheit. Novelle von Reinhard Kern.( Schluß.) Die moderne Wissenschaft und die neueste Reform unserer höheren Jugendbildung. Bon Bruno Geiser. ( Schluß.)- Auf der Badereise.( Mit Illustration.) Da hat wenig gefehlt.( Mit Illustration.) Kirgisischer Fallonier.( Mit Illustration.) Am Schandpfahl in Delaware . ( Mit Juustr.) Sprechfaal für jedermann: Zum Kapitel der kleinen pädagogischen Kezereien". Bitte um Auskunft.- Kleine Mitteilungen: Rebus. Aerztlicher Ratgeber. Mannichfaltiges. Preisaufgabe.

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Verantwortlicher Redakteur Bruno Geiser in Stuttgart . Redaktion: Fangelsbachstraße 32.- Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart . Drud und Verlag von J. H. W. Dieg in Stuttgart .