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Aus is! der Valentin!" ricf jezt die Hofer, die nach der Was kommt denn gleichen Richtung geblickt, überrascht aus. der an einem Freitag und wen bringt er denn da mit? Und der Sepp, der Teufelsfraz, lauft ihnen grad zwischen die Füß'." Endlich hatte Eva alles an sich gebracht, und sie rannte von der Haustür, wo sie gestanden, hinweg und der Lahn   zu, ohne sich umzusehen.

Aber Sepp rief ihr nach:

Everl, schau doch, schau, ich hab ein Pferd, das reitet wohin ich will."

Stolz, mit vor Entzücken glänzenden Augen konnte man jezt Sepp auf den Schultern Valentins erblicken. Rittlings saß er ihm auf dem Nacken und seine furzen Beine strampelten un­barmherzig, als gälte es die Sporen einzusezen, auf der Brust des jungen Burschen herum.

Aber die Everl wollte die Zurufe nicht beachten, und sie zeigte gar keine Neugierde und fing nur noch schneller zu laufen an.

" Hi,," schrie der kleine Reiter hinter ihr drein, du Pferd, du reitest mit mir bis zu unserem Häusel, recht schnell, und du spielst dann mit mir wie neulich, gelt ja? ich hab dich gar so lieb, weißt, weil du immer mein Pferd bist," und er neigte sein lockiges Haupt und Valentins Hals mit beiden Händen umfassend, küßte er ihn auf die Stirne. Und das Pferd zeigte sich seinem Reiter willig und gehorsam; es ſezte Eva nach und hatte sie bald eingeholt und überholt, und der junge Uebermütige schnaubte und pirouettirte jezt nach echter Pferdemanier vor ihr her, die Verlegene, Hocherrötende dem See entgegendrängend und ihr den Heimweg versperrend.

Und der kleine Reiter verstand das Manöver und lachte darüber so ausgelassen, daß schier zu fürchten war, er werde von seinem Pferd herunterfallen.

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Ei Everl, guten Abend," sagte Valentin, du glaubst wohl, du kannst schneller laufen wie wir, ja g'fehlt, wir sind dir schon vorgekommen und nun mußt dich halt ergeben. Bist ja ch' schon rot wie ein Pfingstroserl vor lauter Eilfertigkeit oder vielleicht von sonst was?" Er sah ihr voll neckendem Mut­willen in das Gesicht. Stehen bleiben sollst," rief er dann mit einem Auflug von Unwillen; du kommst nicht eher an mir vorüber, che du mich nicht ang'seh'n und ein gutes Wort geben hast; gelt Sepp, sie muß auch ein bissel freundlich sein mit deinem Pferd."

Streichle mein Pferd, Evi!" rief dieser befehlend von seinem hohen Siz herunter.

Diese wendete sich aber immer secwärts, so daß sie hart an den Damm heraustrat; ihre Holzschuhe ließen sie straucheln und Valentin faßte sie rasch um die Taille, als hätte er ihr Hineinfallen gefürchtet.

Sie aber riß sich, bis zu Tränen aufgeregt, wieder von ihm los.

Laß mich, wenn du mich nur siehst, so fangst schon mit deinen Dummheiten an, aber ich hab' keine Zeit dafür, ich muß dem Vater die Suppe kochen."

Also mit der Arbeit hast es so pressant, schau!" spöttelte Valentin, und in einen mutwilligeren Ton übergehend, und ich hab' glaubt, du laufst vor mir davon."

Das junge Mädchen warf die Lippen auf. " Oho, vor dir?! Das könnt' mir einfallen!" Sie wollte dem trozigen Ton noch einen trozigen Blick hinzufügen, aber dieser Versuch mißlang; es schien fast, als traue sie sich nicht, ihm in die Augen zu schauen.

So-" sagte er gedehnt, während ein recht übermütiges Lächeln um seinen Mund zuckte." Keck bist du auch noch mit mir, dafür werd ich dich halt wieder strafen müssen, wie neulich weißt dus noch?" fügte er leiser hinzu, indem er sein Gesicht zu ihr hinabneigte, daß es das ihrige fast berührte.

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" Valentin!" rief sie entsezt, und sie ließ das Brot fallen, weil sie es so gar eilig hatte, sich mit der einen Hand den Mund zuzuhalten.

Die Hoferin war indes mit Arnold, der ihr von seiner alten Kameradschaft mit Valentin erzählt hatte, herangekommen. Aus is!" rief sie, im Aerger die Händen zusammen­schlagend, jezt läßt sie das Brot gar am Boden herumkugeln! Tu hasts notwendig, so einen sündigen Uebermut zu treiben, du! Des seids bei unserm Herrgott eh schlecht gnug ang'schrie­ben; aber ich mein, wenn man dir was gibt, so kannſts auch nehmen." Sie hielt ihr den Schoten hin, den sie in ein Stück Papier   gewickelt hatte.

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" Ich hab drauf vergessen

stotterte Eva.

Es wär grad kein Unglück," bemerkte Valentin lustig, ich hätt dir ihn schon hinübergebracht, wenn du auch gleich vor mir erschrocken wärst."

Die Mutter warf einen erstaunten, aber höchst unzufriedenen Blick auf den Sohn, und einen zweiten, nicht eben freundlicheren auf das junge Mädchen, das noch immer hoch erglühend mit niedergeschlagenen Augen dastand und den kleinen August gegen ihre Brust drückte.

" Und was wär mir denn das mit dem Valentin? Du kennst ihn lang genug, mein ich, daß d'nicht so ein Schrecken vor ihm zu kriegen brauchst, wird der Bub aber feck mit dir, so sags nur gleich, ich werd ihm die Keckheit schon vertreiben." Aber Everl trat nicht als Klägerin auf, sie stammelte schüchterne Dankesworte, und daß sie es sehr eilig habe.

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So laß den Seppl herunter, damit sie einmal alle mit­einander nach Haus kommen," befahl die Mutter.

Valentin gehorchte und er legte hierauf das Brot, das er vom Boden aufgehoben hatte, dem Buben über die Arme.

Das wirst du tragen, Sepp," sagte er, bist ja auch schon ein starker Kerl, und mußt doch zeigen, daß du zu was tauglich bist. Und so hat die Everl wenigstens eine Hand frei, wenn sie sich vielleicht heut noch einmal den Mund zuhalten muß."

Everl stürzte bei diesen Worten an ihm vorbei, um nur nichts weiter zu hören, und Sepp folgte ihr, in seinen kurzen Lederhöschen gravitätisch einherschreitend und das Brot auf beiden Armen tragend, nach.

Er war ganz sanft und fügsam geworden und er sah sich öster um, und wechselte dann mit seinem großen Freund einen Blick des Einverständnisses.

Hatte ihm dieser doch versprochen, heute noch zu ihm zu kommen, um mit ihm zu spielen?

( Fortsezung folgt.)

Omar Chajjam  , ein poetischer Freigeist des Drients.

Bon J. Stern.

Die deutsche Sprache, sagt D. F. Strauß, der Verfasser des Lebens Jesu, ist ein Pantheon, worin neben den einhei­mischen Bildwerken in Marmor oder Bronze zugleich die vor­züglichsten der auswärtigen in vollendeten Gypsabgüssen aufge­stellt sind. Inbezug auf poctische Erzeugnisse fremder Völker befindet sich der Deutsche, den Genossen anderer neuen Völker gegenüber, in entschiedenem Vorteil. Wie sein Land, so nimmt auch seine Sprache gewissermaßen ein zentrale Stellung ein. Nicht sowohl etymologisch wie die lateinische, daß sie die Wurzel

und damit der Schlüssel eines weiten Kreises von abgeleiteten Sprachen wäre, als vielmehr sozusagen typisch, indem die poe­tischen Formen aller andern Sprachen sich in keiner so rein abdrucken lassen wie in ihr. Sie ist die einzige unter den lebenden Sprachen, welche die Fähigkeit hat, die Dichtungen der verschiedensten Völker alter und neuer Zeit in ihren ursprüng­lichen Maßen wiederzugeben. Seit Voß für Homer  , Schlegel für Shakespeare   die Bahn gebrochen, können wir Deutsche alles, was vom Ganges   bis zum Tajo   während nahezu dreitausend