des alten Theelen, und als lezterer bald darauf starb, der Chef der alten Firma, die er aus Gotthilf Theelen" in " Theelen Nachfolger" umänderte.

Immer heller strahlte das Gestirn des alten Hauses mit der neuen Firma auf, und der jezige Besizer beschränkte sich nicht, wie sein verstorbener Schwiegervater, auf Waarengeschäfte, sondern betrieb, den Anforderungen der Gegenwart Rechnung tragend, moderne Spekulationen in Aktien, Straßendurchbrüchen und ähnlichen Unternehmungen. Dabei operirte er mit vielem Glück, denn Wechsel mit seinem Accept oder Giro galten bei den Banken für hochfein und waren überall wie baares Geld zu begeben.

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kenner wußte er zu gut, wie wenig eines Menschen Eigen­tümlichkeiten durch Worte geändert werden können. Er belehrte nie und widersprach ebensowenig, sondern er nahm die Menschen stets wie sie waren. Dieser Maxime auch jezt folgend, erwi­derte er mit dem Tone vollster Ueberzeugung:

" Ich bin überrascht, liebe Leopoldine ! Mir ist, als hätte ich dich nie so schön gesehen als heute!"

Wirklich? Findest du?" lispelte sie geschmeichelt, das freut mich, ich will ja auch niemandem gefallen wie nur dir!" " Du musterhafte Frau!" flüsterte er ihr zu, und füßte ihr galant die Hand, aber heute sollst du allen gefallen, mehr noch, du sollst allgemein imponiren, was dir nicht schwer fallen

Das war das Aeußere des Theelen'schen Hauses, wie alle wird, denn wer ist so Meisterin der Honneurs wie du?" Welt es kannte.

Treten wir jezt in das Innere.

Hier schwamm augenblicklich alles in einem Meer von Licht. Tropische Pflanzen schmückten das Treppenhaus und der Duft prachtvoller Hyazinten und Maiglöckchen durchzog aro­matisch alle Räume des Hauses.

In einem kleinen Zimmer des ersten Stockwerkes, das auf der Hofseite lag, befand sich der Herr des Hauses.

Ernst Senger war eine imposante Erscheinung, ein wahr­haft schöner Mann.

Groß und stattlich gewachsen, hatte seine Figur bei kräf­tigster Männlichkeit doch etwas Elastisches in den Formen. Sein Gesicht war regelmäßig und angenehm. Namentlich übten die großen blauen Augen, die ungemein lieb und freundlich blicken konnten, einen wahrhaft magnetischen Zauber aus. Das hellblonde Haar und der rötlich blonde, wohlgepflegte Vollbart paßten sehr gut zu den Augen und dem rosigen Teint des Gesichts.

Senger stand vor einem hohen Wandspiegel und beendete soeben seine Toilette.

In diesem Augenblick schlug die Pendule auf dem Kamin­sims neun.

" Benachrichtigen Sie das Kammermädchen meiner Frau", fagte Senger zu seinem Diener, der ihm Hut und Handschuhe reichte, daß es Zeit ist, im Salon zu erscheinen!"

Der Kammerdiener verneigte sich und ging hinaus. Senger zog die Handschuhe an und wandte sich dann eben falls zur Tür. Beim Umdrehen fielen seine Blicke noch ein­mal in den großen Wandspiegel, aus dem ihm sein stattliches Bild entgegen strahlte.

Keine Eitelkeit war es, die ihn Freude empfinden ließ; jedes weibische Gefühl war ihm fremd.

" Du bist mir Bürgschaft", rief er seinem Spiegelbilde zu, , daß alle meine Pläne gelingen!"

Stolz und selbstbewußt begab er sich in den an den Ball­saal stoßenden Salon.

Dort kam ihm Leopoldine entgegen.

Wenn die oftmals aufgestellte Hypotese, daß man eine Frau nach ihrer Art, sich zu kleiden, am sichersten beurteilen kann, wirklich richtig ist, dann wäre das Urteil über die junge Ma­dame Senger nicht besonders günstig ausgefallen.

Leopoldine Senger, geborene Theelen, war schon an und für sich nicht sehr reizvoll. Klein und mager von Figur, mit einem gutmütigen, aber ausdruckslosen Gesichte von Natur be­gabt, wäre sie überall unbemerkt geblieben, wenn sie nicht durch übertriebenen Kleiderlurus aufgefallen wäre.

Heute trug sie ein firschrotes Schleppkleid von schwerem Seidenstoff, weißseidene Schärpe und hellblaue Vergißmeinnicht­koiffure. Hals, Arme und Taille ihrer Robe waren mit schim­mernden Brillanten förmlich übersät..

Senger starrte seine Frau einen Augenblick überrascht an, wie sie ihm höchst lustig und vergnügt entgegenkam; sie hatte feine Ahnung davon, daß sein Schönheitssinn durch die Zu sammenstellung ihrer Toilette arg verlezt wurde.

"

Was siehst du mich denn so prüfend an, Männchen?" fragte heiter die Arglose.

Senger hatte sich bereits wieder gefaßt. Als feiner Menschen­

Schmeichler!" lächelte sie, wünschest du, daß ich heute jemand ganz besonders auszeichne?"

" Ja, den jungen Baron Bernhard von Warren," belehrte sie ihr Gatte, entfalte gegen ihn deine ganze Liebenswürdig­keit; fordere ihn scherzend zuerst zum Tanze auf und deute im Gespräch, wie von ungefähr auf deinen neuen Diamantschmuck; erzähle ihm, daß ich ihn dir kürzlich schenkte!"

" Das hätte ich ohnedies getan," versicherte Leopoldine , denn ich bin ganz stolz auf dieses schöne Halsband, das ich heute zum erstenmale trage, wenn auch ganz heimlich sich das Bedauern darein mischt, welche großen Summen du für diese blinkenden Steine gezahlt haben mußt!"

"

" Liebes Kind," sagte er nachlässig und doch mit einer ge­wissen Renommage, mache dir wegen des allerdings sehr hohen Preises der Diamanten keine Sorgen. Denke, daß du die Frau cines Millionärs bist, und daß der immense Wert dieser Steine meiner Liebe für dich gleichkommt."

" Das macht mir die Diamanten auch doppelt wert," flüsterte sie glückselig, und hätte ich noch einen Wunsch in all' dem Uebermaß von Glück, das der Himmel über mich ausgeschüttet hat, so wäre es der, daß mein seliger Vater noch den glän­zenden Aufschwung unseres Hauses miterlebt hätte."

Senger trat unmutig einen Schritt zurück.

" Welche traurigen Gedanken beim Beginne eines Balles!" " Nicht traurig," rief sie, nein, erhebend für mich, denn ich denke dabei, welches Unrecht mein Vater einst gegen dich beging, als er in unsere Heirat nicht willigen wollte! Oft haben mich Gewissensbisse gequält, weil ich die Einwilligung zu unserer Heirat erzwang, aber nun bin ich über meine früheren Skrupel längst beruhigt! Täglich bewundere ich dein Emporstreben von neuem und mein Vater ist im Unrecht gewesen, als er deinen Wert nicht vollständig anerkennen wollte!"

Sengers Gesichtsausdruck war bei jedem Worte seiner Frau milder geworden.

"

Dein guter Vater war alt," sagte er sanft und beschwich­tigend ,,, er verstand den Geist der Neuzeit nicht. Friede seiner Asche!"

Ein Diener trat ein und meldete, daß der erste Wagen vor­gefahren sei.

Senger befahl, daß der Tee servirt werden solle. Der Diener verschwand wieder.

Komm', liebste Frau, wir wollen unseren Gästen vereint entgegengehen!"

Damit wollte er ihr den Arm bieten.

, Noch eins," sagte Leopoldine , ohne den Arm ihres Gatten zu nehmen, ich hätte beinahe vergessen, es dir mitzu­teilen!"

Nun?"

" 1

Bei der Toilette," erzählte Leopoldine ihm rasch, erhielt ich ein Billet der Justizrätin Harder, in welchem sie mich schrift­lich bat, ihr Fortbleiben vom heutigen Balle zu entschuldigen, da sie unerwartet Besuch von einer Dame aus England erhalten hätte. Ich schickte natürlich sogleich zu ihr zurück und ließ sie ersuchen, doch zu kommen und die Fremde mitzubringen! Du bist also unterrichtet, wenn du ein fremdes Gesicht unter unseren Gästen sehen solltest!"

" Hinlänglich!" sagte er gleichgültig.