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Und eines Tages fuhr ich nach Paris , um mein Stück, die Frucht schlafloser Nächte, den Schauspielern des Königs vorzulesen. Sie haben keinen Begriff, welche Mühe es mir machte, dahin zu gelangen. Aber ich ließ mich nicht irre machen. Neunundneunzigmal abgewiesen, kam ich zum hundertstenmal wieder; ich hätte mich aus Wut und Verzweiflung längst in die Seine gestürzt, wenn mir nicht für die Unsterblichkeit meiner Dichtung bange gewesen wäre. Ja, meiner Dichtung."

Bei diesen Worten zog er ein mächtiges, zusammengerolltes Manuskript aus der Tasche, das er mit Würde hin und her schwang.-" Bravo!" scholl es im Parterre.

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" Heute morgen," fuhr der Redner fort, ist es mir nach achtzehnmonatlichen vergeblichen Anstrengungen- gelungen, die Mitglieder des Lesekomités zusammenzubringen. Aber wie wurde ich behandelt: der eine schlief, der andere las, während ich mein Stück vortrug; die Damen lachten und flüsterten mit einander; sie erzählten sich offenbar ihre galanten Abenteuer der vergangenen Woche. Niemand hörte mir zu, als Herr Brizard, Herr Brizard, der hier so oft die Rollen der Könige spielt. Und was tat er? Er sagte sehr häufig: Sehr gut für einen Steuereinehmer!" Als ich zornig fragte, was er damit meine, antwortete er: Nun, daß Sie der Poesie ihren Nun, daß Sie der Poesie ihren Boll abtragen!" Die Damen lachten über diesen Wiz; mein Stück ward einstimmig verworfen, und man erklärte es für un tauglich zur Aufführung, obschon niemand als Herr Brizard die Vorlesung angehört hatte."

Schändlich! Abscheulich!" scholl es aus dem Parterre. " Ja wohl, schändlich," fuhr Billard fort. Ueber ein Werk, an dem ein Dichter mit Aufgebot aller seiner Kräfte jahrelang gearbeitet, urteilen diese leichtfertigen Künstler, die ohne den Dichter nichts, gar nichts wären, in solcher Weise ab. Aber es gibt einen höheren Richter, und an ihn appellire ich. Das sind Sie, wertes Publikum, und an Ihrer Gerech tigkeit werden die kleinlichen Intriguen dieser Künstler scheitern. Richten Sie über mein Stück!"

Der junge Mann hatte mit jenem Feuer gesprochen, das die Menge so leicht mit sich fortreißt; ein Sturm des Beifalls ging durch den Saal. Man dachte nicht mehr an Molière. Gerade das Außerordentliche an dieser Situation gefiel. Billard sah sich als Herrn der Situation.

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" Verchrtes Publikum," fuhr er fort, Molières Stück läuft Ihnen nicht fort. Ich will Ihnen meinen Verführer" vor­lesen; Sie sollen urteilen!"

Lesen! Lesen!" rief es im Publikum.

Ein Polizei- Inspektor erschien im Wachtlokal und richtete an Billard die Frage:

,, Sind Sie der Herr, welcher das Publikum so aufgereizt hat, daß es heute alle Schauspieler auspfeift?"

Ah," sagte Billard , dies herrliche Publikum; es rächt den Dichter des Verführers."

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" Ja," sagte der Inspektor, so heißt das Stück, welches man vorgelesen haben will."

Ich bin bereit, es zu tun," sagte Billard .

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Kommen Sie," antwortete der Inspektor.

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Billard war entzückt; man gab nach. Wohin anders konnte

ihn der Inspektor führen, als ins Theater?

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Man stieg in einen Wagen und fuhr weg. Der Inspektor sprach nichts. sprach nichts. Billard schwelgte im Vorgefühl seines Triumphes. Der Wagen hielt; aber wie erstaunte Billard, als man sich in einer ihm gänzlich fremden Gegend befand.

" Hier kommen wir nicht ins Theater!" rief er.

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Nein!" sagte der Inspektor ruhig," wir kommen hier vors fript 9

läufig in meine Wohnung."

Aber was denken Sie, ich muß ins Theater. Das Pub lifum ruft nach mir. Sie berauben die französische Literatur, Sie berauben die französische Nation! Ich werde Ihnen nicht folgen! Ich gehe ins Teater!"

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Aber Billard fuhr zurück. Der Inspektor zog eine Pistole und richtete sie auf den Gefangenen. Was sollte dieser tun? Billard besann sich noch zur rechten Zeit, daß mit ihm auch sein Stück verschwinden würde, und er fügte sich. Er ward in mit alle eine kleine Stube geführt.

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Wenn Sie sich ruhig verhalten," sagte der Inspektor, so werde ich Sie nicht fesseln. Ich gehe, um weitere Befehle be züglich Ihrer einzuholen. Meine Haushälterin wird Ihnen bort br Gesellschaft leisten, bis ich wieder zurück bin. Jeanette," ſagte as den er zu der eben Eintretenden, ich schließe das Haus ab. Du Ms der

wirst den Herrn bewachen."

" Ist er gefährlich?" fragte Jeanette leise. Gott bewahre," sagte der Inspektor, er hat vor meiner ungeladenen Pistole Angst gehabt."

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Jeanette lachte laut auf, und der Inspektor ging. Nun, sollte man denken, war dem Gefangenen die schönste äumen Gelegenheit zur Flucht gegeben. Mit einer Haushälterin war ja fertig zu werden.

Der entzückte Dichter rollte langsam sein Manuskript aus­einander und nahm eine feierliche Haltung an. Allein nun folgte auf seine kühne Improvisation der Gegenstoß von Seiten des für seinen Ruf besorgten Theaterdirektors. Es erschienen Soldaten auf dem Orchester; ein Offizier ging auf Billard zu und ersuchte ihn, zu folgen. Billard weigerte sich; ein Sturm entstand im Parterre, das sofort für ihn Partei nahm, allein die Wachen führten den jungen Mann fort, ehe das Parterre ihm zu Hilfe kommen konnte.

Billard schlug um sich wie ein Rasender; der Offizier drohte ihm, daß er ihn einigemal werde in der Seine untertauchen lassen, wenn er nicht ruhig sei. Zähneknirschend fügte sich Bil­lard in sein Schicksal, denn er wußte wohl, daß unter Lud­ wig XV. mit der Polizei- und Militärgewalt nicht zu spaßen war. Auf der Wachtstube angekommen, ruhte Billard ein wenig aus. Dann wandte er sich an den Offizier, der ihn verhaftet hatte, und fragte ihn, ob er denn sein Lustspiel kenne?" Nein!" sagte der Offizier.

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,, Nun," sagte Billard , dann werde ich es Ihnen vorlesen. Sie werden mir Gerechtigkeit widerfahren lassen."

" Aber," sagte zögernd der Offizier, an diesem Orte-" ,, Ganz gleichgültig," fiel Billard ein, man hat hier auch guten Geschmack. Hören Sie!"

Und er wollte vor dem verlegen dreinblickenden Offizier und den neugierig herandrängenden Soldaten die Vorlesung be­ginnen. Da griff der Zufall wieder ein.

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Aber da täuscht man sich. Ein Polizei- Inspektor ist ge wöhnlich ein vorsichtiger Mann. Darum hatte er sich auch nicht etwa eine schlanke und zarte Pariserin, sondern eine höchst derbe piel bo Normännin zur Haushälterin bestimmt.

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Man sah Jeannette es an, daß sie dem Geschlechte jener so streitbaren Normannen entstammte, die einst England und Ita lien besiegten. Sie war eine mächtige Figur von kolossalem Gliederbau. Wie ein schwergepanzerter Kürassier schritt sie ein enton." her. Ihre muskulösen roten Arme und ihre breiten Hände

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flößten dem etwas schmächtigen Billard gewaltigen Respekt ein. Zuhörer Er versank in tiefes und schmerzliches Nachdenken.

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Sein Schmerz rührte die etwa vierzigjährige Normännin; sie frug teilnehmend, was er verbrochen. Ein Mann von Jillard Ueberlegung hätte die dicke Jeanette mit einem Schäferstündchen Karotte überrumpelt und so die goldene Freiheit wiedergewonnen. Aber Billard Billard war ganz von seinem Lustspiel in Anspruch genommen. ause e Als ihn daher Jeanette fragte, was er denn verbrochen habe, As da antwortete er: Verbrochen? Verbrochen habe ich gar nichts; Berühm allein ich habe ein Lustspiel gedichtet, ein Meisterwerk, und latsch­man will es mich nicht vorlesen lassen."

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Was ist denn das, ein Lustspiel?" sagte Jeanette ganz ten unbefangen. gentli Glückliche Unschuld!" rief Billard leidenschaftlich, o Sie arry. sollen hören, was ein Lustspiel ist."

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Damit begann er sein Lustspiel vorzulesen. Jeanette hörte en tom eine Weile neugierig mit offenem Munde zu, dann aber wurde schon ihr die Sache langweilig und sie schlief ein. Billard bemerkte under es nicht; er las eifrig fort. So fand der Inspektor die beiden illard als er wieder erschien.

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