Es war ein ehemaliger Salzarbeiter, den sie zum Militär genommen und der, als er wieder zurückkam, den Bramarbas spielte und zur Arbeit nicht mehr recht taugte.
Im Bergwerk wollten sie ihn nicht haben, und im Orte fürchtete man sich vor ihm; so fam er immer mehr herunter. Zulezt hatte die Gemeinde, die selbst ohne Mittel und in äußerster Dürftigkeit war, dem gänzlich Subsistenzloſen die Todtenkammer als Quartier angewiesen, und als ein rauher Winter eintrat, hatte man so viel Mitleid gehabt und ihm einen Ofen hineinsezen lassen. Er hieß Vogerl, der Lokalwiz hatte ihm aber noch den Spiznamen„ Unmensch" beigelegt, den er nicht ohne Behagen annahm.
Vogerl Unmensch stand in dem üblen Ruf, alles Getier, das er erwischen konnte, umzubringen und für seinen Schmaus herzurichten. Es hieß, seine Nahrung koste ihm keinen Kreuzer, denn er esse Kazen und Hunde, aber auch Mäuse und Ratten, von denen es in seinem sonderbaren Wohnorte wimmelte. Er lüpfte, Arnold begrüßend, den ganz zerrissenen und zerknüllten Hut.
79
" Der Herr ist ein Fremder?" sagte er, sich verbeugend; und sich hierauf selbst vorstellend, und ich bin halt der Vogerl Unmensch, ein ausgedienter Soldat, nun, das weiß ein jeder Mensch; und ich wohne ganz in der Nähe, und wenn der Herr vielleicht die Kirche anschauen will, oder das Lei- Beinhaus" -er kam in seiner lallenden Sprache nicht gut über die B hinüber- " so stehe ich immer zu Diensten." Arnold firirte den Vagabunden einen Augenblick, dann fragte er:„ Ist Fräulein Barr von hier fortgegangen?" Vogerl hatte ein vertrauliches Nicken.
-
" Natürlich, die gräfliche Verwandtschaft hat die Elsa gleich nach dem Be- Begräbnis abgeholt; es war ja für die Herrschaft eine höllische Bla Blamage, daß er nicht einmal Blamage, daß er nicht einmal christlich bebegraben worden ist; aber auf unserm Gottesacker werden Heiden nicht zugelassen." Er richtete sich graviEr richtete sich gravitätischer in die Höhe und atmete seinen abscheulichen Lualm
-
Arnold ins Gesicht.
Dieser trat angewidert zurück.
"
Wohin ist der Leichnam gebracht worden?"
" Der Barr hat sich selber die Gruft ausgesucht," lachte der Unhold,„ da oben am Sebenstein; hoch oben, als wollt er dem Himmel näher sein, hat man ihn eingesenkt; ob der aber die ewige Ruhe findet, die wir andere Christenmenschen zu erwarten haben- hm- hm, ich möchte es be- bezweifeln. Die bezweifeln. Die Billa iſt jezt verſchloſſen, wenn Sie sie aber von außen zu besichtigen wünschen, mein Herr, ich bin bereit Sie zu führen, wir nehmen eine Plä Plätte."
" Ich danke Ihnen, ich weiß hier selbst Bescheid." sagte Vogerl gedehnt.„ Sind vielleicht von der
" So"
-
Gerichtskommission, die für morgen erwartet wird, sind vielleicht der Herr Rechtsanwalt selber?"
Er machte wieder ein Kompliment, so daß ihm das ungefämmte Haar ins Gesicht fiel.
" Die Gerichtskommission wird erwartet, da soll wohl in der Billa das Inventar aufgenommen werden?" fragte Arnold. Bogerl Unmensch hatte ein behagliches Schnauben. wußte von nichts, so konnte er als der Auskunftgebende sich Er fand sich feiner Gerichtsperson gegenüber und der da
etwas zugute tun.
" Ja wohl, mein Herr, über alles dort Befindliche wird die Inventur aufgenommen; na also wollen Sie oder wollen Sie nicht? einem ausgedienten Soldaten, wie ich bin, kommts
-
umsonst hin
solche Auskunft gibt ihm nicht ein jeder, und überhaupt laß ich mich nicht gern, so mir nichts dir nichts, von der Arbeit aufhalten."
" Zu deiner Arbeit kommst du noch früh genug, und es liegt nicht in meiner Absicht, dir allzureiches Material dafür zuzuführen." Arnold wandte ihm den Rücken.
Vogerl behielt beide Arme in die Seiten gestemmt und sah dem Dahinschreitenden mit einem widerlichen Lächeln nach.„ Vor solchen Kerlen graust mir immer," grunzte er, sich schüttelnd. Sie schimpfen einen nicht, wie ein gewöhnlicher aufrichtiger Mensch tut, sie lassen sich aber auch nicht imponiren, man weiß nicht, wie man mit ihnen dran ist."
"
Arnold stieg gegen die Lahn hinab. Er hätte gerne mit Georg gesprochen, aber dieser war am Salzberg oben, und so wollte er denn hinüberfahren und das einsame Ufer betreten, das so wehmütig teure Erinnerungen in ihm weckte.
Am Landungsplaze lagen mehrere Boote, er sprang in das erste beste und machte es los.
Nach zwanzig Minuten befand er sich am jenseitigen Ufer. Er fuhr in die Schiffshütte ein und sprang ans Land. Wie er über die feuchten faulenden Matten dahinschritt, scheuchte er eine Schaar Krähen auf, die krächzend weiter flogen. Er wandte sich der Villa zu.
Ein Gedanke drängte sich ihm auf und begann ihn zu beunruhigen. Morgen sollte hier in der Stille die Inventur aufgenommen werden, würde es ihm gelingen, sein Recht auf das Manuskript geltend zu machen und würde ihm sein geistiges Eigentum sofort zurückgestellt werden? Er bezweifelte es. Eine Amtshandlung würde darüber eingeleitet werden, das Manuskript selbst würde beschnüffelt und vielleicht bei der Behörde deponirt werden. Im besten Falle würde eine Verzögerung daraus erwachsen, die die Drucklegung auf Monate hinausschieben würde. Er war um die Villa herumgegangen, ungeduldig und erregt. Er kam an die hölzerne Treppe, über welche man von der Rückseite des Hauses nach dem Balkon hinaufstieg, er betrat denselben und kam an den mit Laden geschlossenen Fenstern und an der Tür vorüber. Die Holzgallerie ging um das Haus herum, er machte die Runde mehrmals und stieg dann wieder hinab. Als er an der äußeren Küchentür stand, die nach dem Felsen zu ging, fiel es ihm auf, daß diese nur aus weichen
Brettern bestand, er trat näher und sah, daß das Schloß alt und verrostet und in zerbröckeltes Mauerwerk eingefügt war.
Diese Tür mußte dem Drucke einer kräftigen Manneshand nachgeben, und doch verschloß dieselbe Gegenstände von Wert,
zunächst sein kostbarstes Eigentum. In nervöser Energie drückte er daran, und was er von der Kraft eines andern befürchtet, die seinige hatte es schon zuwege gebracht: die Tür war offen.
Das Geschehnis machte ihn doch betroffen, das war Einbruch. Dann mußte er wieder lächeln, sein Arm hatte vollzogen, indes sein Verstand noch unschlüssig mit sich zu Rate ging.
Aber nun wollte er auch allen Vorteil aus dieser raschen Tat ziehen.
Der heftige Wunsch, sich sofort in den Besiz seines Ma
nuskriptes zu sezen, überwog alle weiteren Bedenken.
Der Schlüssel steckte von innen in der kleinen Tür. Er feilte ein Stück Holz in die Mauer und befestigte das Schloß, dann versuchte er die Tür hinter sich zu schließen; es gelang ihm. Er betrat das einsame verwaiste Haus.
Er durchschritt die Küche, die wohl eingerichtet war und Vorräte aller Art zu bergen schien; er gelangte in das Stiegen
über." Er stemmte beide Arme wie Henkeln an seine Seiten haus und in den ersten Stock. Die Gemächer waren dunkel, und sein aufgedunsenes Gesicht blähte sich noch mehr auf.
" Da und adieu."
furz:
die Türen und Fenster fest verschlossen, aber er hatte einen
Leuchter aus der Küche mitgenommen und zündete nun" die Kerze
an. In dem Empfangszimmer fand er noch all die trauliche
Anordnung, als wäre es vor einem Augenblick erst verlassen worden. Er schlug eine Portiere zuriick und betrat das Arbeits
besann sich aber sogleich und das Geld in der Hand hin und Bogerl verzog sein Gesicht zu einem freundlichen Grinsen, her wiegend und es mit einem Auge kritisch beschielend, sagte zimmer Barrs. er frech:" Der Herr wird schon noch etwas dazulegen müssen,
Auch hier wies alles auf eine kaum beendete Tätigkeit.