Später vermehrte man das Personal; es wurden sechszehn Richter und sechszig Geschworene eingesezt. Von den Präsidenten des Gerichts sind am meisten bekannt geworden Herman, Coffinhal und Dumas, sämmtlich Anhänger Robespierres. Ankläger war der bekannte Fouquier- Tinville. Als Voll­Als Voll­zugsinstrument der Urteile war die Guillotine bestimmt.

Am 28. März 1793 wurde das Personal gewählt, am 2. April wurde das Tribunal feierlich eröffnet und da ihm noch niemand zur Aburteilung überwiesen war, so übertrug der Konvent die Funktionen der Anklagekommission dem öffentlichen Ankläger. Das Verfahren war in den verschiedenen Perioden ein anderes; im Anfang war es so: der Präsident verhörte den Angeklagten, dann kam das Plaidoyer des Staatsanwalts, dann das des Verteidigers. Die Geschworenen beantworteten hierauf die Fragen, die der Präsident formulirte; jeder sprach laut und einzeln sein Verdikt aus. Nach dem Wahrspruch stellte der Staatsanwalt seinen Strafantrag; der Angeklagte erhielt noch­mals das Wort, dann kam das Urteil. Im Fall der Frei­sprechung wurde der Angeklagte sofort in Freiheit gesezt. Das wurde später alles anders.

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Am 31. Mai 1795 wurde das Revolutionstribunal wieder aufgehoben. Es waren nach Campardon in dieser Zeit 5215 Angeklagte vor dem Gerichtshof erschienen. 2781 davon wurden verurteilt und hingerichtet, 2200 wurden freigesprochen; 234 wurden an die ordentlichen Gerichte verwiesen oder aus besondern Umständen zu andern Strafen verurteilt. Vor dem Sturze Robespierres am 9. Termidor( 27. Juli) 1794 wurden von dieser Zahl aber 4164 Personen abgeurteilt; davon wurden verurteilt und hingerichtet 2728, also 66 Prozent.

Ueber die Tätigkeit des Revolutionstribunals sind viele Die Lügen und Uebertreibungen in Umlauf gesezt worden. Wahrheit ist, wie obige Ziffern beweisen, noch schrecklich genug.

Vor uns liegt eine Liste der vom Revolutionstribunal Ver­urteilten. Dieselbe reicht leider nur vom 11. April 1793 bis 22. Juni 1794, schließt also etwa einen Monat vor Robes pierres Sturze ab. Indessen läßt sich aus dieser Liste der Karakter des Verfahrens des Tribunals genugsam beurteilen.

Vielfach wird die Tätigkeit dieses Gerichtshofs so aufgefaßt, als habe er nur Aristokraten, Verräter und Verschwörer ver­urteilt, Angehörige jener Gesellschaftskreise und Klassen, die man als Feinde des Volkes bezeichnete, Leute des alten Systems, die vor der Revolution die Unterdrücker des Volkes gewesen, Adelige und Geistliche, Hofleute mit ihrem Anhang, verräterische Offiziere und schließlich Agenten und Diener dieser Leute. Das ist ein Irrtum. Die Listen der Hingerichteten beweisen, daß das Revolutionstribunal die große Mehrzahl seiner Opfer aus dem eigentlichen Volke nahm.

Leider haben wir die genaue Liste der Hingerichteten in der Zeit vom 22. Juni 1793 bis 27. Juli 1794 nicht zur Hand. Gerade in dieser Periode war die Schlächterei am tollsten geworden. In diesem verhängnisvollen Monat wurden in Paris über 1600 Menschen hingerichtet, an einem Tage oft 60 bis 70 Personen. Bei der sogenannten Verschwörung des Luxemburg wollte Fouquier- Tinville sogar 154 Personen auf einmal aburteilen und hinrichten und zu diesem Zweck eine große Estrade im Sizungssaale des Tribunals bauen lassen. Der Wohlfahrtsausschuß verbot ihm dies und die angeblichen Verschwörer wurden in drei Klassen abgeurteilt. Thiers be= hauptet fälschlich, die Estrade sei wirklich errichtet worden.

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Das erste Verfahren des Revolutions tribunals war gegen einen emigrirten Adeligen, Guyot- Desmoulains, gerichtet. Auf Emigration( Auswanderung) stand die Todesstrafe; der An­geklagte wurde am 6. April 1793 verurteilt und Abends bei Fackelschein hingerichtet. Damit war die furchtbare Laufbahn des Tribunals eröffnet, das so viele Todesurteile aussprechen und schließlich selbst in seinen hervorragendsten Personen das Schaffot besteigen sollte.

Anfangs waren die Prozesse vor dem Revolutions tribunal im allgemeinen gegen politische Persönlichkeiten gerichtet; das Tribunal verurteilte hervorragende Anhänger des Königtums, Offiziere von Dumouriez , Ausgewanderte 2c. Allein gleich im Anfang kamen Affären vor, welche diese sonderbare" Juſtiz" farakterisirten. Am 19. April 1793 wurde die fünfunddreißig jährige Köchin Katharina Leclerc zum Tode verurteilt. Ihr Ge liebter hatte sich zum Militär stellen müssen und sie hatte gesagt: Hätten wir nur wieder einen König, dann gäbe es keinen Krieg und mein Geliebter fönnte dableiben."- Man klagte die arme Köchin, die bei einem Kaufmann in Dienst stand, an, " Mangel an Bürgersinn" bekundet zu haben und ward sie, die ein Recht hatte, sich für völlig unschuldig zu halten, zum Tode verurteilt. Ihr Verhalten hatte indessen den Präsidenten des Revolutionstribunals Montané zu der Ueberzeugung gebracht, daß Katharina Leclerc unmöglich die Bedeutung der Worte verstanden haben könne, die gesprochen zu haben sie angeklagt war. Montané*) verwendete sich bei dem Abgeordneten Mazuyer für die Verurteilte. Dieser stellte auch im Konvent den Antrag auf Begnadigung. Die Versammlung war gut gestimmt," heißt es in den Memoiren eines Zeitgenossen; sie hatte bereits eine ähnliche Gunst einem Bürger bewilligt, der zum Tode ver urteilt worden war, weil er einen unbeeidigten Priester in einem Streite getötet hatte. Ein Abgeordneter unterstützte warm Mazuyers Bitte. Unglücklicherweise bot diese Sache seiner Beredtsamkeit ein zu schönes Tema; während der Redner seine Periode rundete und Griechen und Römer zitirte, fiel einige Straßenlängen von der Tribüne der Kopf, den er sich zu retten vorgenommen hatte, und man konnte zur Tagesordnung über gehen."

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Wir geben das Verfahren gegen die arme Köchin so aus führlich, weil es für viele andere Prozesse typisch ist.

Am 28. März wurde ein Droschkentutscher hingerichtet, weil er gesagt hatte, eine Partei, deren Haupt er, der Droschken kutscher, sei, werde bald alles wieder in Ordnung bringen. Die Betrunkenheit konnte den Armen nicht schüzen.

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Es waren," sagt der schon oben zitirte Memoirenschreiber, nicht die großen Schuldigen, gegen welche man das Tribunal eingesezt glaubte."

Man findet unter den Opfern der ersten Zeit verhältnis mäßig viele Frauen. Begreiflich, wenn die Liebesschmerzen einer armen Köchin schon staatsgefährlich werden konnten! Am 17. Juni verschlang das Schaffot eine Anzahl bretagnischer Edelleute, darunter befanden sich eine fünfzigjährige Frau de la Motte, die dreißigjährige Tochter des Parlamentsrats Fougères und die vierundzwanzigjährige Angelica Defilles, die Schwester eines übertrieben verherrlichten royalistischen Offiziers, der in Nancy ums Leben kam, als er bei einer Soldatenmenterei ver söhnlich auftrat.

Charlotte von Corday, die Mörderin Marats , ward a 17. Juli guillotinirt. Am 5. September schlachtete man acht Bis zum Tode Marats zählen wir beim Revolutionstribunal Bürger aus Rouen und eine Frau, weil sie einen Freiheits etwa 36 Hinrichtungen. Charlotte Corday hatte sich sonach sehr baum umgesägt hatten. Am 24. September fällt der Kopf der getäuscht, als sie mit der Ermordung Marats das Schreckens- sechsundfünfzigjährigen Witwe Lefebure, weil sie Pétions system beseitigt zu haben glaubte. Es begann erst recht nach Schwiegermutter war". Natürlich fand man für ihre Ber ihrem Tode am 17. Juli. Marat verfolgte mehr die Häupter urteilung einen plausiblen Grund. Wegen eines Attentats auf

der Parteien, als deren Masse; die Menge des Volkes dominirte damals unter Marats Einfluß über den Konvent. Nach Marats Tode erst begann das Schreckenssystem sich gegen die große Masse zu richten, und Sieyes hatte ganz recht, wenn er die Zeit der Robespierre'schen Diktatur als eine Unterdrückung des Volkes durch den Konvent bezeichnete.

den Abgeordneten Léonard Bourdon wurden neun Bürger von Orleans hingerichtet. Sie trugen das rote Hemde ber

*) Montané war den Schreckensmännern zu mild. Fouquier Tinville denunzirte ihn, einige Verurteilte, darunter Charlotte Corday begünstigt zu haben. Der Konvent ließ Montané verhaften und lezterer

blieb in Haft bis zum September 1794. Dann wurde er

freigesprochen.

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