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Endlich hatte man sich in dem kleinen Renaissance- Salon| nebenan zu folgen, da er ihr Urteil über ein neues Arrangemit den alten Gobelins und den Sizmöbeln aus rosa Seiden- ment, das er vorzunehmen gedenke, einholen wolle. damast niedergelassen. Erfrischungen wurden servirt und alle waren heiter und aufgeweckt.
Man sprach von der Soirée der Fürstin Lilli, welche in einigen Tagen stattfinden solle, und zu welcher alle Anwesenden geladen waren. Elsa sollte an diesem Abend in die Gesellschaft eingeführt werden.
Nachdem neun Monate der Trauerzeit vorüber waren, hatte Gräfin Dönhof diese Soirée, in welcher nicht getanzt wurde, für ihr Entrée in die große Welt bestimmt, und sie selbst wollte es überwachen.
Elsa, in der keine Spur einer asketischen Neigung lebte, die nach Freude verlangte, war begierig, diese Welt kennen zu lernen, von der sie so viel vernommen, und der sie doch im vorhinein ein gewisses Mißtrauen entgegenbrachte.
Der Baron zeigte sich entzückt, sie dort zu treffen und er entwarf ihr sofort ein wahrhaft verführerisches Bild einer solchen Soirée; er sprach von der Notwendigkeit, dergleichen kennen zu lernen, denn dies bedeute für eine junge Dame gewissermaßen die Erweiterung ihres Lebens und ihres Wissens.
Gräfin Dönhof sah etwas beunruhigt aus.
Sie durchschaute die Absicht des Barons, das Mädchen für sich zu gewinnen, und sie wechselte mit dem Pater einen Blick des Einverständnisses. Dieser hatte sie schon auf die Gefahr aufmerksam gemacht, daß ihnen Elsa von dieser Seite bestritten werden könnte.
Die Gräfin hatte vorhin ein großes Album mit Radirungen von Führich flüchtig angesehen, sie wünschte nun die herrlichen Bilder, die die Passion Christi darstellten, genauer zu besichtigen.
Der Pater brachte es sogleich selbst herbei und er sezte sich neben Elsa, um die Blätter, nachdem sie die Gräfin angesehen, ihr zuzuwenden und ihr den Gegenstand zu erklären.
Die beiden Verbündeten manövrirten geschickt, und sie verstanden es meisterhaft, alles und jedes als Mittel für ihren Zweck zu benüzen.
Sie berechneten im voraus, daß die Passion in so meisterhafter Darstellung ihre Wirkung auf Elsas empfängliches Gemüt nicht verfehlen könne, und sie selbst waren von dem Gegen stand erfüllt, begeistert.
Als Cölestin die Geschichte des Menschensohnes, der, um die Menschheit zu erlösen, den schimpflichen Kreuzestod erlitten hatte, vortrug, hatte seine Stimme jene Weichheit, jenen verführerischen Wohllaut angenommen, der von unwiderstehlichem Bauber war. Er wies auf die Bilder, die Blatt für Blatt dies hocherhabene Epos illustrirten, und mit Entusiasmus sprach er davon, daß diese Schöpfungen des frommen Meisters zu den schönsten der Kunst zählten, daß nur ein verdorbenes Gemüt
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Endlich!" rief Reinthal, als die Portière hinter ihnen zu gefallen und sie mit ihm in dem Gemache allein war, ich habe diesen Augenblick herbeigesehnt!"
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Sie blich stehen und die Augen zu ihm erhebend, lachte sie ihm in übermütigſter Weise gerade ins Gesicht.
" Um Gotteswillen, Baron, Sie haben mich doch nicht hier her gelockt, um mir eine Liebeserklärung zu machen?"
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„ Wenn ich wirklich eine solche Absicht gehabt hätte," vers sezte er mit einem diskreten Lächeln, Ihre Heiterkeit, teuerste Gräfin, hätte mir die ganze Unklugheit und die ganze Selbst überschäzung eines solchen Schrittes flar machen müssen." Sie suchte ihr Lachen nur in etwas zu mäßigen. „ Sie sind der liebenswürdigste, aber auch zugleich der geist reichste Mensch, und Sie würden jedenfalls Ihren Augenblid besser wählen."
„ Meinen Augenblick?!" Er seufzte in emphatischer Weise, „ ach, Helene! ich fürchte sehr, mein Augenblick, das heißt der rechte Augenblick, in dem ich das herrlichste Kleinod mir für das Leben hätte erobern können, ist für immer dahin."
Er hatte nach einer Zigarrenkassette gegriffen und er reichte sie ihr geöffnet hin.
Sie nahm eine Zigarre und entzündete sie an dem Lichte das er ihr entgegenhielt.
„ Nun," sagte sie lustig,„ Sie ertragen wenigstens dieje geringen Hoffnungen mit einem Stoizismus, der für meine Eitelkeit niederschmetternd ist."
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" Qui n'a pas les vertus de son age, de son age a tous les malheurs, sagt, glaube ich, Voltaire ; nun, Gräfin, ich leider darauf ausgehen, mir diese Tugenden des Alters anz eignen, ich werde lernen müssen, mich mit Ihrer dauernden Freundschaft zu begnügen, sonst fönnte ich allzuschmerzlich vo gewissen Tatsachen überrascht werden, wie?"
Sie warf unwillig den Kopf zurück, denn sie glaubte zu verstehen, daß er auf den Prinzen anspielte.
Er aber, wie von eraltirter Reue ergriffen, erfaßte ihre beiden Hände und küßte sie wiederholt und immer wieder in leidenschaftlicher Zärtlichkeit, und er sah ihr dabei ticf einem vertraulichen Lächeln in die Augen.
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Sie drohte ihm schelmisch mit dem Finger. „ Das sieht aber gar nicht so aus, als dächten Sie erf lich daran, sich auf den Alten- Anteil zu sezen."
Und doch möchte ich Ihnen soeben ein Geständnis ablege, das mich in Ihren Augen furchtbar ehrwürdig machen wird. Ich habe Ihnen schon von meinem Schüzling gesprochen?" " Von diesem jungen Doktor, den Sie auf Reisen geschid
damit er sich ein wenig die Hörner abstoße?"
" Sie wissen auch, was mir Lord Blomfield über ihn ge gehoben, und daß er ihn gerne selbst in sein Ministerium g nommen hätte."
dem herzbildenden Einfluß, den sie übten, sich entziehen könne. schrieben, wie sehr er seine Talente, seine Arbeitskraft hervor Und weitergehend, gipfelten seine Ausführungen in dem Ausspruch, daß jede poetische Schöpfung, jede Kunst überhaupt, eine religiöse Kundgebung sei.
Die Gräfin war über diese Wendung erstaunt, von dieser weltlichen Auslegung der Religion höchlichst betroffen, als sie aber bemerkte, wie Elsa durch diese Auslegung gefesselt ward,
" Ja, nun?"
„ Nun, dieser junge Mann kommt jezt auf meinen Wund
zurück."
" So, ah!" meinte sie mit der Miene äußerster Gleichgil weil dieselbe ihrer Anschauung verwandt war, und hierauf die tigkeit, während sie zu ihrer Unterhaltung den Rauch in Ringe Bilder mit gesteigertem Interesse betrachtete, da begriff sie die schlaue Taktik des Jesuiten , der nur das Reinmenschliche her vorhob und diesem ungläubigen Sinn vorerst den Kultus des Schönen predigte, weil er doch nur allmählich bekehrt, nur auf Schleichwegen erobert werden konnte.
Helene, die an so ernsten Erörterungen durchaus keinen Gefallen fand, hatte versucht, sich auf eigene Faust zu vergnügen, voll prickelnder Lebhaftigkeit und neckischen Mutwillens schlug sie Bücher und Albums auf, rückte an den Nippes und zog hie und dort ein Schubfach heraus.
Wenn noch etwas vorhanden gewesen wäre, das sie nicht hätte sehen sollen, ihr wäre es gewiß nicht entgangen.
Reinthal trat zu ihr und bat sie, ihm in das Rauchzimmer
durch die Nase trieb. Er neigte sich tief zu ihr hernieder: „ Und ich möchte Sie nun bitten, teure Helene, etwas von der Freundschaft, mit der Sie den Vater beehren, auch auf den
Sohn zu übertragen."
Sie nahm die Cigarre aus dem Munde und starrte ihn an
"
Das wäre-?"
" Mein Sohn," ergänzte er.
Sie war im Begriffe einen Schrei des Mutwillens, be
Ueberraschung auszustoßen.
" Pst!" machte er, es ist ein Geheimnis und muß es bleiben.
"
Ah, köstlich, wunderbar!" sie kicherte.
einen natürlichen Sohn, und die Mutter?"
„ Eine Dame-
„ Sie haben
alfo