dieser Zeit des großen industriellen Aufschwungs und des Börsen­schwindels ihnen die Alternative gestellt war, entweder auf ihren Domänen ebenfalls industrielle Etablissements zu errichten und ebenfalls mitzugründen oder unterzugehen.

Als Adel allein bedeuteten sie nichts mehr, als große Ka­pitalisten von Adel alles. Wer durfte es den Geldmenschen berargen, wenn sie, vice versa, wieder nach etwas Adel ver­langten? Die Finanzgröße drängte sich näher an den Prinzen heran und sagte langsam aber in einem diskreten Ton: Ich hoffe, gnädigster Prinz, wenn wir auf 500 Gulden per Aftie hinauf kommen, und wenn die Erwartungen meiner hohen Gönner sich damit erfüllt haben werden, daß sodann auch mein innigster Wunsch Berücksichtigung finden dürfte."

Der Prinz sah noch hochmütiger aus. Sie tragen bereits ein rotes Bändchen im Knopfloch, was wollen Sie noch?"

,, Sie wissen, ich strebe die Freiherrnfrone an", erwiderte der Finanzmann in einem bestimmten durchaus bewußten Ton ,,, und ich werde

Der Prinz machte eine Handbewegung, die eine Gewähr bedeutete und zugleich jede weitere Diskussion abschnitt.

,, Sie sollen sie haben, noblesse oblige." Er ließ ihn stehen und schritt in den Saal hinaus.

Oder eine Hand wäscht die andere", murmelte das Finanz­genie, ihm mit einem impertinenten Lächeln nachblickend, das seine unangenehme Physiognomie keineswegs verschönte.

Er steckte die Hände in die Hosentaschen und begab sich ebenfalls in den Saal zurüd.

Der Komiter hatte soeben geendet. Man lachte und rief ihm zu, man wollte noch mehr von der Sorte. Er aber schüttelte sich und erklärte sein Unver mögen solcher Unersättlichkeit zu genügen.

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Da sprang die Fürstin empor und gegen das Piano hin, sie erwischte Toto beim Ohr und zog ihn lachend wieder an seinen früheren Plaz.

Da bleiben", sagte sie, und in ausgelassener Weise mit den Fingern schnalzend, und dann die Arme gleich Henkeln in die Seite stemmend, wobei sie sich das Air einer Bauerndirne gab, rief sie lustig,' sie sei bereit, um ihren hohen Gast zu chren, einige Schnadahüpfeln mit dem, dalketen Buaben da". auf Toto zeigend, zum Besten zu geben.

Man jubelte, man wieherte, man exaltirte sich über diesen göttlichen Einfall der genialen Fürstin.

Die Hize im Saale war enorm, aber die Menge drängte schwache Organ der Fürstin in seinen seineren Nuancen noch

zu vernehmen.

Sie sang, den lokalen Ton sehr gut imitirend, mit etwas heiserer, verschleierter Stimme, nur die Pointen herausschreiend. Alles war entzückt, begeistert. Die elegante Fürstin, mit derber Geberde die saftigen, kernigen Gstanzeln begleitend, es

Dazu brauchte er einen Bundesgenossen; er hatte ihn bald gefunden und er benuzte ihn, ohne daß dieser eine Ahnung hatte von dem Dienst, den er dadurch der Kirche leistete.

Es war ein junger Kavalier, Graf Weilen, ein blasirter Geck, der vorgab, es gäbe nichts mehr, das ihn interessiren könne, und der, mit unangenehm impertinenten Mienen um sich blickend, sich berechtigt glaubte, alles fade und langweilig zu finden.

Als Seine Hochwürden ihn daher am Arme faßte und ihm lächelnd zuraunte: ,, Mein Teurer, wie ich Sie kenne, kann Sie das unmöglich ergözen", schnaufte er als Antwort zurück: Ich bin auf der Folter, Sie hat gar keine Stimme mehr, aber von ihr muß man sich immer in dieser oder jener Weise malträ­tiren lassen."

,, Aber man kann sich doch für eine Weile retten, kommen Sie, lieber Graf, wir werden uns miteinander weit besser un­terhalten."

,, Hochwürden, Sie haben etwas?" fragte Weilen, das Mo­nocle auffezend, als könne er dadurch der Sache auf den Grund

kommen.

Sie hatten einige Nebengemächer durchschritten, Seine Hoch­würden war immer einen Schritt voraus.

,, Man macht so seine Beobachtungen", sagte Cölestin mit einem geheimnisvollen Lächeln.

,, Die mache ich auch, aber die Welt ist so langweilig", der Graf gähnte und riß dabei den Mund groß auf ,,, es ist immer dieselbe Komödie."

,, Nur die Darsteller wechseln."

,, Ah!" machte der Graf mit einer Grimasse ,,, Sie wissen also wirklich etwas neues?"

,, Morgen wird es vielleicht schon etwas Allbekanntes sein." Sie waren an der Tür des Gemaches mit den roten Da­masttapeten angekommen. Cölestin blieb plözlich stehen, und von der Portiere verdeckt, lehnte er sich an die Türfüllung.

Graf Weilen postirte sich ihm gegenüber, den Oberkörper an die Täfelung gelehnt, die Füße weit vorgestreckt. ,, Es bleibt immer ein Verdienst, etwas um 24 Stunden früher zu wissen als andere Leute", sagte er mit einem schlauen Lächeln, den

Mund nach einer Seite verziehend ,,, es ist das ganze Geheimnis

der Diplomatie und der Regierungskunst, lassen Sie mich also daran partizipiren."

Cölestin warf einen Blick hinter die Portiere, er verge­wisserte sich von Elsas Gegenwart.

,, Sie gehören doch auch eigentlich zu den Intimen der

Gräfin Falkenau", sagte er leise mit verschleierter Stimme.

,, Bon, es handelt sich also um die Falkenau, la belle He­lene", rief Weilen laut, in keineswegs diskretem Ton.

,, Sie wird bald zu den einflußreichsten Frauen unserer Ge­sellschaft zählen."

Weilen meckerte vor sich hin: Prinz Heinrich wird also

bot einen wunderbaren Kontrast, es war eine reizende Pikanterie. nicht länger vergeblich schmachten?"

Cölestin allein schien daran keinen Gefallen zu finden. Ihn beschäftigten ernste Gedanken, etwas, das er sich selbst als seine

,, Es heißt auch, sie wolle sich demnächst wieder verheiraten." ,, Ah, die Sache ist schon soweit gediehen, und man braucht

blick aus dem Auge verlor. Er wußte, wo Elsa sich befand, er ahnte ihren Seelenzustand und in kluger Berechnung und

hohe Mission hinzustellen gesucht und das er nicht einen Augen einen Strohmann."

,, Graf, welch cynische Voraussezungen!"

,, Pah, nous ne sommes pas leurs dupes"; Weilen lachte

leidenschaftlicher Ungeduld glaubte er nun den rechten Augen- stoßweise ,,, und der Edle ist also schon gefunden".

,, Es heißt, sie habe bereits gewählt".

,, Und wer ist der Glückliche?"

,, Es ist jener junge Doktor, den Baron Reinthal heute hier

blick gekommen, um den entscheidenden Streich zu wagen. Sie hat die Welt kennen gelernt und in ihr die Sünde. Ihre Un­erfahrenheit und ihre Phantasie vergrößern ihr die Gefahren dieser Welt, und wenn sie sich nun auch in dem Einen betrogen eingeführt hat". sieht, auf den dies kindliche Herz vertraut hat, und den es

Dieser Arnold? Ein furchtbar langweiliger Mensch; war

liebt, so wird ihr Schmerz und ihre Verlassenheit sie uns zu gestern zum Souper bei Reinthal und den ganzen Abend mit führen. Sobald sie sich von der Menschheit hinwegwendet, ihm beisammen; kein Wiz, keine Passionen, kein Geist, ein ganz teine Wahl, es ist dies ein seelisches Muß, ein metaphysisches die man ihm zugedacht. Der Baron will ihn adoptiren, wie muß sie sich der Kirche in die Arme werfen. Es bleibt ihr deplorabler Kerl. Uebrigens sehr passend, haha, für die Rolle,

Es galt nun, all diejenigen, auf die sie sich stüzen zu

man sagt".

Wer weiß, er ist ja selbst so gut wie Bräutigam." Cö­

fönnen glaubte, ihr vollends verdächtig zu machen, und alle lestins Stimme war kaum vernehmlich. Der Graf rief aber Illusionen ihr zu vernichten.

nur umso lauter: