ihnen bei Lexington um die Ohren pfiffen. Die Söldner des großen britischen Inselreichs waren eine stattliche Paradetruppe, und die hohen und schweren Bärenmüzen mögen den armen Teufeln manchen unnötigen Schweißtropfen ausgepreßt haben. Die englischen Landheere hatten damals in Amerifa einen leidlich guten Ruf; hatten sie doch erst 1759 vor Duebeck unter James Wolfe den großen Sieg über die Franzosen unter Montcalm erfochten, der die genannte Stadt in ihre Hände brachte! Und was waren es nun für Leute, die sich ihnen bei Lexington teils hinter Verhauen und sonst gedeckten Stellungen, teils offen entgegenwarfen? In Schlözers Briefwechsel werden fie folgendermaßen beschrieben: Viele tragen schloweiße Per rücken mit Lämmerschwänzchen oder à la Abbé, und die Träger dieser Perrücken sind zumteil 50 oder 60 Jahre alt, aber man sieht ihnen den Ernst, weswegen sie ihre Donnerbüchse und das Pulverhorn ergriffen, an der Nase an, und besonders in Wald affären ist mit ihnen gewiß nicht zu spaßen." Der Künstler hat dies auf unserem Bilde auch trefflich dargestellt. Da hat Jung und Alt zur Büchse gegriffen und feuert mutig auf den anrückenden Feind, dessen Musketensalven unter der kleinen Schaar der Freiheitskämpfer Tod und Wunden verbreiten. Der Widerstand wird fortgesezt und die Heldenschaar erreicht ihren Zweck, den Feind so lange in Schach zu halten, bis die Vorräte in Concord in Sicherheit sind.
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Lange freilich konnte der ungleiche Kampf nicht dauern. Sieben Tote verloren die Amerikaner, dann räumten sie ihre Stellungen, und die Briten rückten nunmehr unaufgehalten nach Concord vor, wo sie stolz als Sieger einzogen. Aber die Freude sollte nicht lange währen. Sie fanden nur zwei Geschüze vor; alles andere war fortgeschafft. Und plözlich rückten von allen Seiten die amerikanischen Milizen, die jedes Dorf mit seinem Pfarrer ausgesandt hatte, gegen die Briten heran; diese erhielten ein so wirksames Gewehrseuer, daß sie schleunigst Fersengeld gaben und sich gegen Boston zurückzogen. Sie wären gänzlich aufgerieben worden, hätte ihnen nicht General Gage Verstärfung entgegengesandt, die sie aufnahm und nach Boston rettete. Die Engländer hatten bei dieser Affäre 273, die Amerikaner
49 Mann verloren.
Man hatte den bekannten Marsch Yankee Doodle" seitens der Engländer zur Verspottung der Amerikaner geblasen. Jezt schlug die Sache um, und wie einst die tapferen Geusen ihren Spiznamen, so nahmen die Amerikaner den YankeeDoodle an und spielten ihn den Engländern vor. Die Engländer sollten den Spott gar bald sich abgewöhnen.
zosen unter dem später in der Revolution guillotinirten Estaing den Amerikanern zu Hülfe; aber nach weiteren gefährlichen Schwankungen des Kriegsglücks zwangen Franzosen und Amerikaner den englischen General Cornwallis bei Yorktown zur Kapitulation, am 19. Oktober.1781. Damit war die Macht der Engländer auf dem festen Lande von Nordamerika so ziemlich gebrochen, wozu Frankreich , d. h. Ludwig XVI . und dessen Regierung, nicht etwa aus Vorliebe für eine nordamerische Re publik , wohl aber um die englische Kolonialmacht zu schwächen, mitgewirkt hatten. Im Frieden zu Versailles wurde 1783 die Unabhängigkeit von 13 Provinzen festgestellt, die sie in einem Kriege erkämpft hatten, der 70 000 Mann und 135 millionen Dollars gekostet hatte.
Es mag nicht uninteressant sein, die Streitkräfte zu be= trachten, die sich in jenen wechselvollen und verlustreichen Kämpfen gegenüberstanden.
Die Vorurteile gegen die Bevölkerung Nordamerikas waren in jener Zeit unendlich stärker als heute; der europäische Zivilisations- und Kulturphilister nahm an, das Land sei blos von wilden Indianern und von dem dorthin ausgewanderten ,, Abschaum" der europäischen Nationen bewohnt. Zweifellos hatte die Auswanderung eine große Menge verbummelter und verkommener Leute, abenteuerlicher Existenzen und ruinirter Glücksritter nach Amerika gebracht. Die Regierungen hatten in Eu ropa häufig Verbrecher begnadigt, wenn sie versprachen, nach Amerika auszuwandern. Sie würden es heute noch tun, wenn ihnen die Amerikaner nicht ihre Verbrecher zurückschickten. Im Ganzen und Großen aber brachte die Auswanderung wie heute eine Menge von arbeitstüchtigen und auch willigen Leuten hinüber, die vor politischer und kirchlicher Unduldsamkeit flohen und die in Europa zum Märchen gewordene Freiheit in den amerikanischen Wäldern zu finden hofften. Andere hatten es satt bekommen, sich im alten Europa troz angestrengtester Arbeit mit den elenden wirtschaftlichen Verhältnissen herumschlagen zu müssen. Sie segelten hinüber, um einen Acker zu finden, den sie bebauen könnten, um von dem Ertrag zu leben, ohne mit unerschwinglichen Abgaben und mit drückenden Frohndienſten
belastet zu sein. Nicht alle fanden, was sie suchten; aber viele, vielleicht die meisten, fanden es. Aus diesen Elementen waren jene zahlreichen Schaaren von Koloniſten zuſammengesezt, die immer weiter nach Westen vordrangen und blühendes fruchtreiches Ackerland schufen, wo früher finsterer Urwald gestanden. Es war ein mächtiges Stück Kulturarbeit, das dieſe Europa
müden verrichteten und der europäische Kulturphilister hat schon
deshalb keinen Grund, hochmütig auf sie hinabsehen zu wollen.
Im Kampf mit den Naturgewalten in der Einsamkeit der Wälder und Prärien und in den durch eigene Arbeit geschaffenen besseren
feine sonderliche Bedeutung, allein ihr moralischer Eindruck war Die Affäre von Lexington hatte rein militärisch genommen ein ungeheurer. Der erste Sieg in dem nun überall sich ent Verhältnissen wurde aus dieser Bevölkerung, in der sich ursprüngund das war nicht zu unterschäzen. Das steigerte den frie- lich manche zweifelhaften Elemente befanden, ein startes, rauhes, geriſchen Entusiasmus der Amerikaner bis zur tellfühnen fleißiges und freiheitsstolzes Geschlecht, welches bald das euroTapferkeit. Von allen Seiten strömten der Revolutionsarmee päische Joch abschüttelte. Die alte Einfachheit und Einfalt, die Verstärkungen zu, und man schloß mit 20 000 Mann den General Gage in Boston so enge ein, daß er den größten Wäldern wieder zum Vorschein. Der heutige Yankee hat freiMangel litt. Am 17. März 1776 mußten die Engländer lich nichts mehr von dem an sich; man sieht, daß die moderne Boston räumen, und am 4. Juli desselben Jahres erfolgte die Zivilisation nach weit mehr Richtungen hin unvorteilhaft wirkt, berühmte Unabhängigkeitserkärung in Philadelphia , wo die Ver- als ihre blinden Verehrer eingestehen wollen.
Unmenschlich betrugen sich die weißen Kolonisten gegen die
treter der sieben in Aufstand befindlichen Staaten zu einem Kongresse zusammengetreten waren und wo sich am 4. Oftober Ureinwohner, gegen die Indianer. Die Indianer lebten von der Staatenbund, d. h. die nordamerikanische Föderativrepublik, Jagd und Viehzucht; sie mußten den Ackerbauern weichen. Man
nahm ihnen brutal ihr Eigentum weg. Daher jene grausigen
am Ziele, denn Alt- England machte gewaltige Anstrengungen, die große Insurrektion niederzuwerfen.
Damit waren allerdings die Amerikaner noch lange nicht Kämpfe zwischen den Weißen und den Rothäuten, die auch in
Die Amerikaner, denen
den Befreiungskämpfen mitspielten.
es vielfach an Geld und Waffen fehlte, hatten noch manche migkeit, so dachte die neu sich bildende Gesellschaft doch nicht harte Niederlage zu überwinden und Ende 1776, als Wa- daran, die Negersklaverei abzuschaffen. Der Paragraph der shington, der berühmte Oberfeldherr der Revolution, über den Unionsverfassung, welcher alle Menschen gleichstellt, war also Delaware zurückgehen mußte, sah es ziemlich verzweifelt aus.
von vornherein eine Heuchelei, die durch das immer mehr ver
Aber Begeisterung und Ausdauer siegten über die britische rohende Sklavenhaltertum drastisch genug illustrirt wurde. Uebermacht; am 17. Oftober 1777 fapitulirte der englische
Man sieht, die neue Gesellschaft hatte schon bei ihrem Ent
General Bourgoyne bei Saratoga; 1778 famen die Fran- stehen Schattenseiten genug. Diese wurden im Laufe der Zeit,