als die moderne Zivilisation sich drüben mehr ausbreitete, zahlreicher und größer. Der Besiz begann sich zu konzentriren; an die Stelle der alten Einfachheit trat die Korruption, an Stelle der Genügsamkeit die Habsucht und die Jagd nach Gewinn. Die Bevölkerung ward zahlreicher und es entstand eine Konkurrenz im Kampf ums Dasein, bei der der Eine den Andern roh und rücksichtslos unter die Füße trat. Die Abhängig keit vom Besiz, kurz die ganzen Mängel der modernen Gesellschaft traten auch drüben zu Tage, wenn auch die politische Freiheit erhalten blieb.
Aber der Unabhängigkeitskrieg der Amerikaner sezte die besten Geister der ganzen gebildeten Welt in Bewegung, umsomehr, da er gerade mit jener Periode zusammentraf, die in der Gedankenwelt Europas eine mächtige Umwälzung mit sich brachte. Wir meinen jene philosophische Umwälzung im 18. Jahrhundert, die hauptsächlich in Frankreich vor sich ging und bis in die höchsten Kreise vordrang. So mußte es eine Menge von Schriftstellern, Staatsmännern und Militärs geben, welche die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung nicht vom Standpunkt des beschränkten Europäers, sondern als das praktische Gegenstück zu dem in Europa neu aufgetauchten Ideenkreis betrachteten. Das war zwar nicht ganz der Fall, aber man sah es so an, und so kam es denn, daß der berühmte Benjamin Franklin , der Staatsmann der amerikanischen Erhebung, sogar an europäischen Fürstenhöfen mit unbegrenztem Jubel empfangen und daß der Name des Revolutionsgenerals Washington in allen Ländern verehrt wurde. Selbst im englischen Parlament fanden sich Leute, welche die Amerikaner in Schuz nahmen; schon 1766 hatte der ältere Pitt die Kühnheit gehabt, zu sagen: ,, Es freut mich, daß Amerika Widerstand geleistet hat!"
186.
Aber es blieb nicht bei Sympatiebezeigungen in Worten. Es eilte eine ganze Anzahl von Europäern herbei, um den Amerikanern ihre Dienste anzubieten. Berühmte und glänzende Namen finden sich in der langen Reihe dieser kosmopolitischen Freiheitskrieger, Namen, die man später in den großen Kriegen und Umwälzungen Europas wieder findet. Aus England kam Thomas Paine , der zum berühmten Philosophen gewordene ehemalige Korsettmacher, der mit Feder und Schwert für die Sache der Freiheit kämpfte und dem später die französische Re publik
das Bürgerrecht verlich, von dem er aber nur Gebrauch machte, um als Girondist eingekerkert zu werden; aus Frank reich kamen Rochambeau , Custine u. a. mit den französischen Hilfstruppen, freiwillig aber der junge Lafayette, dessen Anschluß an die Sache der Freiheit in ganz Europa Aufsehen machte. Indessen bat Lafayette später den König Ludwig XVI .,
daß das Material ganz gut sei, und es gelang ihm über Er warten.
Wir können sie nicht alle aufzählen, die drüben für die Sache der Freiheit fochten und bluteten. Ihr Andenken ist von dem dankbaren Amerika geehrt worden. Es waren viele Deutsche darunter; leider aber spielte Deutschland , oder vielmehr eins zelne deutsche Staaten und Regierungen in jenem Kampfe noch eine andere Rolle und zwar keineswegs eine ehrenvolle.
Das ländergierige und reiche England bot alle seine Mittel auf, um seinen Kolonialbesiz zu behaupten, und da die Eng länder noch das Werbesystem hatten, das englische Volk sich aber nur zum ganz geringen Teil gegen Amerika anwerben ließ, so tausten die Engländer bei einigen kleinen deutschen Fürsten die nötigen Mannschaften. Der Menschenhandel ward in aller Form abgeschlossen, nachdem selbst Rußland ihn abs gelehnt hatte. Dieser Menschenschacher war in Deutschland schon lange Zeit üblich gewesen und die meisten Staaten hatten sich daran beteiligt. England zahlte an deutsche Fürsten , namentlich an die von Hessen- Kassel , Hanan, Waldeck , Brauns schweig, Anspach und Zerbst etwa 1 800 000 Pfd., wofür uns gefähr 30 000 Mann abgegeben wurden, von denen man einen großen Teil vorher einfangen mußte. Württemberg bot 1777 auch 3000 Mann an, aber der Handek kam nicht zustande. Erst 1787 famen württembergische Truppen nach dem Kap der guten Hoffnung, wozu Schubart sein berühmtes Kaplied dich tete. Von den 30 000 Mann, die in Amerika fochten, kehrten etwa 17 000 zurück. Für jeden erschossenen Soldaten wurde ein besonderes Entschädigungsgeld gezahlt, weshalb der Land graf von Hessen seinen General in einem Briefe tadelte, weil in einer Schlacht nicht genug von seinen Hessen gefallen waren. Schiller hat in seinem Drama: Rabale und Liebe" diesem aufgedrückt. Vom Markgraf von Anspach erzählt man, daß, Menschenhandel ein furchtbares und unauslöschliches Brandmal als die von ihm eingefangenen und an England verkauften Soldaten zu Ochsenfurt am Main meuterten, er selbst herbei eilte und mit gespannter Büchse in der Hand den Weitertrans port bewachen half.
Doch genug hievon. Diese gezwungenen Feinde der Ames rikaner waren begreiflicherweise nicht sehr für ihre Miſſion bes geistert, daher zumteil die Mißerfolge der englischen Generale. Es lag in der Herbeiziehung solcher Truppen vielleicht eine Bürgschaft für den Sieg der Amerikaner, während in Europa sich Hessen und Braunschweiger, aus denen vorzugsweise die
Mietstruppen bestanden, immer gut geschlagen haben. wie er in seinen Memoiren erzählt, für seine" republikanischen namentlich dem Umstande zuzuschreiben war, daß auch Indianer, Der Krieg wurde mit vielen Grausamkeiten geführt, was Welten" hatte die sonderbare Eigenschaft, unter der Republik teilnahmen. Namentlich die mit den Engländern verbündeten Schwärmereien" um Verzeihung, denn dieser Held zweier sowohl im Dienste der Amerikaner als der Engländer, daran
Monarchist und unter der Monarchie Republikaner zu sein. Aus Polen famen Koszciusko, der der erste Held seines Vater
Indianer hausten unmenschlich.
landes werden sollte, und Bulawski; aus Deutſchland kam hierher ſezen, welches der Kongreß der sieben Staaten an die Zum Schlusse wollen wir als merkwürdig das Manifeft
der früher in französischen Diensten gewesene Oberstlieutenant von Kalb , ein geborener Bayer, der für die junge Republik sein Leben ließ und in der Schlacht von Camden 1780 mit eilf Wunden bedeckt fiel. Ihm wurde in Annapolis ein Denkmal errichtet. Weiter kam aus Deutschland der Oberst von
an England verkauften deutschen Truppen richtete. Dasselbe war unterzeichnet von John Hancock als Präsident, von Wil
liam Thomson als Sekretär, und lautete:
" Christliche Herren und Mitbrüder! Da unsere unverföhn lichen Feinde, die Minister von Großbritannien , es für unmög und badischen Diensten gestanden und den siebenjährigen Krieg bekriegen, so haben sie sich an Eure Landesherren gewendet, mitgemacht hatte. Dieser tüchtige Soldat, der erst General- welche Euch ihnen überlassen, um durch Euren Beistand wahr inspektor der Armee, dann Generalstabschef bei Washington scheinlicherweise den grausamen Entwurf, uns zu unterjochen war, erwarb sich die größten Verdienste um die Organisation und zu Sklaven zu machen, ins Werk zu sezen. Da wir für kundigen und energischen Hand wurden aus den ungeordneten tische Konstitution erfordern, so sind wir völlig berechtigt und der für die Unabhängigkeit kämpfenden Heere. Unter seiner nichts anderes streiten, als was Natur, Vernunft und die bri und zusammengewürfelten Schlachthaufen nach und nach kriegs- können es mit der größten Freudigkeit tun, unsere Sache harte Bataillone, die gleich alten gedienten Truppen fämpften. Händen desjenigen zu empfehlen, der Gerechtigkeit ausübt und es drüben aussah, als Steuben anfam. Er erschrat fast, als wendet; daher fürchten wir uns nicht vor dem, was uns Men den Unterdrückten hilft. Wir haben uns an den Himmel ges er die halbnackten und schlechtbewaffneten Leute sah, mit den schen tun können. Ja, da unsere Feinde sich äußerst bemühen, uns zu Grunde zu richten, halten wir es für unsere Schuldig er zu kriegstüchtigen Soldaten machen sollte. Aber er fand, keit, uns an Euch zu wenden und Euch bei allem was heilig
ben