auf die Quellen, aus denen er schöpfte, in Abhandlungen oder größeren Werken wiedergibt, kann gewiß kein Vorwurf unred­lichen Schaffens treffen. Aber er erregt oder unterhält erstens bei den mindergebildeten und denkschwachen unter seinen Lesern die törichte Einbildung, daß er alles oder mindestens das meiste, was er da gibt, aus sich selbst habe, zweitens erschwert er den geistig Höherstehenden das eingehendere Studium des Gegenstandes, der ihm selbst am Herzen liegt, und die gewiß allezeit not­wendige und dankenswerte Prüfung, ob er das Material, was ihm vorlag, aufs beste benuzt und ausgebeutet, ob ihm nicht hie und da doch Mißverständnisse mituntergelaufen sind und ihn zu falschen Schlüssen verführt haben. Endlich zeigt er nicht, wie er es könnte, wenn er selbst ein wahrhaft tüchtiger Mensch ist, dem Nacheifernden, dem jungen schriftstellerischen und wissen­schaftlichen Nachwuchs, wie schriftstellerisch produzirt werden kann und soll und wo die vielen unerfahrenen Literaturbartel den Most des Wissens holen sollten, der in ihnen zu edlem Weine sich auszugähren vermag.

Der langen Auseinandersezung kurzes Resumé ist also: Man schreibe, wenn man sich nicht selbst mit den literarischen Spizbuben untersten Ranges auf gleiche Stufe stellen will, nie etwas nieder, von dem man weiß, daß es sich bei irgend einem literarischen Vorgänger findet, ohne die vielgenannten Gänsefüße, und wo es sich um irgendwie bedeutsame Mitteilungen, Ge­danken, Urteile und Forschungsergebnisse handelt, da gebe man möglichst genau, so daß jeder Mensch, der lesen kann, die Angabe durch Nachschlagen leicht zu kontroliren vermag, die Quelle an.

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Tun das immer mehr Schriftsteller, auch von denen, die für Zeitschriften Arbeiten leichteren Genres liefern, sofern diese nur nicht ganz des wissenschaftlichen Karakters entbehren, so wird das Publikum beständig an Einsicht in das Wesen schrift stellerischen Schaffens gewinnen und der Kulturverderb des Literaturdiebstahls immer mehr an Terrain verlieren; ehrliche Schriftstellerei wird an Ansehen und materiellem Erfolge reicher und das Abschriftstellern eine verachtete und brodlose Kunſt

werden.

Möchten Sie mit ihrer trefflichen natürlichen Begabung diesem Werke nicht auch lieber mitarbeiten? fragte ich den schließlich ganz andächtig gewordenen Zigeuner.

Ich will es ehrlich versuchen, erwiderte er und reichte mir die Hand.

Ich verlor ihn bald nachher für längere Zeit aus den Augen. Ob er den ehrlichen Versuch wirklich gemacht hat, weiß ich nicht. Daß er ihm auf die Dauer nicht gelungen ist, ob schon er gerade ihm bei ernstem Willen hätte gelingen müssen, weiß ich sehr wol. Er ist heute Literaturpirat und bei den Leuten ob seiner famosen Feder beliebt wie ehedem.

Wenn er diese Zeilen zu Gesicht bekommt, wird er wahr scheinlich die Achseln zucken und wiederholen, was er mir der einst gesagt:

Der will immer noch nicht einsehen, daß der Mensch nichts besseres ist und werden fann, als auch eine Spottgeburt aus Dreck und Feuer."

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Und das werde ich allen literarischen und anderen Spiz buben der Welt zum Troz auch niemals einsehen.

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Voetische Aehrenlese.

Sturm.

Don Julius Rodenberg  .

Der Regen rauscht, es sauft der Sturm Uun komm, laß uns zum Meere gehn, Und laß uns von dem Hafenturm Hinunter in die Tiefe sehn.

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Die Möve kreischt der weiße Gischt Sprigt häuserhody und zischt und beißt, Und mit des Sturmes Heulen mischt Das Meer sich, das den Damm zerreißt.

Die Kette bricht, die Luke kracht, Und Woge stürzt auf Woge schwer, Und durch die schrecklich finstre Nacht Scheint fern ein schwaches Licht im Meer.

Das Licht, das kommt vom Lootsenschiff Da liegen sie im Rettungsboot, Und hinter ihnen liegt das Schiff

Und vorn und um sie liegt der Tod.

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Die braune schaumbedeckte Faust

Ruht auf dem Stener festgeballt; Es lauscht das Ohr vom Sturm umsaust, Ob fern kein Hilferuf erschallt.

Kein Hilferuf; kein Notlicht flirrt Der Sturm hat alles schon verzehrt. Die Brigg, die fern auf See geirrt, Hat er schon in den Grund gekehrt.

Das Kauffarteischiff, das von Brest Passiren wollt den Aermelsund Die Kohlenbark von Englands West Es liegt schon alles auf dem Grund.

Der Lampenwärter schürt den Brand Im Hafenturm und blickt aufs Meer Er lehnt sich auf den Eisenrand Und seufzt: O daß es Morgen wär!"