fich dadurch nicht entmutigen; sie wird vielmehr zur Wut entflammt. Immer wieder ihre Angriffe erneuernd, treiben sie den Keuler aus dem sicheren Dickicht hervor, bis er auf einer freien Stelle zum Schuß kommt oder die Kette der Jäger zu durchbrechen sucht. Dann beginnt der gefährlichste Teil der Jagd. Es gelingt oft nicht, den Keuler mit der Büchse zu erlegen. Man muß in der Regel eine Kugelbüchse nehmen, denn die Haut des wilden Ebers ist wie ein Panzer, an dem Schrote und Posten abprallen. Das Wildschwein reibt sich viel an harzigen Bäumen, wodurch die borstigen Haare mit Harz bedeckt und mit einander verklebt werden, so daß in der Tat eine Art von Panzer entsteht. So wird häufig der Keuler nur verwundet; dann aber erreicht seine Wut den höchsten Grad und er flieht nicht mehr, er geht auf den Jäger los. Dieser, dem keine Zeit bleibt, seine Büchse wieder zu laden, ist nun auf das Abfangen angewiesen, eine Prozedur, die viel Kaltblütigkeit und Geschicklichkeit erfordert. Zum Abfangen bedient man sich zuweilen des Hirschfängers, gewöhnlich aber der sogenannten Schweinsfeder, eines langen Jagdspießes. Mit dieser Waffe muß der heranschnaubende Keuler geschickt in die Brusthöhle oder auf das Blatt gestochen werden. Wenn dieser Stoß nicht gelingt, so kann es dem Jäger leicht das Leben kosten. Dies war namentlich früher der Fall, als Deutschland noch von weit mehr großen und tiefen Wäldern bedeckt war, die große Rudel von Wildschweinen in fich bargen. Damals fanden sich bei diesen Tieren Exemplare von geradezu formidabler Größe und Stärke, wahre Ungeheuer; es gab früher solche Tiere, die oft lange eine Gegend bedrängten und die Bevölkerung in Schrecken sezten, bis es einem kühnen Waidmann gelang, sie zu spießen. Heute ist das Wildschwein in Deutschland nicht mehr sehr zahlreich; es kommt allerdings noch vielfach vor, meistens in Jagdgehegen, wo die einzelnen Tiere nicht jene Größe und Stärke erreichen, als in früheren Zeiten. Das weibliche Wildschwein, die Bache , kann auch gefährlich werden, namentlich wenn sie Junge( Frischlinge) hat. Im übrigen lebt der Keuler außer der Brunstzeit allein und überläßt die Sorge für die ganze grunzende und brummende Familie der Frau Mama. Man sieht, die Wildschweinsjagd ist ziemlich gefährlich, aber auch nicht mit jenen Grausamkeiten verbunden, die bei den Hezjagden in England üblich sind. Der Keuler wird getötet, weil er bewaffnet ist und mit seinen Hauern, von den Jägern Gewehr genannt, töten kann; in England hezt man Hirsche und Füchse so lange, bis sie vor Ermüdung zusammenbrechen. Wir behalten uns vor, einmal in einer ausführlichen Arbeit die Grausamkeiten darzustellen, die bei einzelnen Jagdarten gegen die Tiere begangen werden. W. B.
,, Dat Sledenrecht".( S. 209.) Von allen deutschen Dialektdichtern hat wohl keiner sich das Herz des Volkes so erschlossen, als unser medlenburgischer Landsmann„ un Demokrat" Friz Reuter. Es verstand aber auch keiner vor und nach ihm, das Volksleben in seinen Leiden und Freuden mit einer solchen Feinheit und Gefühlstiefe, belebt von dem föſtlichsten Humor, zu schildern wie er. Die Behauptung moderner Poeten mit frummen und anderen Nasen, Friz Reuters Dichtungen seien„ Poesien auf Holzpantoffeln", fann nur auf gelben Neid zurückgeführt werden. Das Volk hat sich nicht daran gekehrt, es hat seinen Friz Reuter in vielen tausenden von Exemplaren gekauft und noch lange, wenn jene Neider längst der wohlverdienten Vergessenheit anheimgefallen find, werden Reuters Dichtungen dem Volk eine unerschöpfliche Quelle des echten rechten Humors sein.
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Der bedeutendste Illustrator Reuterscher Poesien ist zweifellos C. Beckmann, dessen Reutergallerie( im Verlage von H. Brudmann in München erschienen) wir unsere heutige Illustration, dat Sledenrecht", entnehmen. Es ist eine Szene aus Dörchläuchting". Der Löper Halsband" hat, Stining- Swester" auf dem Eise in eine dunkle Waldecke gefahren und übt dat Sledenrecht"( Schlittenrecht) an ihr aus, indem er sie derb abküßt. ,, Swester Dürten" hat aber aufgepaßt; fie fragt beim Nachhausegehen Stining aufs Gewissen: Stining, segg. de Wohrheit, hett hei di füßt?" Ja," säd Stining, wenn du't doch weiten möst, hei hett mi küßt!" ,, Hett hei di sihr füßt?" frug Dürten. Da bömte sick so'n lütten allerleiwsten Jumferntroz bi Stining up un sei säd: Ja, hei hett mi sihr füßt." Als Dürten
nun gar wissen wollte, wie viel Küsse er ihr gegeben hatte, sagte Stining
ganz pazig de Ort ward nich tellt!" Hiermit mußte Dürten wohl zufrieden sein, Stining un Halsband waren auch zufrieden.
Halsband war nämlich der Läufer des von 1753-1794 regierenden Dörchläuchten" Adolf Friedrich von Mecklenburg- Strelig. Lezterer hatte drei Grugels und drei Furchten, de em kein Rauh leten". Die drei Grugels" waren Angst vor Arbeit, Gespenster und Weiber; die ,, drei Furchten" bezogen sich aufs Gewitter, den Tod und die Eventualität, daß ihm eines Tages die Krone abhanden kommen könnte. Die Furcht vor einem Gewitter spielte ihm manchen dummen Streich.
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in ein seidenes Tuch gehüllt und bei Seite gelegt. Bei jedem Bliz fuhr der Herzog zusammen, bedeckte sein Gesicht mit einem seidenen Tuch und schrie:„ Ach, du leiwe Gott, ach, du leiwe Gott."
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Um jedoch auf den Held unserer Geschichte, Halsband, zurückzufommen, so war derselbe in Allerhöchste Ungnade gefallen und, obwohl unschuldig ,,, in't Lock smeten worn". Am andern Tage nach diesem schweren Regierungsaft brachen ,, saeben Gewitter" aus und bei solchen Gelegenheiten mußte der Konrekter", der bei Dörchläuchting ,, as'n höllschen klauken Minschen" galt, aufs Schloß kommen, um zu trösten. Stining- Swester, die durchs ,, in't Lock smieten Halsbands" sehr betrübt war, wußte, daß der Konrektor bei„ Dörchläuchting" während eines Gewitters alles durchsezen konnte; sie wandte sich daher an ihn mit der Bitte, ihr zu helfen, d. h. Dörchläuchting zu veranlassen, Halsband ut' t Lock to laten". Das tat auch der redliche Mann. Erst wollte Dörchläuchting" ,, nich ran", als aber einige heftige Donnerschläge die Vorstellungen des Konrektors unterstüzten, willigte er unter Ach und Krach in die Begnadigung seines Läufers, dem es später, allerdings nach vielen Fährnissen, gelang ,,, sin leiw Stining" heimzuführen.
d.
In der Pause.( S. 213.) Diesmal haben sie's allzuschlimm ge macht. Kaum hatte der Schulmeister den Rücken gewendet, als sie übereinander herfielen und sich gegenseitig eine gräuliche Balgerei lie ferten, die weniger für die harten Schädel der Beteiligten als für die ehrliche Schulgeige von den schlimmsten Folgen war, denn es koſtete ihr das Leben. Da liegt sie entseelt am Boden, den schlanken Hals vom Rumpf getrennt, und das kleine brave Kätchen kniet vor ihr in tiefer Trauer und in Borahnung des fürchterlichen Strafgerichts, welches die Missetäter treffen wird. Selbst der angehende Raffael , welcher be müht ist, die ehrwürdigen Züge des Schulmeisters höchst respektlos zu farrifiren, unterbricht einen Augenblick ſein Wert, auf die Trümmer blickend, die auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben. Ist es eine Simul tanschule, in der sich die Szene abspielt? Schwerlich; das primitive Bild an der großen Tafel zeigt sogar, daß des Lehrers Oberlippe feines wegs von einem staatsgefährlichen Schnurrbart beschattet ist*) und die ganze Physiognomie läßt schließen, daß in ihm die Milch der frommen Denkungsart der Regulative ſich noch niemals in das gährende Drachen Tag, wo die Buben nicht mit den schönen Worten und frommen gift antikonservativer Gesinnungen verwandelt hat. Es vergeht kein Sprüchen christlicher Liebe überschüttet werden und jeder Unterricht bes ginnt und schließt mit einem Choral und einem brünſtigen Gebet. Und dennoch solche Streitsucht, solche Widerspenstigkeit, solcher Mangel a Achtung gegen den Lehrer! Doch das erklärt sich sehr einfach: Das ist der Teufel sicherlich." Ja freilich, der Teufel und seine Baſe, die Erbsünde, lassen sich nicht so leicht überwältigen und offenbar hätte in der Schule noch weit mehr mit Gebeten, Choralen und Bibelstunden geleistet werden müssen. Jesus , der milde Stifter des Christentums, stellt das unmündige Kind als Muster des Erwachsenen hin:„ Wenn ihr euch nicht bekehrt und werdet wie eines dieser Kleinen, werdet ihr nicht Kinde eine Bestie verborgen, die Erbsünde. Diese auf purer Unwiffen eingehen in das Himmelreich." Das Pfaffentum aber glaubt in jedem heit beruhende Lehre verteidigen die ortodoxen Pfaffen aller Konfeffionen mit Fanatismus, um ihr Dogma vom Erlösungstod Chrifti darauf bauen zu können. Sie dichten dem Menschen eine Erzkrankheit an, damit er in ihre Apoteke laufe und ihnen ihre Mixturen, Pflaster und wirken, das zeigt die Geschichte und das Leben zur Genüge. Die orBillen abkaufe. Was aber diese Medikamente gewirkt haben und noch todore Religionsschule erzieht ihre Pflegbefohlenen zu einer Heerde von Heuchlern und Duckmäusern und zu bösartigen Fanatifern. Sie ver düstert und umnachtet die Vernunft, erstickt das Rechtsgefühl und hemmt die Regungen des Mitgefühls und der Humanität in ihrer Ent Es ist nicht wahr, daß das menschliche Herz böse von Jugend auf ist; der Mensch ist von Natur ebensowohl zum Böjen wie zum Guten fähig. Schlechte Anlagen, schlechtes Beispiel, schlechte Ge sellschaft, schlechte Lehren, vor allem aber schlechte Erziehung machen den Menschen schlecht, und diese schlechte Erziehung beforgt vor allen Dingen die Ortodoxie mit ihren vernunftwidrigen Dogmen und frommen Uebungen selbst. Also, wenn sich die Kinder bessern sollen, müjjen zu
faltung.
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nächst Lehrer und Lehre gut und vernünftig sein.
St.
fich
Beiträge zur Länder- und Völkerkunde, Die Frauen bei den Böers im Kaplande. Das Land der Böers ist das Paradies der Frauen. Die Hausfrau ist innerhalb der Farm das Haupt der Familie. Ihr Stuhl ist geheiligt, niemand wagt f Bon dem Konrefter" hatte er erfahren, daß Seide, Glas und Siegel- Kauf oder Verkauf wird ohne sie abgeschlossen; sie hat ihr gesondertes darauf zu sezen; ihr Plaz vor der Kaffeekanne ist altehrwürdig. Kein lack die Elektrizität nich antredt", deshalb ließ sich„ Dörchläuchting" Vermögen und ihren Kindern werden von der Geburt an Hausgeräte,
ein kleines Haus von Glas bauen, welches mit einem seidenen Schirm zugedeckt wurde; in dem Glashaus stand der herzogliche Tronsessel auf Flaschenhälsen. Wenn ein Gewitter herannahte, dann zog„ Dörchläuch ting" einen seidenen Schlafrock an, sezte eine seidene Müze auf, fuhr in Pantoffeln, die mit rotem Siegellad überzogen waren und kroch, so ausgestattet, in fein Glashaus, jezte sich auf den Tron und glaubte nach allen Seiten hin gesichert zu sein. Sobald das Gewitter begann, wurde die goldene Krone auf dem herzoglichen Eeffel ,,, will se antredt"
Schafe und Pferde zum ausschließlichen Eigentum bestimmt. Rour macherei und Heiraten gilt den Mädchen als die höchste Würze des Lebens, wie auch anderswo; aber das Kourmachen dauert nicht lange und ist sehr unromantisch. Ein oder zwei Besuche im Haufe der
*) Der Rh. Westf. 8tg." zufolge werden in Preußen auch jezt wieder, wie in wird u. a. gefragt: ob der Lehrer einen Schnurrbart trage? Wie er sich leide? Ob Zeiten der Neattion, Konduitenlisten über die Bolksschullehrer geführt. In denselben
er Sonntags tegle? u. f. w.