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erschien mit Licht, und hinter ihr eine Dame in mittleren Jahren bon gutem Aussehen. Die fremden Herrschaften wurden über eine hölzerne Treppe nach dem ersten Stock geführt und über einen langen Gang in die stets bereitstehenden Fremdenzimmer geleitet. Indes war auch der zweite Wagen mit den Kammer­jungfern und der Bagage angelangt, und es gab nun eine Weile ein Trepp auf und Trepp ab, und in das vorher so stille Haus 3og eine Bewegung, eine Unruhe, die ihren Kulminationspunkt in der Küche erreichte, in der sich der Herr Pfarrer selbst ein­fand, um durch seine eigene Aufgeregtheit die seiner Haus­genossen noch zu vergrößern.

Die Gräfin hatte auspacken lassen und machte Toilette. Elsa durfte, da sie sich zu einer gleichen Prozedur nicht verstehen wollte, ihr Reisekleid behalten. Cölestin gelang es endlich, sich des Pfarrers zu bemächtigen und die Aufmerksamkeit des zer streuten Mannes, den die Sorge um Küche und Keller in diesem Augenblick vorwiegend beschäftigte, ein wenig für sich zu ge­

winnen.

Er erzählte ihm, daß sie einen Täufling bei sich hätten. Die Komtesse, die bisher durch einen gewissenlosen Vater im modernen Unglauben erzogen, sei nun bekehrt und solle durch das Sakrament der Taufe in den Bund der Christenheit auf­genommen werden. Die heilige Handlung sollte morgen früh in Solenbad stattfinden, deshalb seien sie hierhergekommen; aber nun hätte es der Himmel selbst anders gefügt, und sie wollen dies als einen Fingerzeig betrachten, daß die Taufe hier und von Hochwürden selbst vollzogen werden solle.

Der Pfarrer verbeugte sich äußerst geschmeichelt in freudigster Genugtuung.

Die Frau Gräfin vertritt wohl Patenstelle?" fragte er. Jawohl, und sie wird es natürlich, nachdem dies gott gefällige Werk gelungen, an reichen Geschenken für die Kirche nicht fehlen lassen."

Der Pfarrer hob mit einem Segenblick für die edle Frau den Blick zum Himmel und drückte gerührt und zum Zeichen des Einverständnisses dem Herrn Bruder die Hand.

Erst beim Souper, das im Saale servirt wurde, fanden sich alle Beteiligten wieder zusammen. Elsa sah etwas blaß aus, die Gräfin war rosig und in bester Laune. Aller Gefahr war sie entronnen, all das Ungemach, das sie gefürchtet, hatte sich in Behaglichkeit verwandelt.

Wundern und der Anblick des heiligen Vaters wird erst das Bekehrungswerk vollenden."

Er hatte in hoher Begeisterung gesprochen, aus seinen dunklen schönen Augen, die auf sie gerichtet waren, blizte ein inneres Feuer, leuchtete es fast wie Siegesfreude.

Sie starrte ihn an, fassungslos, nicht überzeugt und doch halb bezwungen.

Er merkte es und in noch leidenschaftlicherer Erregung fuhr er fort. Er mischte Heidnisches und Christliches durcheinander, wie es ja die Kirche immer getan, aber seine Darstellung war farbig, glänzend, poetisch, voll fesselnden Zaubers. Die Gräfin war in Verzückung und der kleine Pfarrer, dem in der Alltäg­lichkeit seiner geistlichen Verrichtungen jedes Ideal, jede höhere Anschauung abhanden gekommen war, der sein Amt durchaus geschäftsmäßig verwaltete, er saß mit offenem Munde da und lächelte verlegen dem Jesuitenpater zu, in dem er seinen Meister erkannte, gleichsam einen Virtuosen in Glaubenssachen.

Elsa erhob sich plözlich, sie bat sich zurückziehen zu dürfen. Die Gräfin geleitete sie selbst auf ihr Zimmer. In freund­licher Weise sagte sie ihr noch einige belehrende Worte, die sie für die morgige Zeremonie vorbereiten sollten. Elsa hörte sie an, stumm und in sich gekehrt, als aber die Gräfin sie auf die Stirne füßte, um sich hierauf selbst in ihr Zimmer einzu­schließen, faßte sie sie an der Hand und hielt sie fest.

" Was wollt Ihr mit mir tun?" fragte sie plözlich, und

ihre Stimme hatte einen so seltsamen Klang, der ihre Seelen­

angst verriet. Ihr wollt mich taufen, was geschieht da mit mir?"

Du wirst aufgenommen, mein Kind, in den Bund der Christenheit, du wirst dich dann wohler fühlen, du wirst von dem Teufel und der Erbsünde befreit sein und mit deinem Gott versöhnt."

Es wird also in mir, in meinem Denken und Fühlen eine Wandlung vorgehen? Aber wie, auf welche Weise, durch welche Mittel?"

,, Durch das Wort des Priesters und das reinigende Wasser der Taufe!" sagte die Gräfin feierlich.

,, Und der Priester ist der kleine burleske Pfarrer?" ,, Er ist der Stellvertreter Gottes."

,, Und das Wasser ist ein gewöhnliches, natürliches Wasser?" ,, Das ist es, aber durch die Wirkung, die es hervorbringt, wird es ein übernatürliches."

,, Aber es bleibt doch Wasser, es verändert nicht Form und

"

Sie hatte ihr und Elsas Zimmer äußerst nett und darin jeden gewünschten Komfort gefunden, und jezt schmeckte ihr das Effen wie noch nie in ihrem Leben. Sie sagte dem Pfarrer Gestalt?" die verbindlichsten Worte, die diesen überglücklich machten.

,, Durchaus nicht, es wird über dein Haupt gegossen, und alsbald wird sich das Wunder vollziehen und du wirst an seine

Er fragte hinwieder die Gräfin nach den Neuigkeiten der Residenz, er hätte für sein Leben gern näheres über die jüngsten heilige Kraft glauben müssen."

" Ich glaube ja an die Kraft des Wassers, aber es ist eine natürliche Kraft und wenn ich nun an seine übernatürliche nicht glaubte, nicht glauben könnte?" Das Mädchen richtete sich

Cölestin sprach mit Elsa von der Schönheit des Südens und natürliche Kraft

schilderte Rom .

Er sprach in jenen tiefen leisen Molltönen,

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die auf das alte Herz der Gräfin einen so bestrickenden Zauber in die Höhe und die großen Augen sahen forschend in ängst­übten, und sie horchte den Ausführungen des jungen Paters licher Neugier in das Antliz ihrer Tante.

und vergaß dem Pfarrer zu antworten.

auf ihre Bedeutung für die Christenheit.

Cölestin war auf die Geschichte Roms übergegangen und

" Dort erst, Komtesse," fuhr er lauter und kräftiger werdend

Diese strich ihr mit der Hand über die Stirne, als wolle sie solche Gedanken hinwegscheuchen.

,, Du bist ein Kind, Elsa, aber gleich einem Kinde kannst du entfühnt und gereinigt werden durch den Glauben deiner Paten, die an deiner Seite stehen. Dein Heil ist gesichert,

aufgehen für die historische Macht und Größe unseres Glaubens. Mädchen, und alles wird sich vollziehen zu deinem Besten.

In Rom , wo die ersten mutigen Bekenner des Christentums gewirkt und gelebt haben, und wo alles, was Sie umgibt, Beugnis ablegt für die unwiderstehliche Macht einer Lehre, für

Und nun gute Nacht."

Sie trennten sich.

Elsa ließ sich auf einen Sessel sinken und sie blieb lange

welche Männer, Weiber, Kinder mit Freuden gestorben sind, so. Ein seltsamer Duft umgab sie, wie damals im Zimmer

wo diesem neuen Bekenntnis Hekatomben geopfert wurden, da tausende den Märtyrertod gelitten haben; da, an diesem Drt,

der Gräfin, ein angreifender Duft, wie Kirchengeruch. Konfuse, verwirrte Vorstellungen entstanden ihr, und zu­

werden Ihnen die Schuppen von den Augen fallen, und Sie gleich überschlich sie wieder das Grauen vor einer Macht, die werden einsehen und bekennen, daß, so lange für keine andere

das Wirkliche zum Unwirklichen, das Natürliche zum Ueber­

Lehre eine ähnliche Begeisterung erwacht, so lange keine andere natürlichen machen kann und die das bejaht, was die Vernunft die Gemüter bezwingt und sie mit Heldengeist erfüllt, diese die verneint. Und beugen sich nicht alle vor dieser Macht? Nur richtige sein müsse, die einzig wahre. Elsa, Sie werden schon sie hat es nicht getan, weil ihr Vater sie es nicht gelehrt, aber morgen die unsere sein, aber die göttliche Roma mit ihren konnte er nicht im Unrecht gewesen sein?"