Liene Welt

No 13.

Illustrirtes Unterhaltungsblatt für das Volk.

Erscheint alle 14 Tage in Heften à 25 Pfennig und ist durch alle Buchhandlungen und Bostämter zu beziehen.

13. Kapitel.

Die Alten und die Neuen.

Roman von M. Kautsky.

1884.

12. Fortsezung.

sofort nach der Residenz zurückzukehren. Sie hatte sich gefügt, Und wieder war anhaltendes Regenwetter eingetreten. Die und so waren sie nur nach ihrer Billa in Obergau gekommen, Regenmenge dieses Frühjahrs war ganz abnorm, und von allen Seiten

Die Gräfin Dönhof befand sich auf ihrer Villa in Obergau, Laune. Sie langweilte sich entsezlich. zur Einsamkeit und Burückgezogenheit verurteilt, in der übelsten

um daselbst zu diniren. Mit ihnen fast gleichzeitig trafen auch

Helene und Reinthal hier ein. Der Baron hatte die fluchtartige Abreise der Gräfin bedenklich gefunden, und er hatte Helene leicht überredet, selbst nach ihrem Schüzling zu sehen. Die

Gräfin fühlte sich nun diesem Liberalen gegenüber sehr beängstigt,

sie bekam Furcht vor einem Eklat. So hatte sie es Elsa noch Dank wissen müssen, daß sie über all die Vorgänge im Pfarr­

hause Schweigen beobachtete, und sie selbst tat alles, um ihre

Bei Hofe hatte man in lezter Stunde andere Dispositionen getroffen, es hieß, er werde erst in vier Wochen nach Solenbad übersiedeln, und so blieb auch der übrige Adel noch aus. Auch ihre Schwägerin Marie, die mit Nanny ihren Besuch Angabe glaubwürdig zu machen. Sie habe das junge Mädchen, zugesagt, und die absichtlich diese Frühlingszeit gewählt, wo der das sich unwohl fühlte, nur mit sich genommen, um es in eine Kurort noch keine Frequenz zeigte, war noch nicht gekommen.

bessere Luft zu bringen und zu zerstreuen. Ja, sie hatte sogar

den Vorschlag Reinthals und Helenens akzeptirt, der dahin ging, Regelmäßigkeit gegen die Fensterscheiben schlug, erreichte ihre ehe sie zur Station fuhren, die Villa des Barons in Solenbad

Ungeduld und nervöse Gereiztheit den Höhepunkt.

zu besuchen, sowie die daneben befindliche, etwas kleinere, welche

schäftigt und ihr Herz erquickt, und welch anregender Verkehr,

Monate hindurch hatte die Bekehrung Elsas ihren Geist be- Helene für diese Saison gemietet hatte.

welch süße Vertraulichkeit war infolge dessen auch zwischen ihr und von Obergau aus waren sie nach halbstündiger Fahrt, die und dem schönen Jesuitenpater entstanden; jezt war ihren ge- durch liebliche Auen ging, zu erreichen.

meinschaftlichen Bemühungen in der lezten Stunde der Sieg ent­

rissen worden. Sie hatte für das blonde Mädchen eine Neigung Bewegung gefunden, eine Anzahl Handwerker war hier beschäf= entstehen gefühlt von dem Augenblick an, wo sie glauben durfte, tigt, und auch ein Teil der Dienerschaft war bereits angelangt.

daß sie Einfluß auf dasselbe gewonnen, jezt haßte sie es, denn

sie hatte mit Elsa zugleich auch Cölestin verloren.

In seinen Jünglingsjahren hatte Reinthal stets einige Som­mermonate hier zugebracht. Sein Vater hatte dies reizende

Die beiden hatten sich getroffen und es hatte eine Erklärung Landhaus erbaut, aber er hatte es vergrößern und verschönern zwischen ihnen stattgefunden, ehe sie zusammen in das Pfarr- lassen. Nach seinem Roman mit Marie Lefebre, der sich in haus zurückgekehrt waren. Aber er hatte ihr nichts davon mit­

Solenbad abspielte, schien er durch Jahre die Lust für diesen

geteilt, als, daß alles vergeblich sei, daß man das Mädchen Aufenthalt verloren zu haben, ja, er vermied es absichtlich, in aufgeben müsse. Er hatte ihr hierauf Elsa überlassen und war diese Gegend zu kommen.

fortgegangen. Seitdem war eine Woche vergangen und sie hatte

ihn nicht wiedergesehen. Wo weilte er denn? Warum hatte er

Erst mit der zunehmenden Kränklichkeit seiner Gattin hatte er die Idee gefaßt, sie nach Solenbad zu schicken, und Ilona

ihr nicht wenigstens eine Zeile geschrieben? Zürnte er ihr? hatte hierauf einige Sommer hier verlebt und war auch hier D, fie hatte weit eher Grund, ihn für die plözliche Sinnes- gestorben. Darnach hatte sich der Baron nicht mehr hier sehen änderung Elias verantwortlich zu machen; er hatte sie wohl lassen. Suchte er trüben Erinnerungen zu entgehen? Jezt war durch eine unvorsichtigkeit provozirt.

Sie selbst hatte sich da=

der Befehl gekommen, alles für seinen Aufenthalt instand zu

mals durch Elsas ganz verändertes Wesen einschüchtern lassen. sezen. Die Zimmer, welche seine Gemahlin bewohnt hatte, sollten Diese war sicher und bestimmt aufgetreten und hatte verlangt, frisch tapezirt, teilweise auch neu möblirt werden; Doktor Lefebre

Nr. 13. 1884.