" Befehlen Sie den Wagen," sagte er, indem er sich erhob. Wollen Sie zur Bahn?"
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" Ich will Sie bitten, mit mir eine Spazierfahrt zu unternehmen."
" Bei diesem Wetter, und wohin?"
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„ Nach Amsee."
„ Sie scherzen."
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Es wäre vielleicht anzunehmen, daß bei dem Arbeiter Georg Hofer ich weiß jezt seinen Namen noch ein zweites Exemplar jener unaufgeschnittenen Broschüre zu finden wäre. Was ich über den Burschen vernommen, rechtfertigt diese Voraussezung."
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Es bedurfte keiner weiteren Pression auf die Gräfin; all ihre Neugierde war geweckt und all der Eifer, einer Sache auf den Grund zu kommen, die mit Elsa in Verbindung stand. Zwei Stunden später hielt ihr Wagen vor dem felsengewölbten Tor, durch das man in den Ort Amsee gelangte.
Natalie und Cöleftin verließen den Wagen, dem Kutscher die Weisung hinterlassend, sie hier zu erwarten.
Sie schritten, troz des noch immer herniederrieselnden Regens, der Niederung entgegen, die Lahn genannt.
Jezt flopsten sie an die Tür der Hofer. Diese öffnete ihnen selbst.
Die Gräfin erzählte, sie sei von Solenbad herübergekommen, um die Kirche und die eigentümliche Anlage des Ortes zu be sichtigen; nun am Ende desselben angelangt, bitte sie um die Erlaubnis, sich hier einen Moment ausruhen zu dürfen, ehe sie den Rückweg antrete. Und Cölestin fügte in seiner liebenswürdigen Weise hinzu, die Frau und ihr Hauswesen habe ihm, als er vor acht Tagen hier war, einen so günstigen Eindruck gemacht, daß er die Frau Gräfin in kein anderes Haus führen wollte als in dieses.
Die Hofer wußte vor Ueberraschung und Verwunderung erst gar nicht, wie sie sich zu geben habe.
Die Hofer hatte zwei Stühle dicht neben einander hingestellt und bat nun die Herrschaften Plaz zu nehmen.
Cölestins strenger Blick wies die Gräfin an, der Einladung zu folgen. Sie sah es wohl, er bestand auf seinem Vorhaben unter allen Umständen, und so tat sie denn das Einzige, was ihr in diesem Falle übrig blieb, sie trat ans Fenster und machte es auf, dann zog sie ihren Stuhl nahe bei und sezte sich in Gottes Namen darauf nieder.
Cölestin befragte jezt die Hofer in milder, teilnehmender Weise um ihre Verhältnisse. Als Priester hatte er das Recht, sich in das innerste Leben der Familie zu drängen; er fragte nach Georg, und ob er wieder im Salzwerk arbeite.
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Natürlich, Hochwürden, jeden Montag geht er hinauf, und am Freitag wieder herunter, die ganze Woche bin ich armes Mutterl allein."
" Ihr könnt Euch doch am Sonntag seiner erfreuen und mit ihm die Kirche besuchen."
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wenn nur
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„ Das wär' schon recht, wenn Die Hofer machte ein einfältig verlegenes Gesicht. " Ihr habt doch gewiß als Mutter Eure Pflicht gethan und den Sohn fromm und christlich erzogen," fragte die Gräfin.
" O mein Gott, schon wie! Wie er noch ein winziges Bübel war, hat er schon müssen in die Kirchen gehen, ob er wollen hat oder nicht, und zur Beicht ' hab' ich ihn auch fleißig ang'halten, und sein Katechismus hat der Georg auf's Und hersagen können, aber jezt no, Sie wissen's Euer Gnaden vielleicht auch, was das für eine Mod' bei den Männern iſt: ' 3 Kirchengehen und' s Beten haben's ganz uns Weibsbildern allein überlassen. Unsereins könnt' sich schier mattbeten, um unserm Herrgott das Nötigste nur zu leisten. Und ich gar, ich hab's in die Füß, ich kann keine Prozession mehr mitmachen Aber ich laß halt dafür hie und da eine Mess' lesen."
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aus is!
" Jeder wird dereinst für sein eigenes Tun und Lassen sich zu verantworten haben," ermahnte Cölestin und hierauf, in drängender innerer Ungeduld, direkt auf sein Ziel losgehend: „ Versucht es doch wenigstens, ihn zum Lesen guter und gottesfürchtiger Bücher anzuhalten. Ihr habt doch solche Bücher?" Seine Augen wandten sich fragend dem Schrank zu, hinter dem
er diese vermuten fonnte.
mein Bücher haben wir g'nug, aber ob's gottesfürchtig sind?- Ich vermein', die seind's nicht, die ihm der alte Rezer vermacht hat, der sie stockte,„ ich weiß halt nicht, wie Hochwürden von ihm denken, weil's mit seiner Fräulein Tochter bekannt sind."
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Sie hatte noch nie mit einer Gräfin gesprochen, und jezt war eine solche in ihre niedere Hütte eingetreten und tat gar nicht stolz, gudte vielmehr so recht freundlich und vertraulich nach allen Seiten herum, und war auch nicht prächtig anzusehen. Sie trug teine schönen Kleider, wie sie sich's bei einer Gräfin immer vorgestellt; einen ganz simplen Regenrock, und auf dem schwarzen Hut nicht einmal eine Feder. Und der gute hochwürdige Herr, mit dem der Georg neulich so wenig Umstände gemacht hatte, er hatte es ihr also nicht nachgetragen und ihr nun m solche Ehre erwiesen. Sie fühlte sich ganz gerührt, und ihre Berlegenheit begann zu schwinden. Dazu kam noch das befriedigende Bewußtsein, daß sie soeben gescheuert und rein gemacht hatte. Sie konnte ihre Stube sehen lassen. Das Bett war frisch überzogen, das Duzend Milchlöffel, das sie noch aus der Zeit, wo sie Almerin war, aufbewahrte, war sauber gepuzt und glänzte von dem dunklen Holzgestell hernieder; an der Leine vor dem großen Kachelofen, die Sommer und Winter hier an gemacht war, hingen zwei soeben gewaschene Hemden, Georgs Sonntagshemden, und nahebei standen seine neuen hohen Juchten die Hände zusammen,„ Hochwürden wissen davon!"
Stiefel, die sie mit Fett geschmiert hatte. Diese Stiefel waren
" Ihr Instinkt hat Sie sicher geleitet," rief die Gräfin dazwischen, es kann ihm kein Segen kommen von dieser Seite." Aber noch weit gefährlicher wirken die neuen Bücher, die man jezt allenthalben unter den Arbeitern zu verbreiten sucht,
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wißt Ihr jene ganz neuen- die auch ihm unlängst zu
gekommen sind."
„ Aus is!" rief sie, und schlug in Ueberraschung und Schreck
" Diese enthalten das schlimmste, das gefährlichste Gift für
" Ja ja, was ich halt immer gesagt hab', die sakrischen Bücher! Deshalb hat er auch gar so heimlich damit getan, und hat sie vor mir versteckt g'halten."
ihr Stolz, der Triumph jahrelanger Sparsamkeit, solcher gab's Ihren Sohn." nicht viele in Amsee, und die Gräfin konnte es an diesen Stiefeln gleich sehen, daß sie zu ordentlichen Leuten gekommen war. so gehobenes Bewußtsein verliehen, eine ganz andere Anschauung Aber die Gräfin brachte für diese Dinge, die der Hofer ein mit. Die feuchte Luft der niederen Stube, in der die Diele noch nicht völlig aufgetrocknet war, der Geruch der Wäsche und Betten, dieser Geruch der armen Leute, der durch die Juchten ein noch schärferes Aroma erhielt, erregte ihr den heftigsten Widerwillen.
" Sie befinden sich also nicht in jenem Schranke?" aber so was „ G'wiß nicht, ich hab' mir's gleich
denkt, denn denn
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„ Erleichtert Euer Gewissen, gute Frau," sagte der Pater mit erheuchelter Sanftmut, indes er in ungeduldiger Pein die
Sie drückte ihr Taschentuch gegen die Nase und wendete sich Fingernägel in die geballte Hand drückte.
Die Hofer- holte tief aus zu dem Bekenntnis:" Sehn's,
Dieser starrte, nichts um sich beachtend, auf einen Fleck; die Truhen dort am Fenster, in der er sein Sachert hat, ist
hier war sie gestanden mit dem schönen, in Begeisterung glühen
immer offen g'standen, mein Gott, er hat nicht viel drin, und plözlich war's zugesperrt.
den Antliz, hier hatte sie ihm das Wort zugeschleudert, daß sie seinen Bergrod nimmt ihm. feiner
alles trenne.
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Und von da an hat er den Schlüssel immer bei sich tragen,
Eine Woche war erst seitdem vergangen, es dünkte ihn eine sogar bei der Nacht, ich hab ihm nicht drauf kommen können;
Ewigkeit des Schmerzes.
aber die Neugier hat mich nöt g'ring peinigt, und ich hab' mir