berbessern, sondern verschlimmern wolle. Wir wüßten auch nicht, wie es sich verbessern sollte! Der Parzellenbauer wird in Baden wie anderwärts jenen grausamen ökonomischen Prozeß durchzu­machen haben, dem auch der kleine Handwerker der Städte immer mehr verfällt. Der zersplitterte Grundbesiz schließt sich zu großen Komplexen zusammen, die einen rationellen Großbetrieb ermög lichen. Es ist eine lange und schmerzliche Umgestaltung, die begonnen hat, und daß sie durchzumachen ist, darf zu einem nicht geringen Teil auch den Einwirkungen des römischen Rechts zugeschrieben werden, das den alten Gemeinden ihr freies und unveräußerliches Eigentum an Grund und Boden entrissen hat.

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Wie sehr die heutige Landwirtschaft entartet, das tritt be sonders in jenen Bezirken hervor, wo sie sich mit der Industrie vermischt. Die armen Leute, die jene kleinen sogenannten Tag­löhnergütchen bebauen, sind- laut Erhebung am schwersten verschuldet. Sie sollen zugleich ihr Gütchen bebauen und müssen zugleich in die Fabrik gehen. In der Fabrik werden sie schlecht bezahlt und drücken dadurch auch den Lohn der andern Arbeiter herab. Die Art, wie diese Leute die Bewirtschaftung ihrer Barzelle betreiben, kann nur eine äußerst unvollkommene sein. Biele haben nur am Sonntag Zeit zur Beſtellung ihres Ackers, weshalb wir schon bei vielen großes Widerstreben gegen das Verbot der Sonntagsarbeit gefunden haben. Was soll aber bei solchen Zuständen schließlich herauskommen?

Während sonach das Parzellensystem auf der einen Seite die Produktivität des Grund und Bodens schwächt, schafft es

I.

auf der andern Seite eine ganz in sich abgeschlossene Bevöl­kerungsklasse, die, in einen engen Interessenkreis gebannt, für das Verständnis der modernen Zeitfragen unzugänglich, allen Neuerungen abhold und zäh an das Alte und Hergebrachte sich klammernd, eine schwer zu erschütternde Phalanx gegen allen ge­sunden Fortschritt bildet. Sogar die moderne Technik und Wissen­schaft mit ihren großen auf die Landwirtschaft anwendbaren Verbesserungen bleiben dem Parzellenbauer ein Buch mit sieben Siegeln; er selbst hat nicht die Mittel, sich diese Verbesserungen zu Nuze zu machen und sie auf genossenschaftlichem Wege zu erlangen, dazu ist er zu indolent. Was sich auf dem Lande an Genossenschaften organisirt hat, ist im Verhältnis zum Ganzen sehr gering*). Der Bauer weiß, daß sein Großvater nach jenem System gewirtschaftet hat, das zur Zeit Karls des Großen ein­geführt wurde, und das ist für ihn oft Grund genug, neuere Systeme zu verwerfen.

Wenn es in Baden so aussieht, wie mag es in den an Natur ärmeren und weniger fruchtbaren Teilen Deutschlands  aussehen! Leider fehlt eine zuverlässige Statistik; vielleicht gibt die von der badischen Regierung vorgenommene Erhebung den Anlaß dazu, daß man sich auch anderwärts entschließt, einmal zu erforschen, unter welchen Verhältnissen die ländliche Be­völkerung lebt.

*) In Schleswig- Holstein   haben die Genossenschafts- Molkereien einen ziemlichen Umfang angenommen. Sie führen zum Teil ihre Produkte nach entfernten Gegenden aus. Ihr Einfluß auf die Situa­tion der Landwirtschaft im ganzen ist indessen kaum bemerkbar.

Bweierlei Perpetuum mobile.

Unterhaltungen zur Aufklärung. Von Ingenieur. Köbler.

tels von ihrem eigenen Gewicht bewirkter momentaner Schief­Hauptsächlich Schuster, bankerotte Kaufleute und pensionirte stellung oder Schwankung des Tellers einen neuen Anstoß Offiziere sind nach Julius Zöllner berufen resp. verurteilt, erteilt. Ein Perpetuum mobile ist ein Schwungrad, welches ursprünglich von Menschen- oder anderer Kraft in schnelle" Umdrehung versezt, durch seinen eigenen Schwung mit Hülfe

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von Hebelwirkungen eine Spiralfeder spannt oder aufzieht, die - ernsten Vorschlage Dr. W. F. A. Zimmermanns*) die zum

zu arbeiten. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch versichern, an der Lösung des Problems einer ewig gehenden Maschine daß die Fachmänner" des Perpetuum mobile sich am aller wenigsten aus den Zirkeln der Bankrotteure und Pensionäre nach jeder Auslösung das Rad in neuen Schwung versezt. Ein refrutiren; ich fand die stillen Schwärmer für die ewige Be- Perpetuum mobile ist eine Dampfmaschine, welche nach dem wegung nirgends zahlreicher als im werktätigen Volke vertreten. Vor allem sind es die Gewerke der Mechaniker, Maschinenbauer, Betrieb nötigen Dämpfe im Dampskessel durch Reibung erzeugt. Schlosser, Tischler und Drechsler, auch wohl der Uhrmacher, Im Dampskessel befindet sich ein Rohr mit enganschließendem Gelb- und Zinngießer, unter deren Mitgliedern, und zwar vor­züglich den gedankenvollsten und strebsamsten, die Idee der ewig erhalten und die dabei entstehende Reibungshize liefert nach Auf­währenden Maschine leicht Wurzel faßt. Es rührt das einfach hören des Feuers ununterbrochen den Betriebsdampf.

Kolben; lezterer wird von der Dampfmaschine aus in Umdrehung

Ein Perpetuum mobile ist auch eine Wasserrad, welches seine

zahlreichen Fragen der Matematik, Mechanik und Physik, welche Kraft dazu verwendet, das unten abfließende Wasser durch An­ den   Angehörigen der genannten Berufskreise bei ihren Arbeiten wendung von kraftersparenden" hydraulischen Druckvorrichtungen, sehr oft, ich möchte sagen täglich aufstoßen. Wären unsere Volts­schulen, wie sie sein sollten und erhielte die Jugend statt des Gemisches von eingeprügeltem trockenen Wissen und dem vor geschriebenen Ballast in erster Linie den Unterricht der unge­schmälerten Naturwissenschaften und was dazu gehört in

Winden 2c. immer wieder nach oben zu heben, welche Einrich­tung die Aufstellung von Wasserrädern auch dort gestattet, wo gar fein fließendes Wasser vorhanden ist. Auch ein magneto­elefterisches Perpetuum mobile ist anzuführen: Eine dynamo­elektrische Maschine( der Generator) wird zu anfang des ewigen

sesselndem, durch Experimente illustrirten Vortrage, so Laufes von irgend einem Motor in Umdrehung versezt; der würde unter anderem auch der unfruchtbare Glaube an die dadurch in der Maschine erzeugte Strom wird nach einer da­unaufhörliche Bewegung von Eisen und Messing aus dem Volke so spurlos verschwinden, daß die Maschinen- Ingenieure von Beruf in dieser Beziehung nichts mehr im voraus haben würden. Was man eigentlich unter einem Perpetuum mobile zu ver

neben stehenden zweiten dynamo- elektrischen Maschine( dem Re­zeptor) geführt, die jezt als Elektromotor ihre Kraft darauf ver­braucht, die erste stromerzeugende Maschine, vielleicht mit Hülfe geeigneter Uebersezungen( Räder oder Riemenwerke) in der ein­

stehen hat? Die bereits gelegentlich gegebenen Uebersezungen mal erteilten Umdrehung zu erhalten. Das klassische Beispiel

der lateinischen Bezeichnung erläutern das Ding freilich noch nicht vollständig, sondern geben nur Andeutungen, daß dasselbe

bleibt aber die Uhr, welche sich selbst immer wieder aufzieht. Hinsichtlich des Perpetuum mobile scheiden sich die Menschen,

teils etwas mit Maschinerie, teils mit der Ewigkeit zu tun habe. soweit sie diesem Begriff nicht gänzlich unbekannt gegenüber Das erschöpfende Verständnis kommt erst mit Beispielen. Also: stehen, in zwei grundverschiedene Parteien: die Partei der

einem gleichfalls metallenen Teller unaufhörlich im Kreise herum­rollt und zu diesem Zweck sich selbst nach jedem Umlaufe mit­ Ein Perpetuum mobile   ist eine metallene Kugel, welche auf

*) Siehe dessen Handbuch der Physit", 2. Bd., S. 274.( Berlin  , Gustav Hempel, 1857.)

Rr. 14. 1884.