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Oder weiter: eine rauchige, schlechtriechende Kneipe- umgefallene zerbrochene Gläser die Uhr zeigt auf Mitternacht , die Uhr zeigt auf Mitternacht , denn sie geht nach. Um einen Tisch sizen geistreich, die bierschweren Köpfe auf die Arme gestüzt, die Jünger der Musen" bei dem wichtigen Spiele der Karten". So vergeht Abend So vergeht Abend um Abend selbst Mittag um Mittag, denn zum Kaffee spielt sichs allerliebst Karten; dann legt sich der Musensohn noch ein paar Stunden aufs Ohr, und des Abends dann wiederum Spiel oder Kneipe.
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Wie sie dasizen, unsere Jünger germanischer Musen! Die Gesichter gerötet und die Köpfe so voll; von der Weisheit ihrer Studien voll oder voll unsterblicher Gedanken? Ei bewahre, lieber Freund, voll von Zahlen und Zehnern", und " Buben" und" Damen " vielleicht auch in Wirklichkeit Damen vielleicht auch in Wirklichkeit Damen doch darüber schweigen die Aerzte. Oder endlich keine Müzen, keine Farbe, nicht einmal einen Hund, ja vielleicht nicht einmal eine Narbe. Man unterhält sich
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o Wonne! man spielt hier nicht Karte, man philosophirt!- Drum sei mir gegrüßt, du erfreuliches Bild- du das einzige, herrliche!- Diogenes hat endlich Menschen gefunden, und er sezt sich zu euch nieder und hört zu, denn das Gespräch ist interessant, mitunter selbst stürmisch. Es dreht sich wohl um die neuesten Resultate der Naturwissenschaft? um das neueste Buch eines Häckel? um die neueste Erscheinung der Literatur?- Wenigstens der Ton der Sprechenden läßt darauf schließen denn begeistert blizen ihre Augen, nur ihre Mienen sind so heldenhaft männlich, teutonisch sie selber so Jüngling durch und durch, jeder Zoll ein Germane- die Jünger und Recken der Wissenschaft, des Fortschritts o laßt mich euch sagen- pardon, lieber Leser gefehlt!- man beman bespricht sich hier nur über eine Adresse an Stöcker.„ Heiliger Zorn" erfüllt ihre Mienen; allerdings und mit Recht, denn man berät sich über eine telegraphische Bitte nach Varzin, um sofortige Verbrennung resp. Verbannung aller Juden. O diese Jünglinge sind praktisch und ideal und religiös und
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es ist
beruhige dich. Dann spricht man von Religion" denn man denn ist begeisterter Anhänger Stöckers und Christ- Germane die Frömmigkeit gehört heute ja zum ,, bon ton" unserer aristokratischen Salons. So disputirt die edle Gesellschaft allen Ernstes( und der Verfasser kann es bezeugen) gleich einer mittelalterlichen Synode oder Kirchenversammlung über eine äußerst wichtige und epochemachende teologische Frage eine Streitfrage, die von dem jungen Referendariatskandidaten, Herrn Baron von Sig- Bliz, ausgegangen ist, ob die alten Griechen oder Römer wohl der christlichen Hölle oder des christlichen Himmels teilhaftig geworden, und wie es mit den Juden in dieser Hinsicht bestellt sei." Lieber Leser, ich mache keine schlechten Wize; ich habe auch nicht blos ein Phantasie gemälde aus tendenziöser Absicht entworfen, sondern ich könnte dir Namen für Namen die aristokratische Gesellschaft zitiren; doch die leidige Höflichkeit verbietet das. Und diese Herren waren nicht etwa Teologen, auch keine Zöglinge des tübinger„ Stifts"
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sondern Juristen in den höchsten Semestern und aus der „ Crême" der höchsten berliner Gesellschaft! Das Resultat der Synode habe ich nicht mehr erwartet; ich hoffe indessen, daß die Humanität triumphirte, und wenn auch nicht alle, so doch Plato und Moses einen Freiplaz im christlichen Himmel er langten. Ja, die Humanität! Diese Herren werden einst die Hüter der Humanität sein und die Wächter über die Rechte der Wissenschaft, der Presse und der freien Gedanken- allerdings ihre Wächter", aber was für Wächter!
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Meine Bilder sind trüb, aber wahr! Wir leben(- oder ich irrte mich sehr?) doch im 19. Jahrhundert, an der Schwelle des 20sten selbst!- Und trozdem ist es wahr: Die große Mehrheit unserer heutigen akademischen Jünglinge, auf den humanistischen Hochschulen wenigstens, steht dem Fortschritt und den Konsequenzen der Wissenschaft feindlich ent gegen!
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Der allererste und fundamentale Grund für die studentische Korruption liegt ganz entschieden in der Schule, im Gym tolerant- so tolerant! Dafür spricht auch die zweifelhafte nasium! Denn das Gymnasium entspricht ganz einfach den Hebe, der der christgermanische Senior ganz vertraulich in die Anforderungen unserer Zeit nicht im geringsten, und erzieht und das Bändchen mit ,, V. d. St.", das alles, nur nicht brauchbare Bürger eines Rechtsstaats. Es gibt Mann für Mann dieser geistreichen Jünglinge im Knopfloche sich keine Mühe, die zukünftige Elite des Volkes historisch und trägt als vorläufiger Ersaz für ein anderes Bändchen, das politisch zu bildenes verachtet die Naturwissenschaft und die Forschung und erstickt jede selbständige Regung im Schüler durch das Dogma. Man staune, das Gymnasium, diese fizt ein junger Streithahn und bläst mir den Rauch seiner Doktrinen zurück, die an allen naturwissenschaftlichen Fakultäten Tische und lese eine Zeitung( die„ Nordd. Allg." etwa), nebenan einzige Vorschule der Universität, weist grundsäzlich alle verwundert.„ Mein Herr"( steht der Streithahn an meiner verschweigt seinen Schülern jede neue Idee, es will mittel
die Zukunft erst bringt.
Oder ein anderes Bild: ein elegantes Café. Ich size am
Bigarre sehr unmanierlich in die Nase. Ich sehe auf, etwas
Seite)„ Sie firirten mich
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Ihre Karte!"
Nur Blut kann das offenbar sühnen
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nur Blut!
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es
alterlich bleiben, ciceronisch und scholastisch; und bei Leibe keine
Bildung, die die geistigen Augen erschlösse!
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An einer An
regung, oder nur an Herstellung einer Basis für das Ver ja, ständnis der großen Idee, die doch früher oder später im Leben auf den Schüler einstürmen, fehlt es gänzlich. Aber dafür nimmt der Junge einen entsezlichen Wust teologischer Weisheit richtig für den Inbegriff irdischer Weisheit betrachtet. und scholastischen Quarks in die Welt mit hinaus, der er dann
In einem feinen, hochfeinen Restaurant ſizen einige Studirende„ ritterlichen Standes" beisammen, sie erzählen was man da nicht alles erfährt von der lezten Jagd, von den so und soviel Hasen oder Enten, die der jugendliche Nimrod geschossen- von dem prächtigen Rennen, wo man" den Schimmel zu Tod ritt( ein Renommist reitet überall Pferde tot). Dann spricht man von Hunden von Weibern.-Famose Race das- ja?" Dann
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Ueber das alles wurde schon viel und von fachmännischer Seite geschrieben; und dennoch führe ich noch ein schlagendes - von der Cousine Baronesse, die sich Beispiel hier an, so treffend, so vernichtend, daß es den mit dem Grafen Schnickschnack verlobt hat dann vom Onkel rosigsten Optimisten und Schwärmer für unser Gymnasium von General und vom Paten Minister. Man kommt auch auf die seinem Wahn befreien muß. In der Unterprima des Gym Politik und auf die Arroganz dieser Fortschrittspartei, dieser nasiums zu U. wurden u. a. in der Religionsstunde( Phyfit, " Rebellen- und Aufruhrpartei," schlimmer als die Sozialdemo- Chemie, Zoologie 2c. gibt es nicht!) folgende Scholafticismen
kraten, und auf Eugen Richters Arroganz gegen unsere Gardes
dort gedient und Bruder Kurt und Onkel Ottokar oder Willi- Schmerz über dieselbe abschwächt, zweitens die Rechtfertigung du- Corps, unser" ,, Garde- du- Corps"-" man" hat ja selbst gegenüber, die erstens die Erkenntnis der Sünde und den zum Auswendiglernen diftirt( wörtlich):„ Der katolischen Lehre es ist unbegreiflich, unerträglich als eine Gegenleistung Gottes für den guten Willen des Menschen
bald stehen glorreich dabei
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diese Arroganz!-Auch auf die Presse kömmt die Gesell schaft zu sprechen und schleudert ihr Anatema. Armes„ Tageblatt" du, du Antichrist in Person, dein Verderben ist besiegelt, wenn erst diese Herren in der Preßzensur sizen!( Vorerst ſizen sie noch vor dem Referendariat und dem Repetitorium)
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also
auffaßt verlangt die protestantische Lehre:
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1) Bedingung der Rechtfertigung ist die contricio, Ber fnirschung, die nicht in Furcht vor der Strafe, sondern in den ,, veri terrores conscientiae" besteht, quae deum
sentit irasci et dolet se peccavisse".