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Pferden und Schlössern vertilgten und man sollte sie ihres adligen Namens und Vorrechts anderer Gestalt nicht lassen genießen, denn daß man sie als höhere Personen auf einen höheren Galgen hängte als andere Leute." Die Rede handelt weiter von den groben, onerfahrenen, stolzen Prachthansen unter dem Adel, die nit meinen, daß die Bauern auch Leut seien und gedenken, es müß jedermann ihrer Gnad geloben. Was ist das für eine Hoffahrt derjenigen, welche niemand für edel halten, er könnte denn seiner Boreltern rostige Bildnisse oder Wappen aufweisen und sein Geschlecht von seinen vier Ahnen oder Urahnen auswendig erzählen? Daher kommt es, daß die rohesten und unwissendsten Edlinge die gelehrten und besten Leute verachten, und weil sie mit dem dummen Wahn ihres Herkommens aufgeblasen und geschwollen sind, so wollen sie allenthalben am Brett ſizen, in allen Dingen den Borzug haben, in Höfen und in Kanzleien sollen wir ihrer Gnade froh sein und ihnen zu Füßen fallen. Ich aber halte dafür, daß nichts Närrisches und Eitleres jemals von Menschen erdacht sei und welches weniger Festes zum Greifen in sich habe, als der Adel." Daß auch hie und da wackere und tüchtige Edelleute gefunden werden, räumt Frischlin ein; diese seien auch von seiner Rede nicht betroffen, sondern allein die übermütigen Scharrhansen und Onmenschen, die vornehmen Rottirer, da ich wünsche, daß einmal ein anderer Herkules käme, als ba war Kaiser Maximilianus der Erste, der sie ausrottete." Unter den Tugenden des Landvolks wird von Frischlin besonders die Mäßigkeit gerühmt und damit werden„ unsere schwizenden, rülpsenden, gleich Maſtochen ausgestopften Hofleute" verglichen. Dann fährt er fort:„ Aber in Fürsten - und Herrenhöfen, da ein jeder begehrt, reich zu werden, da
Glück und will ein jeder zum besten bei dem Herrn daran sein, damit mit wohl fann größer sein. Denn da mikgönnt einer dem andern sein er zum meisten davon bring, und wenn er sieht, daß ein anderer neben ihm in gleichen Gnaden, so lügt er, wie er ihn könn durch List, durch Berleumdungen, durch Schmachreden, durch allerlei Trug von seinem Glüd abtrennen und bei dem Fürsten in Ungnad bringen. Da er das nicht tann, so stellt er demjenigen nach dem Leben heimlich, welchen er gern untergedrückt sehen möcht. Dieser Hofneid und Mißgunst erstreckt sich weit und breit, fürnehmlich aber übt er seine Macht wider die GeAn den Höfen herrscht der Neid, die Verleumdung, die Wüterei. Deslehrten und Erfahrenen, denn solche stehen ihnen am meisten im Weg. halb billig das Leben der Bauern und Hirten zu loben und die Ackerleut zu lieben, bei welchen fein solch Bubenstüd, Sünd, Laster und Schinderei in Schwant gehet." Ein andermal redet er von„ Schreiern und Schnarchern, die ihr Leben lang noch nicht weiter gekommen, denn ein Mühlfarr und trozdem sich gegen männiglich übermütig aufbäumen" und er nennt eine Anzahl Adeliger, grobe Knöpf, welche, wenn sie zu Rosen aufgehen sollten, so würden die Blätter aussehen wie
Ejelsohren."
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Mit dieser Rede hatte Frischlin in ein böses Wespen
längst entwöhnten Fuß, und fröhlich folgen sie der Aufforderung des jungen, neuvermählten Paares, ihrer Kinder, und schicken sich an, der schönen Volksfitte gemäß, den Ehrentanz mit ihnen zu tanzen.- Die Jugend mit dem Alter im fröhlichen Hochzeitsreigen, es ist ein föſt= liches Motiv für den Pinsel eines Malers wie Hugo Kauffmann , der es so recht versteht, humoristische und zugleich gemütsinnige Szenen aus dem Volksleben in trefflicher Individualisirung zu schildern. Die Werke des im besten Mannesalter stehenden Münchener Künstlers sind bereits durch Vervielfältigung mittels Lichtdruck in weite Kreise gedrungen, und Karl Stieler hat dieselben mit hübschen Versen in oberbaierischer Mundart begleitet. Wir können unser Bild mit keinem besseren Text begleiten als mit dem Gedichte Stielers:
Was waar' denn jezt dös, Dös Gedruck in der Stuben? Geht's hint'ri, ös Dirndle, Geht's hint'ri, ös Buben! " Jezt kimmt ja der Ehrtanz, Den müss'ma ja sehgu." So geht's nur grad hintri, Ees sehgts ihn deswegen*).
„ Ah, der Ehrvater, ah!" Und der tanzt und der schnauft Wier a Braunbär, der grad A jung's Lampl abraust. Und der Hochzeiter ziehgt Halt die Ehrmutter hin, Wie der Fuchs die alt' Henna, Daß f'flutschert**) vor ihm.
Ja, mein Gott, an Ehrtanz, Den muaß ma scho ham, 3'lezt kommen die Richtigen Do' wieder z'samm.
St.
Mitteilungen aus dem Gebiete der Industrie, Technik und Landwirtschaft.
Funkenchronograph. Eins der feinsten Instrumente auf der elektrischen Ausstellung in Wien war der Funken chronograph. Dieses sauber gearbeitete kleine Instrument besteht aus einem Uhrwerk, von welchem es möglich ist, den einmillionsten Teil einer Sekunde abzu= lesen. Sobald das Uhrwerk in Tätigkeit gesezt wird, beginnt es eine kleine Trommel mit einer Geschwindigkeit von 6000 Umdrehungen in der Minute herumzufchleudern; es kommen demnach auf die Sekunde hundert Umdrehungen, und diese werden durch ein jemaliges Glockenzeichen angegeben. Nach diesem Uhrwerk wird nun der Strom geleitet, welcher mit dem zu messenden Instrument in Verbindung steht, und der z. B. beim Messen der Geschwindigkeit einer Gewehrkugel beim jedesmaligen Berühren eines Leitungsdrahtes einen Funken auf die Trommel wirft, der sich durch einen gelben Fleck auf dem Stahl oder durch einen blanken Punkt, wenn die Trommel berußt ist, anzeigt. Mit der Trommel steht nun außerdem ein hundertteiliges Zifferblatt in Verbindung, daß beim Messen eine ganze Umdrehung macht, wenn die Trommel eine Hundertstelwendung vollbracht hat Der ganze Trommelumfang zeigt also eine Hundertstelsekunde an, die einmalige Umdrehung des Zifferblattes somit eine Zehntausendstelsekunde, und eine Hundertsteldrehung des Zifferblattes wiederum davon den hundertsten Teil, also eine Millionstelsekunde, ein Maß, mit dem sich erklärlicherweise die ungeheuersten Geschwindigkeitsphasen messen lassen. K. H. 8.
nest gestochen. Man nannte adeligerseits die Schrift eine Sturmglocke des Aufruhrs, deren Verfasser als Staatsverbrecher und Schänder der Ehre und des Ansehens der Obrigkeit den Galgen verdiene und der Haß der blaublütigen Junker ging so weit, daß sie Meuchelmörder gegen Frischlin aussendeten. Zahlreiche Attentate wurden auf ihn verjucht wie gegen andere, die ihm ähnlich sahen oder ähnliche Namen hatten und daher mit ihm verwechselt wurden. Ein Dr. Freschel z. B. wurde einmal zwischen Anspach und Schwäbisch- Hall von zwanzig Be feines Pferdes. Im Bären zu Stuttgart saß ein Mann harmlos beim rittenen angefallen und entging ihnen nur durch die Schnelligkeit Frühstüd; auf einmal hat ihn ein Hans Wolf von Stammheim beim Bart und will ihn erstechen, was unfehlbar geschehen wäre, wenn nicht andere dazwischen getreten wären. Er hatte den Fremden für Frischlin angesehen. Um sich unfenntlich zu machen, mußte er auf Reisen streckenweise seinen langen Bart in den Mund nehmen, und selbst wenn er nur in seinen Garten ging, trug er zwei Büchsen unter dem Mantel. " Ich will mich mit Gottes Hilf an den Scharrhansen, den ehr- und treulojen Schelmen, die mir nach meinem Leib und Leben trachten, rächen und sollte es mir den Hals fosten," sagte er zu seinen Schülern. Leider hat es ihm in der Tat den Hals gekostet. Sein Streit mit dem mator der lateinischen Grammatik mußte aus dem Lande und nach Professor Crusius tamen hinzu, der mutige, geiſtvolle Poet und Refor allerlei Irrfahrten und Drangsalen wurde er auf der alten schwäbischen Bergveste Hohen- Urach gefangen gesezt. Ungefähr ein halbes Jahr hatte er den Verlust seiner Freiheit ertragen, dann übermannte ihn der Drang nach Freiheit. Er unternahm einen Fluchtversuch und ließ sich riffen und zerschmettert stürzte der erst 43jährige herab. Das geschah zusammengeknüpften Bettüchern aus seinem Kerker herab; aber diese Ende November 1590. Wir werden später das Leben und Wirken dieser hochinteressanten Persönlichkeit näher schildern.
an
ein Greis an
St.
Der Ehrtanz.( S. 357.)„ Ein Alter, wenn er tanzet, ist wohl der lebensfrohe Greis, der im Dezember seines Lebens noch vollen Mai Haaren, doch jung an Geist und Herzen" singt Anakreon , freon, so wenig wie die Alte mit der gewaltigen Pelzmüze; aber der im Herzen hatte. Der Alte auf unserm Bilde ist nun zwar kein Anaflüchtig auftauchen und erweckt in ihrem welten Herzen einen Schimmer jener jeligen Beit, wo sie den Kelch der Liebe in vollen Zügen ge Schlürft haben. Und diese holde Erinnerung beflügelt ihren des Tanzes
Oberbaierisches Petroleum. Das Vorkommen von Petroleum in den oberbaierischen Alpen, namentlich bei Tegernsee , ist seit langem bekannt; über die Ergiebigkeit dieser Petroleumquellen fehlen zwar noch sichere Ermittelungen, die Beschaffenheit des Dels im Vergleich zu dem von Delheim bei Hannover darf indessen günstig genannt werden. Während nämlich in Delheim ein verhältnismäßig schweres Del angetroffen wird, ergibt sich bei Tegernsee schon in geringer Tiefe leichteres Del mit reichlichem Brennöl( bis zirka vierzig Prozent) und ansehnlichem Paraffingehalt, wodurch es dem nordamerikanischen Rohöl ziemlich gleichwertig erscheint. Das Petroleum von Tegernsee soll sich bedeutend leichter destilliren lassen als das norddeutsche; weitere Aufschlüsse können daher nur wünschenswert erscheinen.
Für unsere Hausfrauen.
Ueber die Konservirung des Fleisches.
II.
A. Konservirung des Fleisches durch Trocknen. Diese Metode der Konservirung ist alt, wurde schon in der vorchristlichen Zeit in Egypten und anderwärts geübt. Heutzutage kommt sie am meisten bei der Konservirung der Fische zur Anwendung. Außer halb Europas werden höchst. bedeutende Mengen von Fischen so zur Ernährung der Menschen dienlich gemacht. Innerhalb der Grenzen Europas wird das Trocknen der Fische weniger stark betrieben, am meisten noch bei der Herstellung des Stockfisch aus dem Kabeljau, des Stodfisch- Leng( getrodneter Leng) aus dem frischen Lang. In Südamerila werden große Mengen von Rindfleisch durch Trocknen konser virt. Man bringt die fertige Waare unter dem Namen ,, Charqui" in
*) Ihr seht ihn ja dennoch gut.**) flattern, mit den Flügeln schlagen.