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und was für eine Nacht. Millionen Sterne funkeln am tief blauen Firmament und spiegeln sich in den krystallenen Fluten. Ein leiser Luftzug fühlt unsere Stirn. Ueberall Ruhe, aber ein neues großartiges Bild soll bald unsere Aufmerksamkeit fesseln. Ein Feuerball ist untergegangen, ein anderer taucht auf: der Mond. Erst reckte sich die Scheibe ein wenig aus dem Wasser heraus, sie kam höher und höher und Luna schwamm d'rüber, nämlich über dem Meere. Mit dem Monde hat sich aber die Szenerie verändert. Wir fahren unter einem Sternen himmel und durch ein Feuermeer dahin. Es ist Meerleuchten. Rings um das Schiff tauchen Feuerfunken auf. Feuer sprüht unter dem Bug hervor ein feuriger Schweif zeichnet den Weg, den wir gekommen. Das Meer ist schwarz geworden, darüber schwebt weißer Schaum, der durch die Bewegung des Schiffes entstanden, in diesem weißen Schaum und schwarzen Meer eine Menge leuchtender Punkte, über dem Ganzen der Mondes war eine feenhafte Nacht. Schweigend und friedlich stehen wir nebeneinander: Deutscher , Russe und Araber. Es liegt ein stilles Einverständnis in diesem Schweigen. Wir haben uns satt gesehen, drücken uns stumm die Hände und begeben uns zur Ruhe.
Ich bedauerte ihn deshalb, gab ihm gute Ratschläge zur Heilung des entstandenen Ungemachs, bedauerte dann den Araber, weil solcher soeben im Dominospiel verloren hatte und schließlich mich selbst, weil ich durch die geteilte Aufmerksamkeit schachmatt geworden war. Am Nachmittage gab mir Hamed Ibrahaim, der arabische Gentleman, Aufklärungen über seine Geschäfts- und Vergnügungsreise nach Europa . Er hatte als intelligenter Mensch die Welt sehen wollen, dabei das Angenehme mit dem Nüzlichen verbunden und sich den verschiedenen Schiffseignern, deren Schiffe Egypten berühren, als Shipshandler vorgestellt und empfohlen. Da er in arabischem Kostüm reist, hat er umsomehr Erfolg für seine Empfehlung zu erwarten: man hat sich allseitig für ihn interessirt. Er hat Italien und Frank reich vereist, dort entgegen den Vorschriften des Koran Wein und in Deutschland , das er ebenfalls durchreiste, gutes deutsches Bier getrunken und schließlich in Dänemark , Schweden und Nor wegen von der Kälte zu leiden gehabt. Besonderes Interesse hegt er für Berlin , wo er„ große Glas Bier"( seine Bezeichnung für das in großen Humpen ausgeschenkte Weißbier) ge= trunken und für Hamburg , wo er im Krankenhause gelegen hat. Da er in Erinnerungen an besagte große Glas Bier" schwelgt, das ihm nicht sowohl quantitativ als auch qualitativ imponirte, liegt die Vermutung nahe, daß die kaum 2 Tage später erfolgte Niederlassung im Hospital zu Hamburg die natürliche Folge eines durch übermäßigen Biergenuß verdorbenen Magens ist. zwar behauptet er, daß ihn das Fieber geplagt habe, aber ich bin Zweifler und traue mir mehr Urteilskraft zu, umsomehr als die Symptome des Fiebers denen unseres deutschen„ Katers", wie es in der Biersprache heißt, entsprechen. Daß der„ Kater" bei ihm später auftrat und länger gedauert hat als bei anderen Menschen, ist dadurch zn begründen, daß sein Magen nicht an Bier gewöhnt war, am wenigsten aber an viel Bier, vielleicht
gar verschiedene Sorten. Uebrigens hat es ihm troz seinem
Leiden doch ganz gut in Hamburg gefallen. Namentlich lobt er die Behandlung und Verpflegung im Krankenhause. Da er nun einige Wochen in Deutschland gewesen ist und
Der Araber hat sich in seinen Burnus gewickelt, der Russe liegt neben ihm und sieht träumend in das Meer und den Mond. Beide werden bald in Morpheus' Armen liegen. Auch ich habe mich in die Kajüte und ins Bett begeben. Es ist spät geworden, bie Hize ließ uns nicht früher schlafen. Im Schlafzimmer ist es noch immer warm. Zum Glück sind die Deckfenster weit geöffnet und lassen ab und zu die erfrischende Seelust herein. Endlich bringt mir das Schaukeln des Schiffes den nötigen Schlaf, aus dem ich gegen Morgen durch Rufen geweckt werde. Ich blicke nach oben und sehe durch das geöffnete Deckfenster das Gesicht meines arabischen Freundes mir entgegenlächeln. Er will besonders höflich sein und mich deutsch anreden: tönt es aus seinem Munde. Also wirklich hat er mit kleiner " Slopen noch, min Frind?"( Schlafen noch, mein Freund?) Umänderung einen deutschen Saz zusammengebracht. Ich mut maße, daß er das Wort slopen" am Abend gehört hat, freue ihm die deutschen Lieder gut gefallen haben, möchte er auch mich wird aber die Unterhaltung englisch geführt. Where are the in Erlernen fremder Sprachen auf die Probe zu stellen. Bald Egypten vortragen zu können. Er hat sich das schöne Lied: other gentlemen? Wo find die anderen Gentlemen? frägt er. Natürlich läßt seine Höflichkeit ein geringeres Wort denn Gent Schusterjungen gehört hat und das ihm durch seine Kürze belemen nicht zu. Sie sind alle Gentlemen. Es hat überhaupt sonders gefällt. Das W in Wenzel hat bei ihm Aehnlichkeit seine eigentümliche Bewandnis mit diesem Worte, für welches mit dem englischen W, Wenzel klingt also wie U- enzel. Den wir keine brauchbare Uebersezung haben. Gentlemen in seiner Refrain hat er in Liralirala, Liralirala umgeändert und ist englischen Bedeutung entspricht etwa dem Deutschen feinen stolz darauf, seine Kenntnisse um einen neuen Schaz bereichert Mann", dem„ Mann ohne Tadel". Das Wort mit Edelmann
„ Der Wenzel kommt, der Wenzel kommt, der Wenzel ist schon da" ausgewählt, das er wahrscheinlich von einem berliner
zu haben. Gemäß seinem Wunsche erkläre ich mich bereit, ihm das Lied richtig vorzusingen. Er paßt genau auf und singt es
und gelernt, doch geht ihm das Verständnis dafür ab. So wendet er z. B. eines derselben bei dem Schweizer an, in der
wieder zu geben, würde unsinnig sein. Im übrigen geht es dem Ausdruck wie der in Desterreich üblichen Anrede„ Euer dann, ohne auf unsere Verbesserungen zu achten, ruhig in seiner Gnaden". Es wird ein jeder damit belegt. Der Verkäufer Weise nach. Auch einige deutsche Schimpfwörter hat er gehört nennt den Käufer so, an den er eben einen Gegenstand mit geldgeber und schließlich heißt ein jeder„ Euer Gnaden". Doch kostbaren Ansicht befangen, sich dadurch einzuschmeicheln. Natürmit unserem Araber ist es anders. Er wird nur seine Freunde, lich machte uns diese Begriffsverwechslung sehr viel Spaß und gleichgestellte und höhere, kurz gebildete Leute, als Gentlemen bezeichnen, nie aber jemanden aus der niederen Klassen, wie 3. B. einen robusten Matrosen oder gar den Ungar. Also die mal mußten wir lachen, als bei einer politischen Unterhaltung, anderen Gentlemen steigen aus ihren Betten, was, da sich zwei in der Bismard erwähnt wurde, der Araber hinzutrat, den
Betten nahe übereinander befinden, eine gewisse Gewandtheit er
in das allgemeine Gelächter stimmte Hamed Ibrahim, der Sänger des herrlichen Licdes vom Wenzel, fräftig mit ein. Ein anderes
aussprach und mit dem Zeigefinger auf die
sei eben so fahl wie der seinige. In der Tat trug dieser zi
fordert und oft mit Anschlagen des Kopfes oben oder seitwärts Stirn zeigte, eine Manipulation, die bei uns als Beleidigung verbunden ist. Da wir drei Neulinge in der Kajüte hatten, so ausgelegt wird. Wir waren darüber umsomehr erstaunt, als gab ich wohl acht auf jedes Geräusch und hörte richtig dreifaches unser Freund sonst eine hohe Meinung von unseres Staatsschiffes Brett Klang und dem sofort ein dreifacher Schmerzensruf folgte. erfuhren nun, daß er damit andeuten wolle, Bismard's Kopf Trommeln, das wie das Werfen eines hohlen Kürbis gegen ein Lenker hatte, frugen ihn nach der Bedeutung des Zeichens und Bald nach diesem Ereignis saßen wir zusammen auf Deck, verSammelt zu löblichem Tun, der Russe lud mich zu einer Partie vilifirte Mohammedaner einen kahlgeschorenen Schädel. So ver Engländer erzählte, daß sein dickgeschwollenes und blutunter- heiteren Tun und Treiben. Ab und zu betrachteten wir durch Schach , der Araber spielte mit dem Schweizer Domino und der ging die Zeit auf dem Schiffe ganz angenehm im ernsten und die ihn am hellen Tage dicht bei Triest angegriffen hatten. dalmatische Küste, deren weiße Kalksteinmassen wie eine Mauer
laufenes Auge von einem Kampf mit drei Räubern herrühre,
Rr. 17, 1884.
ein Fernrohr die zu unserer linken Seite gelegene, traurig öde