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Freunde!"

Von M. A. Lerei.

Eines Abends, als ich das Kaffeehaus früher als gewöhnlich verließ, begleitete mich einer meiner Freunde. Er hatte vor mehreren Wochen seine lukrative Stelle bei der Bank aufgegeben, weil er das Talent in sich fühlte, Dichter zu werden. Jene Tages­beschäftigung mit trockenen Zahlen nahm ihn zu sehr in Anspruch; diese prosaischen Ziffern benahmen und beeinflußten seine poe­tischen Ideen und deshalb hielt er es für angezeigt, seinen sicheren Posten aufzugeben,( er bezog monatlich 200 Gulden) um sich aufs kapriziöse Roß zu sezen, das schon so viele erbarmungs los abgeworfen hat!

Nach längerer Zeit fleißigen Arbeitens hatte er einen recht hübschen Stoß Manuskripte im Vorrat, aber Absaz konnte er leider keinen dafür finden. Heute eben wollte er mich nach Hause begleiten, um mir seine lezte Erzählung, betitelt: Der Regenschirm als Hochzeiter" vorzulesen; ich sollte selbst sehen, daß er recht hatte, wenn er von den Redaktionen sagte: Sie bernachlässigen ihre eigene Interessen!" Ich muß gestehen, daß mir die Sache imponirte: Ein junger Mann, der tagelang bei schönstem Wetter mit dem bewußten Regendache umherirrte, fand endlich doch Gelegenheit, dasselbe nuzbringend zu verwenden, in­dem eine gefällige Wolfe ihre Schleußen öffnete, um eine am frühen Morgen aus dem Opernhause strömende Menge reichlich zu begießen.( Ich erlaubte mir, hier zu bemerken, daß die Opern gewöhnlich nicht bei Tagesanbruch stattfänden, aber der Autor versicherte mich, dies sei eine licentia poëtica). Der junge Mann, oder vielmehr der Regenschirm, denn das war der eigentliche Held, hatte hier eine reichliche Auswahl; er warf seine Augen unter die Menge( ich fand das hübsch gesagt, kühn aber entschieden hübsch), und entdeckte endlich diejenige, für welche sein seidenumspanntes Herz schlug. Sie akzeptirte den dargebotenen Arm( des Jünglings, nicht des Schirmes), und schließlich konnte sich das glückliche Regendach, nein, der Be­fizer desselben, nicht mehr losmachen, was er mit den schließenden zu erraten gab: Der Arm wurde für immer konfiszirt, und so blieb denn mein überglücklicher Rest daran hängen, um mit ihr ein zufriedenes Erdenkinderpaar zu bilden!"

Worten

Wirklich, ich begreife nicht!"

-

" Was?" Der Autor stellte diese Frage in etwas nervöser Art, als fürchte er irgend eine unliebsame Kritif.

will!"

" Ich begreife nicht, daß man diese Erzählung nicht annehmen -Nicht wahr? Ja, ich sage Ihnen, Freund, es ist un­glaublich. Uebrigens seien Sie überzeugt, der Grund ist der, daß man heutzutage frische Talente unter keiner Bedingung auf­fommen lassen will!"

" Ja, das muß es wohl sein."

( Schluß.)

Nun hieß es sich aber mit den Zigarren ein wenig einschrän ken; ich verpaffte im Durchschnitt 5 Stück Zweikreuzerzigarren im Tag, drei Stück mußten für diesen Monat genügen. Im Laufe der Woche hatte ich sogar das unaussprechliche Vergnügen, meinem Freunde Taler aushelfen zu können; nicht, daß er am Ende à sec gewesen wäre, aber es kann ja jedem Menschen passiren, daß er sein Geld zu Hause liegen läßt; so war es auch diesmal geschehen: Mein lieber Königstein , haben Sie 5 Gulden bei sich? Ich habe die fatale Ungeschicklichkeit begangen, mein Geld in einem andern Rocke zu Hause zu lassen." Mit Vergnügen bester Taler, bitte."

ja,

"

Taler war leider sehr vergeßlicher Natur und ich kam für volle 30 Tage ums Rauchen; doch es war auch zu ertragen, ich begann mit dem Gedanken umzugehen, diesen Luxus ganz aufzugeben, denn wenn ich ihn einen Monat hindurch ent­behren konnte, so mußte es doch auch für die Zukunft möglich sein.

H. kam eines Abends freudestrahlend ins Kaffeehaus. Er schob mir ein Blatt hin:" Da lesen Sie, lieber Freund."

Der Regenschirm als Hochzeiter", las ich gedruckt; ich hatte es schwarz auf weiß vor mir. Gratulire, lieber H.! Nun, somit wäre ja die Klippe überschritten; wir werden Sie wohl bald neben Hackländer, Spielhagen und den Anderen nennen hören!"

Er lachte selbstbewußt; endlich nach einer Pause:" A propos, sind Sie wegen der 4 Gulden sehr pressirt?"

" Nicht doch, nicht doch!"

Umso besser, denn ich wollte Ihnen eben einen diesbezüg­lichen Vorschlag machen. Sehen Sie, dieses Blatt zahlt keine Honorare, dafür hat es mir aber ein ganzjähriges Abonnement bewilligt. Wenn Sie erlauben wollten, daß ich die Exemplare

an Sie adressiren lasse, so,- so wären wir dann quitt; nicht wahr?"

"

Gewiß, gewiß."

Wenn Sie aber darauf bestehen, daß ich Ihnen die 4 Gulden in natura zurückstelle"

-

" Durchaus nicht, bester Freund; zediren Sie mir das Abon­nement."

Nach Hause gekommen sezte ich mich an den Tisch, um folgendes Problem zu lösen:

-

Ausgeliehen an Freund H.: 4 Gulden. Freund hat für den Regenschirm als Hochzeiter" ein Freiabonnement erhalten und dasselbe mir zedirt: 4 Gulden.

Es wollte mir einen Moment scheinen, als habe eigentlich ich, und nicht die Redaktion, auf diese Weise das Honorar er­legt, aber ich ließ diese Idee mit Entrüstung fallen; hatte ich doch dafür das Blatt! Freilich konnte ich's im Kaffeehause

Der Besuch endete damit, daß mich mein Freund H. fragte, ob ich ihm nicht auf eine Woche 4 Gulden puffen könnte; bis dahin mußte die Serie der Annahmen und Honorare unfehlbar umsonst lesen! beginnen, und dann werde er mir das Geliehene mit bestem Dant zurückerstatten.

Ich rannte dienstbeslissen, fast erfreut zu meiner Sparkasse: " Mit dem größten Vergnügen, lieber Freund!" Warum konnte

feuille hervorziehen und rufen: 4 Gulden?- bedaure,

-

Das Jahr ging seinem Ende zu. Am Sylvestermorgen hatte ich meine lezten vier bei Seite gelegten Banknoten glücklich an den Mann gebracht. Drei fanden sich nämlich in der Sparkasse, und der vierte Gulden war derjenige, den ich für das Sylvester­

fest bestimmt gehabt hatte, aber ich konnte nicht anders: Einer

meiner Amtskollegen war mit Tränen in den Augen in die

wenn Ihnen aber mit 1000 gedient ist, mit Freuden; beun Kanzlei gekommen. Sein Kind lag frank im Bette, und nichts ruhigen Sie Sich auch nicht betreffs der Rückzahlung, das hat zu Hause, nicht so viel um eine Suppe zu kochen!

Ich benüzte die Mittagspause, um unter einem Vorwand

Sonderbar, von allen meinen Verwandten und Bekannten war

Moment war ihm mit der einfachen Vierzahl auch gedient, und nach Hause zu rennen, und dem armen Teufel meine Erspar­ich fühlte eine lebhafte Genugtuung, eine wahre Freude, dem nisse zu bringen; wären es nur hundert oder tausend gewesen! Anderen gefällig gewesen zu sein. passirte es mir denn, daß ich wenige Tage später( zum Glück das Angepufftwerden. So Rehbein der einzige, der mich nie um einen ähnlichen Dienst war's nach dem Ersten des Monats, sonst hätte ich refüsiren Abend mit ihm zuzubringen. Er wollte im Mirakelfeller" das müssen) wieder zu einem ähnlichen Dienst berufen wurde. Diesmal mußten 3 Gulden von der für's Rauchen ausgesezten ladung mit herzlichem Danke an, doch wollte ich vorerst noch

Summe herhalten.

angegangen hatte! Ja, er lud mich sogar ein, den heutigen

neue Jahr erwarten und mich trattiren. Ich nahm die Ein­

nach Hause gehen, um meine Wirtin zu benachrichtigen, daß