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Der Alchemist.

( Illustration Seite 497.)

Wer weiß heutzutage nicht, was ein Alchymist oder Al­ chemist   ist oder vielmehr war- denn in unserm aufgeklärten, bon streng wissenschaftlicher Bildung" durchwehten Jahrhundert ist diese Spezies des Genus homo total ausgestorben.

Ein Alchemist war ein lächerlicher, alberner, hirnverbrannter Mensch, der den Stein der Weisen  " suchte, der seine Arbeit, oft sein ganzes Leben an einen Blödsinn sondergleichen vergeu­dete, sehr oft sogar ein elender Gauner, der mit Hilfe der frechen Lüge, Gold machen zu können, leichtgläubige Men­schen, selbst Gott sei das Majestätsverbrechen geklagt gefalbte und gekrönte Häupter um ihr wohlerworbenes Gut und Geld, ihren, in saurem Schweiß mühselig zusammen nun, wie sagt man am besten? Entbehrungs

regierten

lohn

erschöpft,

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zu prellen bemüht war.

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-wenn man nicht gebildet" genug

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Gold alle Glückseligkeit der Welt erkaufen, all' Leid und Not verscheuchen zu können, da ist es wohl erklärlich, daß auch die Schaar der Ungelehrten ihre gespannteste Aufmerkſam­feit, ihr wärmstes, fieberhaftes Interesse den alchemistischen Re­torten und Schmelztiegeln zuwandte und Hoch und Niedrig generationenlang an nichts anderes dachte, von nichts häufiger und lebhafter träumte, als von dem weißen und dem roten Löwen  , dem Stein der Weisen und der Panacee des Lebens.

Der weiße Löwe, auch die weiße Tinktur oder das kleine Magisterium, d. i. Meisterstück, genannt, war das wunderbare Geheimmittel( Arkanum), womit man alle unedlen Metalle in Silber zu verwandeln vermochte; der rote Löwe, auch rote Tinktur, großes Magisterium oder großes Elixir und Panacee des Lebens geheißen, verwandelte die unedlen Metalle gar in Gold.

Die wissenschaftliche Vorstellung, von der die alten Chemiker

ausgingen bei ihren Versuchen, aus den unedlen Metallen eble

zu machen, enthielt den Gedanken, die unedlen Metalle seien im Grunde den edlen wesensgleich und nur noch nicht so reif,

so perfett, wie dieſe, und es müßten sich Mittel her­

stellen lassen Arkana, die Reifung, die Perfektion, der

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Also kann man sich, ist, um es selbst zu wissen- von jedem Dorfschulmeister oder Pfarrer belehren lassen. Das Tema ist damit jedoch noch nicht modernen Bildungsweisheit, -wie das überhaupt so zu gehen pflegt mit unserer - es ist im Gegenteil mit solchem Urteil nur die alleroberflächlichste Oberfläche berührt, und nicht einmal diese schaut uns daraus in ihrem ganzen Umfange und ihren wesentlichsten Merkmalen entgegen, sondern nur einige wenige grobe Züge des Bildes, die mit dem Wesen der Sache, um welche es sich handelt, wenig oder gar nichts zu tun haben. für seine Zeit sehr gelehrter Mann, der mit Ernst und auf­Ein Alchemist  , wie ihn unser Bild zeigt, war sehr oft ein müßte, so falfulirte man weiter, opferndstem Eifer sich der Wissenschaft hingegeben hatte, an sie nur dachte und an seine Mitmenschen, denen er mit der För derung seiner gelehrten Bemühungen in allerhöchstem Maße nüzlich werden zu können überzeugt war, und nicht an sich und die Begründung eigenen Wohllebens.

unreifen, imperfetten Metalle künstlich herbeizuführen.

Solch ein herrliches Mittel, welches eine der wundersamsten

Kräfte der Natur in die Hände des Menschen spielen sollte,

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Ein Alchemist war oft der strebenseifrigste, wissens- und einflußreichste, geistvollste Mensch seiner Zeit, ein Mensch,

zu zählen hat.

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auf alles, was da auf Erden ist, gewaltige Einwirkung ausüben, die gestaltenden und

erhaltenden Sträfte stählen, Leben fördern und Lebendiges auch

wider die lebenzerstörendsten Einflüsse widerstandsfähig zu machen im Stande sein; mit ihm werde der gläubige Alchemiker, wenn cs ihm erst einmal gelungen sein würde, aus Blei oder Dueck­silber Gold herzustellen, sich und andere auch unsterblich machen fönnen.

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Wenn man solche Ziele für erreichbar hielt, wer in der

bewundern und verehren zu lassen in der Brust fühlte, hätte zustreben erst mit Liebe und Be­

den die Geschichte menschlicher Kultur zu den Besten aller Zeiten Welt, der den Drang zu leben, zu genießen, zu gebieten, sich Und was die von betrügerischen Alchemisten schnöde hinter ihnen nicht zustreben sollen, gangenen gekrönten Häupter anlangt, nun so hatten diese sich geisterung, dann je öfter und härter herbe Enttäuschung der

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I am wenigsten zu beklagen, denn einesteils waren viele von ihnen stolzen Hoffnungsfreudigkeit zusezte, mit steigender Verbitterung

selber zeitlebens fanatische Alchemisten, andererseits zogen sie den Goldmacherwahn und Betrug förmlich an den Haaren in den Bereich ihres allezeit nach Gelde heißhungrigen Hofes, und endlich hat desgleichen gar mancher Fürst mit seinem Hof- und

und Verbissenheit, endlich mit verzweifeltem, oft genug zu Geistesverwirrung sich steigernden Fanatismus.

Und noch ein gewichtiges Moment kam hinzu, die Hoffnung immer von neuem anzufachen, die unsägliche Mühe und Zeit,

Staatsalchemisten die getreuen Untertanen viel schlimmer betrogen, welche man auf die Erreichung dieser weltfernen Ziele ver als er je hätte betrogen werden können, indem er aus dem wendete, nicht als nuzlos vergeudet erscheinen zu lassen. alchemistisch gemachten wertlosen ,, Golde" Geld schlug und es um denselben Preis wie echtes Gold den Lieben und Getreuen in die Taschen und Kasten praktizirte.

Wurde Blei und Duecksilber auch nicht zu echtem Silber und Gold, so stieg doch von qualmendem Schmelzherde und aus rußiger Retorte manch' eine neue Erfahrung und

Es ist eine uralte Kunst, die vorzugsweise als Alchemie oder Erfindung empor; man fand zwar nicht, was man suchte, aber

Alchymie bezeichnete Kunst Gold zu machen.

man fand doch häufig etwas, was des Suchens sich wert zeigte

Woher der Name stammt, ist man noch nicht recht einig: und die Schäze des menschlichen Geistes und des materiellen

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Als die Väter der Alchemie führt die Geschichte das uralte, vor vielen Jahrtausenden schon auf erstaunliche hohe Kulturstufe emporgedrungene Egyptervolk auf.

entweder von dem Griechischen zuuos( Chymos), Flüssigkeit, Besiztums vermehrte. Saft bedeutend, dem der arabische Artifel al vorgesezt ist, oder von dem Koptischen Namen des alten Egyptens kemi   mit eben dem arabischen al soll es herkommen.

hunderte bis in das 17. der christlichen Zeitrechnung nichts Jn Wahrheit war die Alcheme vieler vergangener Jahr

Für den Erfinder ihrer Kunst hielten spätere Alchemisten eine Person der egyptischen Myte, den sie Hermes den dreimal

weiter als die Chemie derselben, man kann sie sogar als das Größten, d. i. griechisch Trismegistos, nannten, und den die der schließlich ineinanderfließenden Kulturarbeit der alten Egypter der Wissenschaften und Künste und wurde bildlich mit einem gejammte gelehrte Wissen von der Natur ansprechen, wie es aus Egypter unter dem Namen Thoth   verehrten. Er war der Gott und Griechen, der Araber und Spanier hervorgegangen war.

Da sich nun das Streben der Alchemisten des Mittelalters

Ibiskopfe dargestellt. Die alten Griechen achteten ihn ihrem Götterboten Hermes, den die Römer Merkur   hießen, gleich;

Bemühen, Mittel zu finden, aus unedlen Metallen durch chemische Name Hermes geblieben.

allgemach jammelte wie in einem Brennpunkte, in dem heißen daher ist dem egyptischen Thoth in späterer Zeit der griechische

Kunst edle herzustellen, und da der Gedanke, daß solch' eine

Den Egyptern war Thoth   der Erbauer vieler Städte und

wissenschaftliche Leistung unbedingt möglich sein müsse, im Verein ihr ältester Gesezgeber; er sollte die gottesdienstlichen Gebräuche mit der naheliegenden aber freilich trügerischen Hoffnung, mit erfunden, desgleichen Matematik und Astronomie, Tonkunst und