Sie blieb vor ihm stehen. Ich bitte mir zu erklären," sagte sie schroff, und dann, als käme ihr ein anderer Gedanke, wandte sie sich dem Telegraphen zu." Sie erlauben, daß ich Gerta herbeirufe, um Gräfin Helene von Ihrem Hiersein in Kenntnis zu sezen."

Er machte eine Bewegung.

Unterlassen Sie es; Gräfin Helene ist im Salon, im eifrigen Diskurs mit einem Herrn, der mit mir zugleich ge­fommen war."

Elsa atmete auf.

Helene hatte Besuch angenommen, und sie wußte also, daß der Pater hier und bei ihr sei; es beruhigte sie merklich. Sie fam wieder gegen ihn heran.

Er hatte die Augen nicht von ihr gewendet und war jeder Bewegung ihres Körpers gefolgt.

Sein Herz pochte in rasenden Schlägen und schien dann plözlich zu stocken.

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Seit Wochen hatte er sich auf diesen Augenblick vorbereitet, wo er sie wiedersehen würde, wo die Entscheidung fallen sollte über das Schicksal seines Lebens, und jezt jeder Nerv zitterte unter dem Aufruhr seiner Gedanken und Gefühle, und sein Wille arbeitete dem nicht entgegen. Er wollte seine Bewegung nicht verbergen, sie sollte sehen, was sie aus ihm gemacht hatte, sie sollte wissen, wie elend er geworden war. Er streckte seine feine weiße Hand ihr entgegen.

Komtesse, wollen Sie nicht die Gnade haben sich zu sezen, Sie zwingen mich sonst, mich ebenfalls zu erheben und dieser erblaßte noch mehr.

Unwillkürlich sezte sie sich auf den Stuhl, der knapp an seiner Seite stand.

Sie haben eine traurige Zeit verlebt, ich hörte, Ihr älterer Bruder wäre in Nizza zum Tode erkrankt."

Er ist gestorben."

Das ist traurig."

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so eilends dahingeführt," sagte er leise mit einer seltsam ver­schleierten Stimme.

Eine Pause entstand, dann hob er den Kopf rasch, seine Züge belebten sich und seine Augen gewannen einen schönen, innigen Ausdruck.

" Komtesse, ich war von Nizza hierhergekommen, um Sie um diese Unterredung zu bitten. Hören Sie mich, ich flehe Sie darum an."

Sie hatte sich erhoben.

"

"

sein."

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, Was fönnen Sie mir zu sagen haben?"

Den Inhalt meines Lebens."

Ich kann Ihre Vertraute nicht sein und will es auch nicht

Sie werden mein Richter sein. In diesem Falle ein Richter über Tod und Leben!"

Er sprang empor und mit einer Behendigkeit, deren sie ihn vorhin nicht für fähig gehalten, stellte er sich vor sie hin, ihr den Weg zur Tür wie zum Telegraphen abschneidend. " So müssen Sie mich hören!"

Pater Cölestin !" rief sie, als wolle sie ihn zur Besinnung

bringen.

"

Nennen Sie mich nicht Pater, ich bin es nicht mehr!" Sie sind Jesuit ."

Ich gehöre nicht mehr dem Orden an. Ich habe mit meiner Vergangenheit gebrochen, als ein freier Mann stehe ich vor Ihnen."

Sie sind ausgetreten, freiwillig!?"

" Freiwillig?! nein! ich hatte keinen freien Willen mehr, dieses Anrechts hatte ich mich begeben. Aber der Ordens­general hat alle Macht und er kann unser Gelübde lösen, er fann uns entlassen und wieder aufnehmen, wie es der Vorteil des Ordens heischt. Nun denn, der Vorteil des Ordens heischte meine Entlassung."

Es war Cölestin gelungen, ihre Aufmerksamkeit zu fesseln

Eine kleine Pause erfolgte, dann sagte sie sanft: Sie haben und er fuhr fort. Ihren Bruder wohl sehr geliebt?"

Er hatte ein trübes, melancholisches Lächeln.

Ich lernte ihn erst lieben, als es zu spät wahr, nachdem ich gekommen war, den ewigen Abschied von ihm zu nehmen. Vorher waren wir uns fremd geblieben. Ich habe nie in der Familie gelebt, und weder für meinen Vater noch für meine Brüder hat sich etwas wie Zärtlichkeit in meinem Herzen geregt, und nicht einmal ein Gefühl der Anhänglichkeit, der Zusammen­gehörigkeit war mir erstanden. Nur wenn ich weit zurückdachte, an meine Kinderjahre, dann erinnerte ich mich einer schönen Frau, die mich zuweilen in ihre Arme nahm, es war meine Mutter, ich liebte sie, aber auch das war vergessen und ich habe erst in jüngster Zeit wieder daran denken müssen."

Und doch waren Sie auf die erste Nachricht, daß es mit Ihrem Bruder schlimm stehe, sofort zu ihm geeilt."

Er wendete sich zum erstenmale von ihr hinweg und seine Augen senkten sich.

"

Es war fein so fauteres Motiv wie Bruderliebe, das mich

Das nahe Ende meines Bruders war vorauszuschen; ich war der nächste und legitimste Erbe und damit in den Besiz eines großen fürstlichen Vermögens gekommen, wenn ich nicht, als Professe von drei Gelübden, auch das der Armut abgelegt hätte, das mir persönliches Eigentum versagt. Sobald ich aber dieses Gelübdes entbunden war, trat ich in meine bürgerlichen Rechte ein, und die Erbschaft fiel mir zu. Man sollte mich also freigeben; ich wünschte es und der Orden wünschte das Gleiche. Wir unterhandelten um den Preis meiner Freiheit und sind darüber einig geworden. Ich bin entlassen, und als Graf Ernesto Giuliano gehöre ich wieder meiner Familie, gehöre mir selbst an."

Und Ihr ganzes früheres Leben war nur eine Lüge." Elsa, verurteilen Sie mich nicht, ohne mich gehört z

haben!"

Er hatte ihre Hand ergriffen und mit sanster und doch so zwingender Gewalt, mit einem flehenden Blick seiner Augen leitete er sie zu einem Sofa und sezte sich neben sie.

( Forts. folgt.)

Die außerordentliche Reproduktionskraft verschiedener Tiergattungen.

Bon Realschullehrer Otto Lehmann. [ Der Punktsalamander. Die Schildkröte. Die Waldschnecke. Der Strandkrebs. Der Regenwurm. Das Wasserschlängelchen. Die Polypen. Die Rotiferen.]

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Eines der merkwürdigsten Naturvermögen, welches wir an allen organischen Körpern wahrnehmen, ist die sogenannte Ne­

produktions- oder Wiedererzeugungskraft, welche darin besteht,

daß sich bei diesen, besonders bei den animalischen Körpern,

Einrichtungen der Natur. Denn da nicht blos die Verrich tungen der vegetabilischen und tierischen Geschöpfe, sondern auch die ihnen drohenden Gefahren höchst vielfach und mannichfaltig sind, so können Verlegungen ihres Körpers unmöglich ausbleiben, und man würde mithin an diesen organischen Körpern unend eben durch jene Reproduktionskraft für die Wiederherstellung aus auf dem System der Ernährung und Assimilation beruhe,

gewisse verstümmelte oder gänzlich verloren gegangene Teile von jener Bildungen gesorgt hätte. Daß diese Wiederersezung durch­

selbst wieder ergänzen und ersezen. In dieser bewundernswür

digen Begabung erblicken wir ohne Zweifel eine der zweckmäßigsten

und