war. Lucian wurde durch den Einfluß Napoleons Mitglied des Rats der Fünfhundert und unterstützte Napoleon bei seinem Staatsstreide fräftig, indem er den Grenadieren Napoleons vorlog, im Rat der Fünfhundert seien Dolche gegen Napoleon gezückt worden, worauf die Soldaten den gesezgebenden Körper auseinander sprengten.
Napoleon ward nun allmächtiger erster Konsul und Lucian Minister des Junern. Lucian behielt aber seine Stellung nicht lange, da er seinem Bruder hochfahrend entgegentrat, was dieser nicht vertrug. Man schickte nun Lucian als Gesandten nach Spanien und Portugal . Der feurige und einflußreiche junge Mann spielte bald als Diplomat eine bedeutende Rolle, ließ aber auch seiner Leidenschaft für das weibliche Geschlecht keine Zügel mehr anlegen*). Er schloß 1801 den Frieden Frankreichs mit Portugal und Spanien , was ihm fünf Millionen eingebracht haben soll.
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Seine Frau Christine Boyer , die ihm zwei Töchter geboren hatte, war in Paris geblieben. Sie fränkelte schon lange und der Gram über die zahllosen Liebesaffairen des von ihr geliebten Lucian mag ihr Ende beschleunigt haben. Er ließ ihr nach ihrem Tode ein prächtiges Grabmal errichten, eine schlechte Sühne für das Herzeleid, das sie hatte erdulden müssen.
Lucian wurde Senator und führte von da ab ein lockeres und ausschweifendes Leben. Er hauste auf seinem Gute Duplessis- Chamand bei Paris , wo er sich eine Art Hof einrichtete und wo er mit seiner Schwester Elise zusammenwohnte. Diese Elise Bonaparte hatte einen korsischen Edelmann Namens Bacchiochi geheiratet und wurde später Großherzogin von Toskana , als welche sie mit tollen Launen regierte. Sie stand im Rufe des Ateismus. Die Skandalchronik hat sich viel mit ihrem Aufenthalt in Duplessis- Chamand beschäftigt; doch gehört dies nicht weiter hierher.
Viele Gelage wurden auf dem Landsize Lucians gefeiert und manche mögen zu Orgien ausgeartet sein. Zu einem solchen Gelage brachte einst einer der lustigen Schmausbrüder eine von ihm unterhaltene junge Dame mit. Lucian verliebte sich in sie und der Freund trat sie ihm ab. Sie nannte sich Alexandrine Laurence Jouberteau, geborene Bleschamp, und wurde später
Lucians Gattin.
Aber wer war diese Dame von so zweifelhaften Sitten?
Ihre Jugend kennt man nicht genau; sie wurde zu St. Malo oder zu Calais im Jahre 1781 geboren, war also, als sie mit Lucian zusammentras, 21 Jahre alt. Ihr Vater soll Marinekommissär mit einer sehr zahlreichen Familie gewesen sein. Deshalb brachte man Laurence frühzeitig nach Paris , too sie bei einer Tante die Puzmacherei erlernen sollte. Obwohl sie in fast klösterlicher Zurückgezogenheit leben mußte, hatte sie doch bald eine größere Anzahl von Verehrern, die ihre wohlgebildeten Gesichtszüge und ihren schönen schlanken
Wuchs bewunderten.
Puzmacherin einen überwältigenden Eindruck machen. Allein da täuschte er sich gewaltig. Wo er geglaubt hatte, die Unbesonnenheit, die Leidenschaft und das blinde Vertrauen der Jugend zu finden, da stieß er auf fühle und raffinirte Berech= nung und Ueberlegung. Die junge Puzmacherin wies seine Anträge halb verächtlich ab und gab ihm zu verstehen, daß sie mit ihren Reizen viel höheren Gewinn zu erzielen imstande sei, als er ihr geboten habe.
Indessen verständigte man sich doch. Von Jouberteau wurde ein reicher Roué aufgetrieben, der sich die schöne Waare ansah und einwilligte, für ihren Unterhalt zu sorgen. Fräulein Bleschamp fand sich mit vieler Gelehrigkeit in den Plan. Jouberteau hielt um ihre Hand an und bekam sie auch. Sie wurden getraut, und am Hochzeitstage besaß die junge Frau schon ein prächtiges, behagliches Haus mit luxuriöser Einrichtung, eine Equipage, reichen Schmuck und reiche Garderobe und Dienerschaft. Sie bezog eine Reihe glänzend eingerichteter Zimmer im ersten Stock, wo sie am Abend des Hochzeitstages der brave Mann erwartete, dessen Kapital in diesem Unternehmen angelegt war. Herr Jouberteau aber wohnte im Erdgeschoß und war so galant, sich täglich nach dem Befinden der„ gnädigen Frau" erkundigen zu lassen.
Das famose Ehepaar hatte schon mehreremale den„ gnädigen Herrn" gewechselt und dabei keine schlechten Geschäfte gemacht. Bulezt zog ein Schmausbruder Lucians in den ersten Stock ein, den dann Madame an den von ihr entzückten Lucian abtrat. Herr Jouberteau war Lucian lästig, und man gab ihm eine bedeutende Summe Geldes, um in Amerika damit Geschäfte zu machen. Der„ Mann seiner Frau" ging in der Tat nach Amerika und war so gefällig, dort bald am gelben Fieber zu sterben; doch lebte er noch, als Lucian mit Madame Jouberteau getraut wurde. Die leztere verließ nunmehr auch das Haus, in dem sie bisher die Rolle der„ gnädigen Frau" gespielt hatte, und bezog ein Palais auf dem Plaze des gesezgebenden Körpers, das Lucian durch einen geheimen Gang mit seiner nebenan gelegenen Wohnung verbinden ließ. Sie sah inzwischen ihrer Entbindung entgegen und Lucian versprach ihr, sie zu heiraten, wenn das Kind ein Knabe sein würde. Es war ein Knabe, der Prinz Lucian Bonaparte, der 1849 Präsident der römischen Konstituante war und 1857 zu Paris gestorben ist.
Napoleon , dem dies alles durch seine Schwester Elise, die Lucian verlassen hatte, mitgeteilt wurde, geriet in furchtbare Wut. Er träumte damals schon von der Kaiserkrone und von der Verbindung seiner Familie mit fürstlichen Häusern durch Heirat. Und jezt schlich sich diese übelberüchtigte Frau eines Wechselagenten in seine Familie ein! Er ließ Lucian kommen, sprach in den stärksten und beschimpfendsten Ausdrücken von seiner Geliebten und verbot ihm geradezu die Heirat. Dadurch goß er aber Del ins Feuer, denn Lucian, in seinem Stolze
empfindlich gekränkt, beschloß nun, Madame Jouberteau unter allen Umständen zu heiraten, in welchem Vorsaze sie ihn natür
lich bestärkte. Die Trauung wurde gleich auf den folgenden Tag festgesezt.
Um die von ihrem Familienhaupt gegebenen Geseze befümmerten sich die Napoleoniden nicht allzuviel. Lucian befahl
Die Sitten waren unter dem Konsulat Napoleons in Paris so leichtfertig als jemals; die Ausartungen der„ guten" Gesellschaft unter der Direktorialregierung, da man sich einer griechisch sein sollenden Nacktheit inbezug auf weibliche Toiletten befliß, waren noch in voller Nachwirkung. Und so kam es, daß einer seine dem Maire des zweiten Departements daher einfach, nach seiner Reizen glaubte ein Geschäft machen zu können. Es war ein Wohnung zu kommen und die Zivilstandsregister zu einer Wechselagent Namens Jouberteau, der, ein professioneller Spieler, Trauung mitzubringen. Wahrscheinlich hatte Napoleon durch nebenbei auch mit jungen Mädchen Handel trieb. Dieser Mensch seinen überall spionirenden Polizeiminiſter Fouché von dem von zweifelhafter Existenz faßte alsbald den Plan, die junge Vorhaben Lucians Kunde erhalten. Der Maire, dem Lucian Bleschamp zunächst für sich zu erschnappen und sie dann gegen völliges Schweigen anempfohlen hatte, erhielt also an dem für gute Zahlung an andere abzulassen. Solche Geschäfte waren damals in Paris sehr im Schwunge.
Jouberteau wußte das junge Mädchen auf einen Ball zu
die Trauung angesezten Tage von Napoleon selbst den Befehl, nach Schluß der Bureaustunden nach Hause zu gehen, die Zivilstandsregister auf seinem Bureau zu lassen, streng auf alle
bringen und auf dem Heimwege brachte er seine Liebeserklärung Förmlichkeiten zu achten und Abends seine Wohnung nicht zu bor . Er hatte geglaubt, diese werde bei der jungen und armen
Enige Historiker behaupten, der bekannte portugiesische Tronprätendent Dom Miguel sei ein Sohn Lucians und der Königin Charlotte gewesen.